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Entfernt Google christliche Symbole aus Google Earth?

Weltverschwörung und übersensibler Umgang mit Religion? Wir haben uns die pixeligen Kirchtürme angeschaut und gecheckt, was dran ist am vermeintlichen Skandal.

von Lennart Kutzner

Die meisten Kreuze, die den Dom zu Speyer schmücken sind im 3D-Modell von Google Earth nicht zu erkennen.© Screenshot Google Earth

Werden Kreuze auf deutschen Kirchen in Google Earth entfernt? Die Internetseite „PI-News“ hat sich dieser Frage angenommen und sich dafür den Münster St. Martin in Landshut und den Dom zu Speyer angeschaut: „Und wieder wurde das Kreuz vergessen. Oder etwa wegretuschiert, um die Gefühle der Menschen einer bestimmten Glaubensrichtung nicht zu verletzen?“, schreibt Autor Eugen Prinz. Nach dem Lidl-Fauxpas von dieser Woche nun also auch Google. Was ist dran an der Theorie, der Konzern entferne die Kreuze?

Die erste Suche verläuft ergebnislos. Tatsächlich gibt es weder Kreuze auf den Dächern des Doms von Speyer noch auf dem Münster in Landshut – zumindest nicht in Google Earth. Aber hat das wirklichen einen anti-christlichen Hintergrund? Schauen wir zunächst auf Gebetshäuser anderer Religionsgemeinschaften: Die Şehitlik-Moschee in Berlin ist auf ihrer Kuppel und ihren Türmen mit Halbmonden verziert. In der 3D-Ansicht von Google Earth gibt es dagegen nicht einmal ein richtiges Modell des Gebäudes. Zwar sind die Minarette zu erkennen, der Rest bleibt aber Pixelbrei – auch die Halbmonde sind mehr als unscharf.

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Von den goldenen Halbmonden auf der Kuppel und den Minaretten der Şehitlik-Moschee in Berlin bleibt in Google Earth nicht viel über.

Als Gebetshaus der Juden schauen wir uns eine Berliner Synagoge an. Die Neue Synagoge in Berlin schmückt normalerweise ein goldener Davidstern. In der Earth-Ansicht bleibt davon nicht viel über.

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Im Bild: Die Neue Synagoge zu Berlin.

Sollte es also wirklich einen religiösen Hintergrund für das Entfernen der Symbole geben, so beträfe er alle großen Weltreligionen. Daher stellt sich die Frage, ob die Verpixelung überhaupt religiös motiviert sein kann – immerhin sehen alle Gebäude in einem nahen Zoom in Google Earth etwas matschig aus. Auch das Berliner Reichstagsgebäude bleibt von Unschärfen nicht verschont. Die Flaggen auf den vier Ecktürmen sind nur zu erahnen.

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Die sonst imposanten Flaggen auf den Türmen des Reichstagsgebäudes sind nur zu erahnen.

Verschwinden bei der größten Suchmaschine der Welt also einfach manche Kennzeichen von Gebäuden? Nein, denn Google Earth ist nur ein Teil der Suchwelt. Wer sich beispielsweise der klassischen Maps-Suche bedient, dem zeigt der Dienst neben dem gewünschten Kartenausschnitt auch zahlreiche Fotos, die von Nutzern hochgeladen wurden. Darauf sind beispielsweise die Kreuze auf dem Dom zu Speyer gut zu erkennen. Auch in der Draufsicht von Google Maps lassen sich Details wie Kreuze, Davidstern und Flaggen erahnen – mindestens anhand ihrer Schatten. Von einer mutwilligen Entfernung der Symbole und Details kann also keine Rede sein. Eher von einer geringen Auflösung der verwendeten Satellitenbilder.

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Auf den Nutzerfotos sind Gebäudedetails aufgrund der höheren Auflösung gut zu erkennen. So auch die Kreuze auf dem Dom zu Speyer.

Update vom 11. September:

Auf Anfrage äußerte ein Google-Sprecher, dass es sich um einen Bildverarbeitungsfehler handele: „Wir arbeiten derzeit daran, das Problem zu beheben.“ Das Unternehmen verwies zudem auf ein Video, in dem das Verfahren von Google Earth näher erklärt wird.