Kampf um Wasser

Nationale Wasserstrategie: Konzerne sollen für Wasser zahlen

Am Mittwoch will das Bundeskabinett über eine Strategie beraten, die Deutschland auf erwartbare Dürren vorbereiten soll. Auf Konzerne und Landwirtschaft könnten dabei die größten Veränderungen zukommen. CORRECTIV liegt der Entwurf vorab vor.

von Gesa Steeger , Annika Joeres

kurzmeldung

Konzerne, die jährlich viele Milliarden Liter Wasser nutzen und nichts dafür zahlen: Damit könnte es bald vorbei sein. Bis 2025 will die Bundesregierung prüfen, ob die Nutzung von Wasser in allen Bundesländern kostenpflichtig werden soll. Die Gebühren könnten unter anderem dafür genutzt werden, um einen bewussteren Umgang mit der Ressource Wasser” anzustoßen, wie es in dem Dokument heißt. Am Mittwoch will sich das Bundeskabinett mit der Strategie beschäftigen.

Jan-Niclas Gesenhues, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, begrüßt die Strategie. Sie mache klar, dass es ein zeitgemäßes Wasserrecht brauche. Die Einführung von einheitlichen Gebühren für die Nutzung von Wasser sei ein wichtiger Schritt dahin. Die Entgelte müssen die ökologischen Kosten widerspiegeln.“ 

Wann genau die vereinheitlichten Entgelte kommen sollen, bleibt allerdings offen. Denn ein konkreter Zeitpunkt findet sich in dem Dokument, das CORRECTIV vorab vorliegt, nicht.

Nationale Wasserstrategie soll Kosten vereinheitlichen

In einer weiteren Maßnahme will die Bundesregierung prüfen, ob künftig auch die Entnahme von kleineren Wassermengen bundesweit vereinheitlicht und kostenpflichtig werden soll. So liegt die sogenannte Bagatellgrenze in Brandenburg bei 3000 Kubikmeter pro Jahr, in Bremen dagegen bei jährlich eine Millionen Kubikmeter. Von der Neuregelung betroffen wären vor allem Landwirte und landwirtschaftliche Betriebe, aber auch private Brunnen. 

Auch dieser Schritt sei begrüßenswert, so Gesenhues. Neben einer Vereinheitlichung sei auch eine Absenkung der Bagatellgrenzen denkbar. Wir müssen uns an den Bundesländern orientieren, die heute schon sparsam mit ihrem Wasser umgehen.“

Bisher kommt es auf das Bundesland an, ob ein Konzern Geld für seinen Wasserverbrauch zahlen muss oder nicht. CORRECTIV hatte darüber berichtet, dass industrielle Nutzer in einzelnen Bundesländern entweder sehr wenig oder gar nicht für ihr entnommenes Wasser zahlen. 

Wasserverbrauch in der Landwirtschaft ist unklar

Unklar ist, wie viel Wasser in der Landwirtschaft tatsächlich genutzt wird. In der Nationalen Wasserstrategie wird der Verbrauch mit rund zwei Prozent angegeben. Recherchen von CORRECTIV haben offengelegt, dass der Wasserverbrauch der deutschen Landwirtschaft vermutlich weit höher liegt. Denn die Zwei-Prozent-Zahl basiert auf Selbstauskünften der landwirtschaftlichen Unternehmen. Verlässliche, unabhängig erhobene Zahlen gibt es kaum. Dies soll sich nach der Strategie ändern: Ein landesweites Monitoring soll künftig die Nutzung von Grundwasser in „Echtzeit” aufzeichnen. 

Wie dramatisch sich das Angebot an Wasser tatsächlich schon reduzierte, hat CORRECTIV zuletzt mit einer Auswertung von 6.700 Grundwasser-Messstellen sichtbar gemacht. Die Analyse liefert erstmalig den Befund: An knapp der Hälfte aller ausgewerteten Orte ist das Grundwasser in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 auf den tiefsten Stand seit 1990 gefallen.

Das ist die Ausgangslage für die Nationale Wasserstrategie von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Die Strategie umfasst rund 80 Maßnahmen, die in enger Abstimmung von Bund und Ländern umgesetzt werden sollen. Sie zielen unter anderem darauf ab, die Trinkwasserversorgung zu sichern und die Wasserqualität zu verbessern. Sollte die Strategie am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden, dann wäre dies allerdings nur ein Anfang. Komplett umgesetzt werden die Neuerungen bis zum Jahr 2050.