WDR #metoo

Recherche: Sexuelle Belästigung bleibt für WDR-Korrespondent weitgehend folgenlos

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hat sich einige Monate vor Beginn der Me-too-Debatte intensiv mit dem Thema sexuelle Belästigung befassen müssen. Entsprechenden Vorwürfen einer Mitarbeiterin und einer früheren Praktikantin ging unter anderem die WDR-Chefredakteurin Fernsehen, Sonia Mikich, nach. Darüber berichten wir am Donnerstag, 5. April 2018, gemeinsam mit dem Magazin „stern“.

von Marta Orosz , Tania Röttger , Wigbert Löer

© WDR Funkhaus Köln von CEphoto, Uwe Aranas unter Lizenz CC BY-SA 3.0

Die Vorwürfe betreffen einen Korrespondenten, der weiter für den WDR tätig ist. 2012 lud er die Praktikantin auf einer Dienstreise in sein Hotelzimmer, reichte Champagner und zeigte ihr auf seinem Laptop einen Pornofilm. Einer anderen Kollegin machte er in einem längeren Email-Wechsel sexuelle Avancen. Der Korrespondent bezeichnete sich dabei als „Alpha-Tier“ und schrieb, er bekomme immer, was er wolle.

Nach Recherchen von „stern“ und CORRECTIV erhielt der Korrespondent nach der Aufarbeitung des Falles in den ersten Monaten des Jahres 2017 keine Abmahnung. Die Vorwürfe wurden allerdings in seiner Personalakte vermerkt. Der WDR erklärte auf Anfrage, man habe Fälle sexueller Belästigung „mit dem Maximum an rechtlichen und disziplinarischen Möglichkeiten“ verfolgt. In den vergangenen zehn Jahren sind nach Angaben einer Sprecherin sieben Fälle aktenkundig geworden. Nach Informationen von „stern“ und CORRECTIV befindet sich darunter ein weiterer bekannter Journalist des Senders, der regelmäßig in „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ zu sehen ist.

Die ehemalige Praktikantin, die den Fall des Korrespondenten beim WDR gemeldet hatte, zeigte sich „stern“ und CORRECTIV gegenüber enttäuscht. Die Chefredakteurin Sonia Mikich habe ihr abschließend geschrieben, dass der WDR sexuelle Belästigung nicht toleriere. „Aber was“, fragt die Praktikantin, „war die Konsequenz für diesen Typen, der mich immer noch anschaut im Fernsehen? Ein paar Gespräche und ein Eintrag in seiner Personalakte.“