Faktencheck

Nein, arabische Flüchtlinge sind nicht verantwortlich für eine Häufung von Hepatitis-A-Fällen

Die Website truth24.net behauptet in einem Artikel vom 16. April 2017, arabische Flüchtlinge seien Schuld an einer „Epidemie“ von Hepatitis-A-Fällen in Europa. Die Überschrift lautet: „Schwule arabische Wirtschaftsflüchtlinge infizieren europäische Gayszene.“ Vor allem Berlin sei betroffen. Der Artikel verbreitete sich hundertfach auf Facebook.

von Karolin Schwarz

© Immunizations at Induction Center von Israel Defense Force unter Lizenz CC BY-NC 2.0

Bewertung
falsche Behauptung

Wer hinter dem Onlinemedium truth24.net steckt, ist unbekannt. Nach eigenen Angaben wird truth24.net, eine rein deutschsprachige Seite, von Uruguay aus betrieben. Die anonyme Redaktion schreibt, verantwortlich für die „grassierende Hepatitis A Welle unter Schwulen ist der arabische Zustrom, die unschöne Wahrheit zu sagen schickt sich in der Ärzteschaft jedoch nicht.“ Zudem, so behauptet die Seite, würden Impfungen jetzt nicht mehr nur bei Reisen in Entwicklungsländer empfohlen, sondern auch „für die betroffenen Patientengruppen.“ Truth24.net beruft sich dabei auf einen angeblichen anonymen Arzt.

Zu den Fakten: Tatsächlich ist nach Angaben des Robert Koch Instituts die Zahl der Hepatitis-A-Erkrankten in Berlin gerade ungewöhnlich hoch. Christoph Lang von der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung sagt CORRECTIV auf Anfrage: „Es handelt sich um einen internationalen Ausbruch von Hepatitis A, von dem auch Berlin betroffen ist.“ Die Ursache sei wahrscheinlich der Tourismus: Wegen zahlreicher Events in Europa steige die Zahl der Infizierten. Seit Beginn der Hepatitis-A-Welle Mitte November 2016 wurden in Berlin 89 Fälle gemeldet, unter den Betroffenen war aber nur ein Mann aus dem arabischen Raum. Dass Asylsuchende hinter dem Anstieg stecken, sei unwahrscheinlich, sagt der Experte der Senatsverwaltung. Die meisten Asylbewerber haben bereits im Herkunftsland eine Infektion überstanden. Man könne von einer hohen Grundimmunisierung ausgehen, die lebenslang anhält. Eine Weitergabe des Virus ist dann nicht möglich.

Auch die Behauptung, dass normalerweise nur Reisenden in Entwicklungsländer eine Impfung empfohlen wird, ist falsch. Anderen Risikogruppen wird sie ebenfalls empfohlen. Dazu zählen unter anderem Menschen, die mit Fäkalien in Berührung kommen, sowie Männer, die Sex mit Männern haben. Um aufzuklären, informiere man derzeit unter anderem auf Social-Media-Seiten, in Dating-Apps oder gehe auf Ärzte in Schwerpunktpraxen zu, so Lang. In einem Interview klärte das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) unlängst über die aktuelle Infektionswelle und Impfungen auf.

Hepatitis-A ist im Gegensatz zu den Varianten B und C keine chronische Krankheit. Meistens ist der Krankheitsverlauf mild, nur selten kommt es zu Komplikationen, die aber im Extremfall lebensbedrohlich sein können.

Fazit

Flüchtlinge stecken nicht hinter dem aktuellen Hepatitis-A-Ausbruch. Viele von ihnen kommen zwar aus Ländern, in denen die Krankheit häufiger vorkommt. Doch ehemals Erkrankte sind meistens immun und können das Virus nicht weiter geben. Einen Strategiewechsel in Sachen Impfkampagnen hat es auch nicht gegeben. Diese Behauptungen sind aus der Luft gegriffen.