Alte Apotheke

Drei Apotheken-Kontrollen – kein Effekt

Der Apotheker Peter S. wurde von den Behörden kontrolliert: dreimal zwischen 2011 und 2016. Aber die Kontrolleure merkten nicht, dass er Medikamente panschte. Denn die Infusionen wurden nicht untersucht. Ein internes Dokument belegt, wie wenig Respekt S. gegenüber den städtischen Kontrolleuren hatte. Handschriftlich steht da: „Sie kann dich am Arsch lecken.“

von Marcus Bensmann

Drei offizielle Kontrollen zwischen 2011 und 2016 konnten das Treiben von Peter S. nicht stoppen.© Correctiv.Ruhr

„Begehung“– das klingt so harmlos wie ein Spaziergang. Mit „Begehungen“ bezeichnen die Kommunen die Kontrollen von Apotheken. Für die Kontrollen sind die Amtsapotheker zuständig. So harmlos wie sie klingen, waren die angekündigten Besuche auch. Zumindest in Bottrop. Drei Kontrollen zwischen 2011 und 2016 konnten das Treiben von Peter S. nicht stoppen.

Bei den Begehungen wurden nämlich nicht die Inhaltsstoffe kontrolliert, die Peter S. anmischte, sondern nur die Räumlichkeiten. „Bei den Kontrollen wurden keine Anhaltspunkte gefunden für die jetzt in Rede stehenden Regelverstöße und Verfehlungen“, sagte ein Sprecher der Stadt Bottrop bereits im Frühjahr dieses Jahres gegenüber Panorama.

Die handschriftliche Notiz

CORRECTIV liegt das Fragment eines Begehungsprotokolls vor, das Peter S. im Januar 2016 zugeschickt wurde. Daran sieht man, wie wenig die Kontrollgänge der Behörden in der Alten Apotheke Ernst genommen wurden.  „Sie kann dich am Arsch lecken“, ist dort handschriftlich vermerkt. Wer die Notiz gemacht hat, die nach der Begehung in das amtliche Protokoll gekritzelt wurde, ist unklar. Wer gemeint ist, ebenso. Die Begehung fand durch zwei Amtsapothekerinnen statt.

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Der Auszug des Kontrollberichtes der „Alten Apotheke“ wurde CORRECTIV zugespielt. Zu lesen ist die Notiz: „Sie kann dich am Arsch lecken.“

Correctiv.Ruhr

Die Begehung am 19.01.2016 war nötig, um ein weiteres Zytolabor abzunehmen.  Die Geschäfte von Peter S. liefen damals gut, er expandierte und brauchte ein zweites Labor für die Krebsmedikamente. Neben der Alten Apotheke richtete er deshalb ein weiteres Gebäude mit neuen Räumen für ein Speziallabor ein. An ein solches Labor sind die höchsten Sicherheitsvorschriften gestellt.

Es gab auch Mängel

Nach der Begehung fertigten die Amtsapothekerinnen eine „Niederschrift“ an, den Kontrollbericht. Der Daumen ging nach oben. Die Räume seien für geeignet befunden worden, um dort steril Medikamente herzustellen, sagt der Stadtsprecher. Noch am Tag der Begehung erhielt Peter S. eine Betriebsgenehmigung, in dem die neue Adresse mit dem Labor aufgeführt ist. Am gleichen Tag ging die Produktion los.

Die Kontrolleure fanden zwar Mängel – die sprachen allerdings nicht gegen die Betriebserlaubnis. Der Sprecher der Stadt Bottrop listet sie auf: Das „Umkleideprocedere für die Mitarbeiter“ sollte verbessert werden. Außerdem war die Dokumentation zur Herstellung der Krebsmittel zum Zeitpunkt der Begehung „nicht gewährleistet“. Darüber hinaus sollte eine elektronische Dokumentation und Archivierung erfolgen, und die Eignung des EDV-Systems sollte nachgewiesen werden.

Mängelbeseitigung in einer Woche

Nach Aussagen des Pressesprechers wurden die Mängel Peter. S. am 26.01.2016 übermittelt. Die Behörden forderten den Apotheker auf, diese zu beheben. Peter S. reagierte fix und schrieb nach einer Woche in einer Email, dass die Mängel beseitigt seien. Damit war für die Stadt der Fall abgehakt, sie glaubte der Versicherung von Peters S..Und der Apotheker streckte in dem neuen Labor bis zu seiner Verhaftung für weitere 10 Monate Krebsmedikamente.

Über Jahre hinweg hat Peter S. in der „Alten Apotheke“ verdünnte und teils wirkungslose Krebsmedikamente verkauft. Er streckte nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft zwischen 2011 und 2016 über 60.000 Krebstherapien. Auch um die Hygienevorschriften schien er sich nicht zu kümmern. Er soll nach Aussagen von Mitarbeitern in Strassenkleidung und mit seinem Hund im Labor gearbeitet haben, um die Infusionen zu mixen.

Wir haben die Anwälte von Peters S.  befragt, ob er den handschriftlichen Vermerk auf dem Kontrollbericht Bericht kannte. Bis zum Redaktionsschluss gab es dazu keinen Kommentar.