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Warum Mieten steigen

In vielen Großstädten explodieren die Mieten. Was macht die Politik? Und warum werden nicht mehr Wohnungen gebaut? Diesen Fragen ist unsere Autorin am Beispiel des Regensburger Wohnungsmarktes nachgegangen. Sie war mit Unterstützung der Rudolf Augstein Stiftung Datenfellow bei CORRECTIV.

von Katharina Brunner

© Ivo Mayr

In vielen Teilen Deutschlands müssen Menschen seit einigen Jahren immer mehr dafür zahlen, zur Miete zu wohnen oder ein Eigenheim zu kaufen. Es sind längst nicht mehr nur die Großstädte wie München, Hamburg oder Berlin, in denen die Preise anziehen. Auch in den sogenannten B- und C-Städten vollzieht sich die Veredelung ganzer Wohngebiete. In Folge dieser Gentrifizierung werden Einwohner aus ihren Stadtvierteln verdrängt, weil die Mieten steigen und sie in weniger attraktive Gegenden umziehen müssen.

So auch in Regensburg, mit 157.000 Einwohner eine der kleineren deutschen Großstädte. Die Stadt ist attraktiv: Industrieunternehmen wie BMW, Continental oder Krones bieten Arbeitsplätze, drei Hochschulen ziehen Studierende an, um sieben Prozent ist die Bevölkerung in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Und auch der Freizeitwert ist hoch: Die Altstadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe, es gibt eine rege Kulturszene.

Aber auch in Sachen Mietpreise liegt Regensburg vorn. Eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie von RegioKontext nennt Regensburg als eine von fünf Städten, in denen – kaum wurde im Sommer 2015 die Einführung einer Mietpreisbremse angekündigt – die „Dynamik der Angebotsmieten“ zunahm. Mit anderen Worten: Ehe die die gesetzliche Miet-Obergrenze kam, haben viele Vermieter die Preise für ihre Wohnungen noch einmal saftig erhöht. Seit Ende 2013 um mehr als neun Prozent.

Um den Regensburger Mietmarkt zu durchleuchten, habe ich vier Leitfragen formuliert:

  • Seit wann steigen die Preise?
  • Was treibt die Preise an?
  • Warum werden nicht mehr Wohnungen gebaut?
  • Was macht die Politik, um Wohnraum bezahlbar zu machen?

Ich wollte datengestützt recherchieren, also jene Daten auswerten, die von Behörden oder Unternehmen gesammelt werden. In diesem Artikel hier möchte ich den Weg meiner Recherche nacherzählen – was ich herausgefunden habe, wo ich in Sackgassen gelandet bin. Aber der Reihe nach:

1. Schritt: Vorbereitung

Zunächst habe ich mich eingelesen: Wo in Regensburg sind in den vergangenen Jahren neue Wohnquartiere entstanden? Welche Bauträger kamen dort zum Zug? Wie werden Grundstücke vergeben? Welche großen Bauprojekte werden umgesetzt und wo gäbe es weitere freie Flächen?

Bald stellte ich fest: Wohnungspolitik ist in der Stadt ein drängendes Thema. Im Koalitionsvertrag des Bündnisses aus SPD, Grünen, FDP und den Piraten nimmt es einen großen Teil ein. Großprojekte wie das Marina Quartier am Donaumarkt oder das Candis-Viertel auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik werden in der Öffentlichkeit diskutiert: Sind solche Neubauten von lokalen und überregionalen Bauträgern tatsächlich der richtige Weg, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen? Denn viele der Wohnungen werden direkt als Eigentumswohnungen verkauft und Kritiker befürchten, dass sie so dem Mietwohnungsmarkt sofort entzogen werden. Oder: Ist es klug, Grundstücke an diejenigen zu verkaufen, die das meiste Geld bieten? Oder sollten andere Aspekte bei der Vergabe eine Rolle spielen?

Insgesamt versucht sich der Stadtrat an einer an München angelehnten Politik: Bei großen Neubauten mit einer Bruttogeschossfläche von mehr als 4500 Quadratmetern müssen zwingend auch Sozialwohnungen gebaut werden. Erst lag die Quote bei 15, später bei 20 Prozent, im Moment diskutiert die Koalition die 30 Prozent.

Diese Maßnahme ist grundsätzlich sinnvoll. Zugespitzt formuliert: Nur durch politische Zwang werden Bauträger Geringverdiener oder Hartz-IV-Empfänger als Mieter akzeptieren, wenn die Alternative nur der Verkauf an zahlungskräftige Doppelverdiener wäre.

Ein dritter Aspekt macht die Stadt Regensburg auch auf einer Meta-Ebene für den Wohnungsmarkt interessant: An der Uni befindet sich das IREBS, ein Institut zur Immobilienwirtschaft. Es gilt als wirtschaftsnah.

2. Schritt: Datenrecherche

Auf dem Portal des Statistikamtes von Regensburg gibt es eine Reihe relevanter Zeitreihen: Beispielsweise die Entwicklung der Bevölkerung, der Baugenehmigungen, der Fertigstellungen, des Wohnungsbestandes.

Auf Anfrage will das Statistikamt die Zahlen nicht in maschinenlesbarer Form zur Verfügung stellen und verweist auf ihre Webseite und ihre Jahrbücher – die allerdings nur als pdf erhältlich sind. Man muss die Daten mittels „Scraping“ daraus extrahieren – mit zusätzlichem Aufwand.

Eine sehr hilfreiche Seite ist wohnungsmarktbeobachtung.de, deren Zielgruppe nicht Journalisten, sondern Mitarbeiter in kommunalen Verwaltungen sind.

Einige Aspekte in Bezug auf Regensburg

In Regensburg steigen die Bauvorhaben seit 2008 steil an — bleiben aber trotzdem unter dem Niveau einzelner Jahre in den 80er und 90er Jahren.

Anzahl Baugenehmigungen für Wohnungen in Wohngebäuden:

Baugenehmigungen für Wohnungen in Wohngebäuden 1977 — 2014

Bauvorhaben in Regensburg zwischen 1977 und 2014.

Katharina Brunner

Der Wohnungsbestand hat sich in den vergangenen Jahren vergrößert. Dabei ist vor allem der Anteil kleinerer Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen gestiegen, um rund fünf Prozentpunkte. Im gleichen Maße ist der Bestand an Wohnungen mit drei oder vier Zimmern zurückgegangen. Das entspricht dem bundesweiten Trend. In Regensburg waren das in den vergangenen Jahren private, relativ teure Studentenwohnheime.

Entwicklung kleiner Wohnungen:

Anteile der kleinen Wohnungen

Seit 1978 gibt es immer mehr kleinere Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen in Regensburg.

Katharina Brunner

Die Wohnsituation hat sich in den Stadtteilen sehr unterschiedlich entwickelt.

Anstieg der Wohnungen in verschiedenen Regensburger Stadtteilen:

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Im Westenviertel, Kumpfmühl und der Innenstadt stieg die Anzahl der Wohnungen zwischen 2006 und 2015 stark an. In anderen Stadtteilen blieb der Wohnbestand nahezu unverändert.

Katharina Brunner

Und wie ist das Verhältnis von Bevölkerung und Wohnraum? Die Entwicklung geht seit Ende der 70er Jahre immer weiter auseinander. Im Durchschnitt haben Regensburger heute mehr Fläche zur Verfügung als vor 30 Jahren.

Die Bauintensität ist ein Weg, um zu veranschaulichen, ob genügend neue Wohnungen gebaut werden. Neu fertiggestellte Wohnungen werden in Relation zur Bevölkerung gestellt. Im Zeitraum zwischen 1995 und 2013 lag Regensburg unter allen deutschen Städten in zwei Jahren mit mehr als 100 000 Einwohnern an der Spitze. Auf ähnliche Werte kommen Ingolstadt und Potsdam. Es waren die Jahre, in denen besonders viele private Studentenwohnheime eröffnet wurden.

Diese Aspekte liefern wertvolle Hinweise, aber um tatsächlich der Ursache der Preissteigerungen auf die Spur zu kommen, braucht es auch Daten zu Preisen.

3. Schritt: Kauf- und Mietpreise

In allen Landkreisen Deutschlands gibt es Gutachterausschüsse, in denen Experten in Sachen Immobilien sitzen. Einmal pro Jahr veröffentlichen sie Grundstücksmarktberichte. Darin sind Preise und Größe für Häuser und Grundstücke aus notariellen Beglaubigungen zusammengefasst.

Die Berichte werden in Regensburg nur gedruckt veröffentlicht und die digitale Version nicht online gestellt, sondern verkauft. Man habe Angst, dass Dritte die Daten kommerziell nutzen würden. Es kostet einige Telefonate, persönliches Vorsprechen und mehrere Wochen Wartezeit, bis mir die Stadt Regensburg die Berichte digital zur Verfügung stellt. Im Spätsommer 2015 publiziert der Ausschuss den Bericht für 2014, ich bekomme bestimmte Tabellen in digitalisierter Form.

Bei der Auswertung erkenne ich: Die Preise steigen, besonders für Bauland. 2014 kostete ein Quadratmeter Bauland mit 554 Euro fast ein Fünftel mehr als noch ein Jahr zuvor.

Aber was diese Berichte nicht zeigen können, sind die Mietpreise. Zahlen dazu sind schwer zu bekommen. Es gibt mehrere Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, sie auszuwerten und zu verkaufen, wie beispielsweise Bulwiengesa. Eine preisgünstigere Alternative sind Immobilienportale. Immobilienscout24 stellt mir seine Daten zu Mietangeboten in Regensburg zur Verfügung, genauso wie das IREBS seine Datengrundlage, um die Preise zwischen Stadt und Landkreis Regensburg zu vergleichen.

4. Schritt: Recherche bei CORRECTIV

Anfang Oktober verbringe ich zwei Wochen in der CORRECTIV-Redaktion und recherchiere vor allem zum sozialen Wohnungsbau. Wo und wie greift der Staat in den Immobilienmarkt ein? Wer entscheidet über Darlehen und nach welchen Kriterien?

Am letzten Tag fällt mir ein Detail ins Auge: in mehr als 200 Städten hat die Regierung des jeweiligen Bundeslandes eine Mietpreisbindung eingeführt. Das Gesetz soll Städte mit angespannten Wohnungsmärkten entlasten, indem es erlaubt, eine Obergrenze für Mieten einzuführen. Höchstens zehn Prozent darf eine Miete dann über der sogenannten ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, wenn jemand in eine Wohnung zieht. Eine ähnliche Regelung für Mieterhöhungen in laufenden Verträgen gibt es mit der Kappungsgrenze bereits seit längerer Zeit. Sowohl die Kappungsgrenze als auch die Mietpreisbindung fußen auf dem Mietspiegel. Aber in einem Großteil der Kommunen gibt es keine Mietspiegel. Bei einem späteren Interview sagt der Geschäftsführer der Regensburger Stadtbau GmbH: „Die Mietpreisbremse ohne verpflichtenden Mietspiegel ist so, als hätte man beim Mindestlohn nicht festgelegt, ob eine Stunde 55, 60 oder 65 Minuten lang ist.“

Ich stelle fest, dass in drei von vier Kommunen mit Mietpreisbremse ein Mietspiegel fehlt. Dazu vergleiche ich zwei Listen: eine mit Städten mit Mietpreisbremse und eine mit größeren Städten mit Mietspiegeln. Doch sehr viele der Orte mit Mietpreisbremse liegen im Umland größerer Städte wie München oder Stuttgart. Bei ihnen muss ich einzeln nachprüfen, ob die Stadt einen Mietspiegel anbietet.

Mietspiegel gibt es in zwei Varianten: Der einfache Mietspiegel ist mehr oder weniger das Verhandlungsergebnis der Interessenvertreter von Stadt, Vermietern, Bauwirtschaft, Mieterbund. Die zweite Variante soll wissenschaftlichen Ansprüchen genügen und basiert auf Umfragen.

Die Stadt Regensburg lässt ihren Mietspiegel von der Firma EMS erstellen, die ihren Sitz im Umland hat. Die Firma entstand an der Uni Regensburg und wird von einem ehemaligen Statistik-Professor geleitet. EMS ist nicht nur in Regensburg aktiv, das Unternehmen ist einer der großen Player im Mietspiegel-Geschäft. Kunden sind vor allem Klein- und Mittelstädte im Süden Deutschlands. Bundesweit gibt es nur sehr wenige Unternehmen, die für Kommunen extern die Berichte erstellen, die meisten anderen gehören zu den großen Immobilien-Beratungsfirmen, wie F+B aus Hamburg.

Vor allem Klein- und Mittelstädte Süddeutschlands sind Stammkunden bei EMS. Deren Methodik ist nicht öffentlich, jedoch lassen die öffentlich zugänglichen Mietspiegel den Schluss zu, dass sie immer wieder das gleiche Verfahren anwenden. Der Vorteil davon: die Berichte werden günstiger. Der Nachteil: Es besteht die Gefahr, dass eine Berechnungsmethode in Städten angewandt wird, in denen sie nicht passt.

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Ivo Mayr

Zu Mietspiegeln gehören zwei Komponenten. Erstens eine Umfrage und zweitens Berechnungen, die Quadratmeterpreise für verschiedene Wohnsituationen angeben: 10 Euro für zwei Zimmern in mit Balkon in guter Lage oder 8 Euro für fünf Zimmer in schlechter Lage. Das ist ortsübliche Vergleichsmiete, auf die Mietpreisbremse und Kappungsgrenze basieren.

Im Grunde gibt es zwei Begründungen, warum Kommunen keinen Mietspiegel haben: die Kosten und die Rechtsunsicherheit. Mietspiegel sind teuer. Gerade kleine Städte und Gemeinden scheuen das. Der Preis für Mietspiegel kann schnell fünfstellig werden. Und: Mietspiegel sind umstritten. In der Forschung hätten sie keine Chance, trotz des Etiketts „wissenschaftlich“. Ihre Methodik entspricht nur sehr selten gängigen Anforderungen. Zum Beispiel garantieren Forscher in der Regel, dass 90 Prozent aller Werte innerhalb eines bestimmten Bereichs liegen. Tatsächlich, sagt Steffen Sebastian von der Uni Regensburg, kommen viele Mietspiegel auf Werte unter 70 Prozent — in der Wissenschaft wäre das indiskutabel schlecht.

Mittlerweile gibt es auch ein Gerichtsurteil, das die Skepsis gegenüber der Mietspiegel-Methoden noch größer werden lässt: Im Frühjahr letzten Jahres kassierte deshalb ein Berliner Gericht den Mietspiegel der Hauptstadt.

5. Schritt: Interviews mit Bauträgern

Zurück in Regensburg führe ich Gespräche mit zwei unterschiedlichen Bauträgern: Joachim Becker von der Stadtbau GmbH und Peter Trepnau, der gerade mehrere größere Wohnimmobilien bauen lässt. Sie sind sich einig: Teuer machen das Bauen die hohen Grundstückspreise und die Auflagen. Die Insider kommen immer wieder auf eine Abkürzung: ENEV, die Energieeinsparverordnung, deren neueste Verschärfung zum Jahresbeginn 2016 in Kraft trat.

Bemerkenswert war, dass Becker, der im öffentlichen Auftrag Wohnungen (auch) für sozial Schwächere baut und verwaltet, im Grunde nichts von dieser Art des sozialen Wohnungsbau hält: „Das Wohngeld ist viel gerechter.“ Denn in Deutschland gibt es prinzipiell zwei Ansätze, um Wohnraum bezahlbar zu machen. Erstens den klassischen sozialen Wohnungsbau: Der Staat in Form einer Wohnungsbaugesellschaft oder eine private Firma bauen Wohnungen und verpflichten sich, die Mieten für etwa 15 Jahre unter einem bestimmten Betrag zu halten. Der Deal: gedeckelte Mieteinnahmen gegen günstige Darlehen. Ein Anreiz, der bei ohnehin sehr niedrigen Zinsen, keine große Kraft entfalten kann. Wie in ganz Deutschland ist auch in Regensburg die Zahl dieser Wohnungen stark zurückgegangen, die Anzahl der Menschen mit Wohnberechtigungsschein bleibt jedoch konstant.

Anzahl verschiedener Wohnungs-Typen seit 1990:

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An welche Haushalt-Typen die Wohnungen vergeben werden. Entwicklung seit der Wende bis 2013.

Katharina Brunner

Der zweite Weg sind Förderungen wie das Wohngeld. Wer bedürftig ist, bekommt auf Antrag Hilfe ausbezahlt und zwar egal, in welcher Wohnung die Person lebt. In Regensburg bekamen 2013 etwas weniger als 1600 Haushalte einen Zuschuss. Ähnlich wie beim Bafög werden die Sätze nicht automatisch an die Inflation angepasst und es braucht regelmäßige Reformen, die das Wohngeld wieder schubweise anheben. Zum 1. Januar 2016 war dies wieder der Fall.

6. Schritt: Sackgassen

Immer wieder musste ich feststellen, dass ich bei meinen Recherchen nicht weiterkam. Etwa hier:

  • Es ist nicht möglich herauszufinden, wie lange es braucht, bis eine Baugenehmigung erteilt wird. Die Stadt Regensburg erhebt keine Zahlen. Ich wollte die Zahl mit denen ähnlicher Städte vergleichen, wie zum Beispiel Freiburg. 80 Arbeitstage dauert ein Genehmigungsverfahren dort durchschnittlich. Aber: Zahlen für Regensburg gibt es nicht.
  • Geht man einen Schritt von Regensburg weg, tritt das meiner Meinung sehr spannende Thema Wohnraumförderung auf den Plan. Das System des sozialen Wohnungsbaus ist schwer zu durchdringen. Bund, Land, Kommunen fördern und regulieren, zum Teil nach ganz unterschiedlichen Kriterien. Einzelne Städte wie München oder Regensburg erzwingen mit Quoten Sozialwohnungen. Die Bundesländer finanzieren über die Landesbanken günstige Darlehen, in Bayern die BayernLabo. Sie veröffentlicht Jahresberichte, die zumindest einen groben Überblick über die Fördersummen geben. Die Strategie ist jedoch in Bayern eine ganz andere als in Baden-Württemberg. Dort werden vor allem „Häusle-Bauer“ beim Bau des Eigenheims unterstützt, in Bayern gehen die staatlichen Gelder auch in den Mietwohnungsbau. Die genauen Kriterien – wer wird wann unter welchen Bedingungen gefördert – bedürften einer gesonderten, aufwändigen Recherche.
  • Die Datenlage ist schlecht, vor allem für Mieten. Preise von Immobilienportalen zeigen, für welchen Preis eine Wohnung vermietet werden soll, aber nicht, ob sich dafür auch Mieter finden. Angebotspreise nennen Ökonomen das. Die Daten sind eine Annäherung an die Wirklichkeit, bilden sie aber trotzdem nicht eins zu eins ab. Diese Intransparenz kommt nicht allen ungelegen. Studenten der Immobilienwirtschaft in Regensburg wird bei Gastvorträgen aus der Praxis recht deutlich zugetragen, der Wissensvorteil bedeute höhere Renditen.

7. Schritt: Fazit

Am Anfang meiner Recherche habe ich mir vier Leitfragen gestellt. Hier sind die Antworten:

Seit wann steigen die Preise?

Es ist erkennbar, dass die Preise seit etwa 2010 ansteigen. Das zeigen die Zahlen zu Kaufpreisen, legen aber auch Daten von Mietportalen oder Berichten nahe. Da diese Zahlen nur das Angebot darstellen und nicht die tatsächlichen Preise, können sie höchstens als Annäherung an die Wirklichkeit dienen. Ungefähr zur gleichen Zeit planen Bauunternehmer mehr zu bauen, denn sie stellen mehr Anträge für Baugenehmigungen – sie glauben also daran, mit neuen Wohngebäuden Geld verdienen zu können.

Was treibt die Preise an?

Je mehr ich in den vergangenen Monaten in das Thema Mietpreise und Wohnungsmarkt eingestiegen bin, desto schwerer wird es, auf einzelne Ursachen abzustellen, die die steigenden Preise erklären. Es spielen viele Dinge zusammen. Ein paar wenige: Auf höchster ökonomischer Ebene lässt die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank Baukredite und Hypotheken günstig erscheinen. Dazu kommen Einzelereignisse wie im Jahr 2011, als es in Bayern den doppelten Abiturjahrgang gab: der letzte Jahrgang mit neun Jahre Gymnasium und der erste Jahrgang mit nur mehr acht Jahren. In Regensburg gab es plötzlich fast zweimal so viele Erstsemesterstudenten – die alle einen Platz zum Wohnen brauchten. Private Wohnheime hatten sich schon positioniert und bieten seitdem Ein-Zimmer-Apartments für mehr als 400 Euro an. Diese Wohnheime haben zwei, drei Jahre lang die Zahl der neugebauten Wohnungen dominiert.

Warum werden nicht mehr Wohnungen gebaut?

Die letzten Hafengelände, ehemaligen Fabriken und Kasernen sind verkauft, die Wohnimmobilien darauf bereits bezogen oder im Bau. Damit sind die fast alle öffentlichen Grundstücke verkauft, die noch als innenstadtnah bezeichnet werden können. Das ist die eine Seite: Es fehlt an Platz.

Ein anderer Punkt: Bauträger verweisen darauf, dass es zu lange dauere, bis ihre Bauanträge genehmigt werden. Eine spannende Sache, die sich im Vergleich mit ähnlichen Städten aufklären lassen könnte. Doch die Stadt Regensburg erhebt nach eigener Aussage keine Daten zur Dauer von Genehmigungen.

Was macht die Politik, um Wohnraum bezahlbar zu halten?

Die Stadt Regensburg versucht vor allen Dingen, über eine Quote für Sozialwohnungen günstigen Wohnraum zu fördern. Im Moment liegt sie bei 20 Prozent, es gibt Diskussionen, sie auf 30 Prozent anzuheben. Die Wohnungsbaugesellschaft Stadtbau GmbH, eine Tochter der Stadt Regensburg, baut verstärkt. Erstmals hat die Stadt auch ein ehemaliges Kasernengelände nicht mehr nach dem höchsten Preis vergeben, sondern hat auch städtebauliche Konzepte berücksichtigt.

Auf Landesebene hat der Freistaat Bayern die Situation in Regensburg als „angespannt“ klassifiziert. Deshalb gilt dort seit dem Sommer die Mietpreisbremse, die in Regensburg auf Basis eines Mietspiegels wirkt.

In der Wohnungspolitik agieren alle Ebenen des Staates. Steffen Sebastian von der Uni Regensburg sagt: „Auf keinem Markt gibt es so viele Regulierungen wie auf dem Immobilienmarkt.“ Von EU bis zu Kommunen gibt es Bestimmungen zur Energie-Effizienz bis zur Anzahl von Parkplätzen.

Grundsätzlich ist die Rolle des Staates ambivalent und komplex. Die Förderstruktur ist in jedem Bundesland eine andere, nicht einmal die Bauministerkonferenz der Länder bekommt eine Auflistung über die Subventionen zustande. Sie werden in Barwerten gerechnet, ein Erbe aus Zeiten vor der Föderalismusreform, als Wohnungspolitik vorwiegend eine Sache Bundes war. Die aufgeschlüsselten Zahlen könnten aber eigentlich nicht verglichen werden, heißt es beim zuständigen Ministerium in Niedersachsen.

Spätestens seit dem Sommer 2015 ist der Staat zum Handeln gezwungen. Die mehr als eine Million Flüchtlinge, die im Jahr 2015 nach Deutschland kommen, brauchen bezahlbare Unterkünfte. Doch auch hier fehlen Daten.

Ein Beispiel: Die Stadtbau GmbH in Regensburg in den letzten Jahren baut vermehrt kleine Wohnungen. Becker sagt: „Wir wissen nicht, ob Migranten eher in größeren Haushalten wohnen wollen. Wenn ja, dann bauen wir eindeutig am Bedarf vorbei.“

Die Autorin ist mit einem Datenfellowship der [Rudolf Augstein Stiftung] (http://www.rudolf-augstein-stiftung.de/) gefördert worden.