Hintergrund

Repetition eines falschen Gefühls

Oops, she did it again. AfD-Frontfrau Alice Weidel bemüht in der Fünfer-Wahlrunde längst entkräftete Behauptungen. Auch eine Wiederholung macht Falsches nicht wahr – ein Blick auf die Fakten rund um die Stickoxide am Arbeitsplatz, Flüchtlinge und Nazis in der Partei.

von Lisa-Marie Eckardt

© John Macdougall / AFP

Wie die AfD reagiert, wenn sie mit den Unwahrheiten in ihren Wahlkampfaussagen konfrontiert wird, hat Spitzenkandidatin Alice Weidel am Montagabend im TV-Fünfkampf in der ARD gezeigt. Mehrfach wiederholte Weidel Behauptungen, die zuvor bereits in Faktenchecks widerlegt wurden. Auch als die Moderatoren sie damit konfrontierten, beharrte sie weiter auf ihren gefühlten Wahrheiten. Hier sind ihre auffälligsten Lügen:

Die AfD und die Nazis – alles Einzelfälle?

Als Sahra Wagenknecht (Linke) Weidel fragte, wie sie sich damit fühle, dass sie mit ihrer Partei Halbnazis in den Bundestag bringen könnte, antwortete diese zunächst ausweichend. Der Akademiker-Anteil sei in der AfD besonders hoch. Dann behauptete Weidel, gegen „Einzelfälle“ werde in der AfD konsequent vorgegangen. Zwar hatte die AfD in den vergangen Monaten immer wieder angekündigt, einzelne rechtsextreme Mitglieder auszuschließen. Doch nach Recherchen des „ARD-Faktenfinders“ sind sämtliche Betroffene weiterhin Mitglied der AfD. Prominentestes Beispiel Björn Höcke. Der AfD-Fraktionschef in Thüringen sorgte mehrmals bundesweit für Schlagzeilen, durch völkisch-biologischen Rassismus und Äußerungen zum Umgang mit den deutschen Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus. Dennoch fungiert er nach wie vor als rechtes Aushängeschild der Partei – gedeckt auch von AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland.

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Grenzwerte für Stickoxide am Arbeitsplatz

Mehrfach hat die AfD bereits behauptet, in Büros gälten viel höhere Grenzwerte für Stickstoffdioxid als auf der Straße. Der Grenzwert für Stickstoffdioxid liegt im Außenbereich bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. Ein viel höherer Grenzwert von 950 Mirkogramm pro Kubikmeter gilt für bestimmte Arbeitsplätze – allerdings lediglich in der Industrie.

Die AfD nutzt diese Zahlen auf fragwürdige Weise. Denn in der Diskussion ging es um Dieselautos und Fahrverbote. Im TV-Fünfkampf sagte Weidel nun, die gesamte Debatte um Grenzwerte um Stickoxide sei „politisch motiviert. Sie bilden eigentlich überhaupt gar keine Realitäten ab. So kann bisher niemand erklären, warum die Grenzwerte für Stickoxide aus Verbrennungsmotoren draußen viel niedriger sind als beispielsweise in Büroinnenräumen.“ Auch als Moderatorin Sonia Mikich (WDR) eingrätscht: „Sie wissen, dass das falsch ist“, bleibt Weidel unbeeindruckt bei ihrer Aussage.  

Ausreisepflichtige

Auch bei ihrem Schwerpunktthema Flüchtlinge wird Weidel nicht müde, falsche Zahlen zu wiederholen. So hatte sie bereits im „ZDF-Morgenmagazin“ behauptet, von 2015 bis heute seien 630.000 Menschen ausreisepflichtig. Diese Zahl ist viel zu hoch, konnte der Faktencheck des WDR „Wahlwatch“ bereits belegen. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) waren zum Stichtag am 30. Juni 2017 226.457 Menschen ausreisepflichtig. Einer Studie zufolge könnte die Zahl der Ausreisepflichtigen bis Ende 2017 steigen – auf etwa 485.000 Personen.

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Spätestens seit die AfD den Vorwurf der „Lügenpresse“ bemüht, ist sie für papageienartige Wiederholungen bekannt. Aber warum wiederholt Weidel Behauptungen, von denen bereits bekannt ist, dass sie offensichtlich falsch sind? Wie fahrlässig die AfD ungeprüft ihre alternativen Fakten verbreitet, zeigte das Bild einer angeblichen G20-Aktivistin, die jedoch der Jungen Union angehörte. Entlarvend dazu die Aussage des AfD-Pressesprechers Christian Lüth: „Wenn die Message stimmt, ist uns eigentlich egal, woher das Ganze kommt oder wie es erstellt wurde. Dann ist es auch nicht so tragisch, dass es Fake ist.“