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Türkische Zeitung richtet Hetzline ein

Die türkische Zeitung Sabah ist eine der auflagenstärksten Medien in der Türkei. Ihre Europaausgabe ist in Deutschland sehr populär. Nun fordert sie ihre Leser auf, Gülen-Anhänger zu denunzieren.

von David Schraven

© Online-Ausgabe der Sabah vom 10. September 2016 | Screenshot (bearbeitet)

Die Auseinandersetzung zwischen Anhängern der offiziellen türkischen Regierungslinie von Recep Tayyip Erdogan und Anhämgern der Gülen-Bewegung schwappt immer heftiger nach NRW. Mittlerweile werden Schulen von der Gülen-Bewegung in Deutschland unter Druck gesetzt und die türkische Zeitung Sabah hat eine Hotline in Deutschland eingerichtet, unter der angebliche Anhänger des Predigers Fethullah Gülen in Deutschland angeschwärzt werden können. Es kommt zu Boykottaufrufen und Hasspostings.

Erdogan und seine AKP machen die Gülen-Bewegung für den gescheiterten Putsch verantwortlich. Sie werfen Politikern in Deutschland vor, die Gülen-Bewegung zu verharmlosen und nicht energisch gegen deren Anhänger vorzugehen. Offiziell wird die Auslieferung von Frontleuten der Gülen-Bewegung gefordert.

Hotline gegen Andersdenkende

Die Situation erinnert an dunkle Zeiten. Die Denunzianten-Hotline etwa wird von der elektronischen Europa-Ausgabe der türkischen Zeitung Sabah verbreitet. Diese Zeitung ist eine der auflagenstärksten in der Türkei. Sie steht Erdogan nahe. Ihr Online-Angebot ist in Deutschland extrem populär.

Die Sabah fordert ihre Leser auf, sowohl unter einer Frankfurter Telefon-Nummer als auch über WhatsApp oder per Email Bürger in Deutschland anzuschwärzen, die sie der Gülen-Bewegung zurechnen. Gleichzeitig wird gegen Menschen gehetzt, die sich der Gülen-Bewegung angehörig fühlen. Auf Anrufe und Anschreiben von CORRECTIV hat die Sabah unter der Hotline nicht reagiert.

Was mit Menschen passiert, die angeschwärzt werden, ist offen. Immer wieder kommt es zu Aus- und Einreise-Verboten in der Türkei. Selbst Familienmitglieder von Gülen-Anhänger werden in der Türkei unter Druck gesetzt. Menschen verlieren ihren Job oder gehen ins Gefängnis. Die Einschüchterung wirkt. Mehrere Anhänger der Gülen-Bewegung berichten, dass sie sich nicht mehr trauen, in die Türkei zu reisen.

In NRW tritt die Gülen-Bewegung auch unter dem Namen Hizmet-Bewegung auf. Sie betreibt Bildungseinrichtungen und sieht sich dem Dialog zwischen den Kulturen verpflichtet. Ex-Bundespräsident Christian Wulff sagte bei einem Auftritt auf dem Stiftungstag der Brost-Stiftung in Essen, es sei ein Unding, dass diese Menschen in Deutschland bedrängt würden, ohne das nachvollziehbar belegt sei, dass diese in den Putsch in der Türkei involviert seien. Konflikte dürften nicht von außen nach Deutschland getragen werden.

Schule verliert Schüler

Ein Beispiel wie sich die Hassbotschaften in Deutschland auswirken, bietet das private Dialog-Schulzentrum in Köln-Buchheim, in das ein Gymnasium und eine Realschule integriert sind. Der WDR berichtete von über 30 Kinder, die abgemeldet wurden. Die Einrichtung soll der Gülen-Bewegung nahestehen. Insgesamt hat sie rund 560 Schüler. Nach Berichten aus der türkischen Gemeinde würden Eltern, die ihre Kinder an der Schule haben, telefonisch unter Druck gesetzt. Der Tenor: wie könnten sie ihre Kinder an ein Terroristenschule lassen. 

Die Gülen-Bewegung betreibt über ihr nahestehende Organisationen über 250 Kultur- und Bildungsvereine sowie Nachhilfeeinrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten. Diese wurden in den vergangenen Wochen immer wieder zum Ziel von Angriffen. Allein in NRW wurde rund ein Dutzend Attacken gezählt, teile die Landesregierung auf eine Anfrage der CDU-Fraktion im Landtag NRW mit.