In eigener Sache

Herzlich willkommen, Bassel!

CORRECTIV hat einen syrischen Praktikanten gesucht. Auch, um zu überprüfen: Werden Flüchtlinge jetzt schneller in den Arbeitsmarkt integriert? Wir haben einen netten Kollegen gefunden – leider ohne die Hilfe der Budesagentur für Arbeit

von Benjamin Knödler

Basel Al Hamdo (links) und CORRECT!V-Redakteur Frederik Richter

Basel Al Hamdo (links) und CORRECT!V-Redakteur Frederik Richter© Jonathan Sachse

Vor einem halben Jahr floh der syrische Journalist Bassel Alhamdo nach Deutschland. Ab heute macht er ein Praktikum in der Berliner CORRECTIV-Redaktion und unterstützt uns bei unseren Recherchen im Nahen Osten.

Das ist die gute Nachricht.

Die schlechte: Wir haben versucht, einen syrischen Praktikanten über die Bundesagentur für Arbeit zu finden. Und sind gescheitert.

Im August hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles versprochen, Flüchtlinge künftig schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Sie sollen, unter anderem, leichteren Zugang zu Praktika erhalten. Diese Ankündigung wollen wir überprüfen

Das sind unsere Schritte:

Anfang September werden wir vorstellig bei der Arbeitsagentur in Berlin Mitte, beim dortigen Arbeitgeber-Service. Und stehen vor verschlossenen Türen. Am Ende müssen wir uns mit der telefonischen Hotline des Arbeitgeber-Service begnügen.

Mitte September: Seit zwei Wochen hängen wir am Telefon und suchen einen Ansprechpartner in den organisatorischen Weiten der Arbeitsagentur. Das Problem: Der Praktikant soll uns in der Berlin Redaktion unterstüzen. Der Firmensitz von CORRECTIV ist aber in Essen. Ständig werden wir zwischen Essen und Berlin hin- und herverwiesen.

Ende September: Endlich kommen wir weiter. Wir haben endlich einen konkreten Ansprechpartner in Essen. Wir bekommen allerdings auch gleich mitgeteilt, dass die Behörde noch keine Übersicht über die arbeitssuchenden Asylbewerber und Geduldeten hat. Trotzdem sollen wir für eine Anzeige auf der Webseite der Arbeitsagentur Informationen zum Praktikum schicken. Unsere Annonce werde in Essen geprüft und dann wieder nach Berlin weitergeleitet. Und vielleicht auch an Sozialarbeiter gegeben, die im direkten Kontakt mit Geflüchteten stehen. Zwei Tage später ruft eine Mitarbeiterin der Arbeitsagentur Essen zurück. Man wisse selber noch nicht genau, wie die Vermittlung von Flüchtlingen funktionieren solle. Und wir könnten doch auch einfach bei der Agentur in Berlin vorbeigehen.

Mitte Oktober: Auf unsere Anzeige bei der Arbeitsagentur hat sich niemand gemeldet. Wir fragen wieder einmal nach und erfahren, dass wir wohl doch keine Hilfe erwarten können. Die Arbeitsagentur vermittele aktiv nur Jobs, die sozialversicherungspflichtig seien. Bei Asylbewerbern und Geduldeten scheint es da keine Ausnahme zu geben.

Wir geben auf.

Das Versprechen der Arbeitsministerin bezieht sich offensichtlich nur auf die Lockerung einiger Vorschriften. Die Arbeitsagentur hingegen scheint in den Vorsatz, Flüchtlinge schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren, noch nicht richtig einbezogen zu sein. An den Mitarbeitern liegt das allerdings nicht. Die meisten wollen helfen, können es aber nicht. Zu vieles ist derzeit noch ungeklärt, Kompetenzen, Zuständigkeiten, Vorschriften.

In Berlin gibt es in der Arbeitsagentur ein Modellprojekt zur Integration von Flüchtlingen. Wir haben es jedoch nie geschafft, zu deren Mitarbeitern vorzudringen.

Die Resonanz auf unsere Suche war trotzdem überwältigend – von Seiten unserer Leser. Dutzende haben sich bei uns gemeldet und uns Syrerinnen und Syrer empfohlen. Dazu viele Organisationen, die bei der Vermittlung helfen wollten. Und vor allem Syrer selbst, die arbeiten und sich integrieren wollen.

Am Ende stießen wir durch einen Zufall auf Bassel: bei einer Investigativ-Konferenz in Norwegen. Er ist ein erfahrener Kollege. Wir freuen uns, dass er uns mindestens einen Monat lang unterstüzt.