Alte Apotheke

„Als würde man den Hinterbliebenen ins Gesicht spucken“

Der Kampf der Betroffenen im Fall der Alten Apotheke geht weiter: Am 15. November versammelten sich zum dritten Mal Menschen in der Bottroper Innenstadt, um für die Aufklärung des Skandals und die Opfer der gepanschten Krebsmedikamente zu demonstrieren. Allen voran Heike Benedetti, die mit einer Gruppe die Demos organisiert. Wir dokumentieren hier ihre Rede.

von Cristina Helberg

Heike Benedetti bei der dritten Demo zum Bottroper Apotheker-Skandal.© Correctiv.Ruhr

Liebe Mitstreiter,*

vielen Dank, dass ihr wieder so zahlreich an dieser Demo teilnehmt. Zu dem Prozess kann und will ich nichts sagen, da dieser gerade erst begonnen hat. Fangen wir also an mit dem Punkt „Kontrollen für Zytoapotheken“. Dort muss gewährleistet sein, dass auf Bundesebene Stellen eingerichtet werden, bei denen Rückläufer kontrolliert werden. Mit fachlich kompetentem Personal. Und dieses Kontrollsystem darf nicht daran scheitern, dass Zytoapothekern diese Kontrollen zu teuer sind. Ein anderer Schwerpunkt ist das Verhalten der Ärzte in diesem Skandal. Denn was für ein Unsinn dort auf Vorträgen behauptet wird, ist unglaublich!

Die Aussage dieser Ärzte ist, wenn weniger Wirkstoff in Zytos vorhanden sei, würde es der Chemotherapie nicht schaden. Man könnte einen gewissen Spielraum in Kauf nehmen. Wie unglaublich ist das denn?

Das ist jetzt die Aussage der Ärzte nach dem Skandal. Vor dem Skandal war die Aufklärung der Patienten anders. Denn es wird jeder Patient gemessen und gewogen. Die Tumorart wird bestimmt. Nach diesem Prozedere wird der Wirkstoff berechnet. Damit die Chemotherapie greifen kann. So erklärte man es mir. Mit solchen Aussagen nun würde ich doch sehr behutsam umgehen. Denn Krankenkassen würden auf die Barrikaden gehen, weil sie viel zu viel Wirkstoff für jeden Patienten bezahlt haben. Da kann ich nur sagen, das war ein Eigentor.

Noch schlimmer sind die Behauptungen der Ärzte, dass Studien durch diesen Skandal nicht verfälscht wurden. Da würde ich doch noch einmal zum Rotstift greifen, um diese zu kontrollieren. Denn für die wohlmöglichen  Hinterbliebenen ist es, als wenn man ihnen ins Gesicht spuckt und sagt: Du hast da was! Daher fordere ich, dass ein unabhängiger Onkologe sich dieser Studien annimmt!

Etwas habe ich auch noch an unsere Stadtspitze zu sagen: Meine Herren, ihr habt Fehler gemacht, diese sich einzugestehen, zeugt von Charakterstärke. Da nutzt auch der Satz von Gesundheitsminister Laumann nichts, dass ihr alles richtig gemacht habt. Denn dieser Herr Minister hat sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Ein letzter Punkt ist: Warum hat sich die Bundesregierung bei diesem Skandal so weggeduckt und unsere Stadt so schändlich im Stich gelassen? Bei jedem Unglück oder Katastrophe in Deutschland oder anderen Ländern, steht unsere Regierung mit Rat oder Hilfe sofort den Menschen bei. Es werden Fonds für Betroffene bereitgestellt.

Warum wurde unsere Stadt von dieser Regierung alleine gelassen? Denn die großen Ausmaße dieses Skandals kann eine Stadt nicht alleine bewältigen. Da mussten Fehler passieren.

Es wäre ein Leichtes für die Bundesregierung gewesen, Fonds einzurichten und den eventuell Hinterbliebenen zur Verfügung zu stellen. Denn wie jeder weiß, sind Beerdigungen teuer. Und jeder, der einen geliebten Menschen durch diesen furchtbaren Skandal verloren hat, wollte diesem auch eine würdevolle Bestattung geben. Also liebe Bundesregierung, damit der Spruch wieder Sinn ergibt. „In einem Land, wo wir gut und gerne leben“, unternehmt etwas! Noch ist es nicht zu spät.

Nun noch ein Dankeschön an unseren dm-Markt auf der Hochstraße für die Spende der Grablichter. Toll, dass Menschen hinter uns stehen. Somit können wir uns auf jeden Fall sagen: Wir haben alles richtig gemacht.

Zum Schluss noch, da Weihnachten naht und der Prozess auch begonnen hat, wird im Dezember keine Demo stattfinden. Denn das macht auch wenig Sinn. Im Januar sehen wir uns hoffentlich alle wieder.

Danke euch.

*(Die Rede wurde für die Veröffentlichung leicht bearbeitet)