Faktencheck

Rottweil: Keine „Luxusunterkünfte“ für Flüchtlinge

Die Stadt Rottweil baut ein Haus für Flüchtlingsfamilien. Die Seite „freiewelt.net” behauptet, dabei handele es sich um luxuriöse Wohnungen. EchtJetzt hat bei der Stadt Rottweil nachgefragt.

von Cristina Helberg

In Rottweil wird gebaut – manche sind verärgert. (Symbolbild)© Capri23auto / pixabay

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In Rottweil baut die Stadt zwölf Wohnungen für Flüchtlingsfamilien. Diese Wohnungen sind jedoch nicht außergewöhnlich luxuriös. Tiefgarage und Fußbodenheizung muss die Stadt wegen verschiedener Vorschriften einplanen.

In Rottweil wird für 2,19 Millionen Euro ein Haus für zwölf Familien gebaut. Das Projekt wird durch das Programm „Wohnraum für Flüchtlinge“ des Landes Baden-Württemberg gefördert. Die Seite „freiewelt.net“ beschreibt die Wohnungen als luxuriös und bemängelt, dass deutsche Bedürftige „nicht in den Genuss dieser Wohnungen kommen“.

Wir haben mit der Stadt Rottweil gesprochen.

Zusätzliche Wohnprojekte auch für Deutsche

Die Stadt Rottweil bestätigt, dass die Wohnungen in dem Neubau Flüchtlingen mit Bleiberecht und anerkannten Asylbewerbern vorbehalten sind. Grund ist die 25 prozentige Förderung im Rahmen des Programms „Wohnraum für Flüchtlinge“, die vom Land Baden-Württemberg kommt. Bedingung für die Förderung: Die Wohnungen dürfen in den ersten zehn Jahren nur an diesen Personenkreis vermietet werden. Danach fällt diese Beschränkung jedoch weg und jeder kann die Wohnungen mieten.

Die Stadt Rottweil stellt klar, dass schon jetzt ein ausgewogener Wohnungsmarkt garantiert sei: „Parallel erstellt das Unternehmen derzeit ein weiteres 9-Familien-Wohnhaus, für das sich alle Wohnungssuchenden vormerken lassen konnten.“ Zudem sei der Bau eines weiteren 15 bis 18-Familien-Wohnhauses geplant, das ebenfalls allen Wohnungssuchenden offenstehe.

In dem Wohnhaus für Flüchtlinge mit Wohnungen zwischen 60 und 80 Quadratmetern sollen insbesondere Familien mit Kindern unterkommen. „Eine Vermietung an Einzelpersonen oder Wohngemeinschaften mit mehreren Einzelpersonen schließen wir aus“, schreibt die Stadt Rottweil.  

Kein außergewöhnlicher Standard in den Wohnungen

Die Seite „freiewelt.net“ schreibt, dass der Neubau mit Fußbodenheizung und Tiefgarage ausgestattet wird. Außerdem sei ein eigener Hausmeisterservice beauftragt, damit sich die Mieter nicht selbst um die Pflege kümmern müssten.

Die Stadt Rottweil bestätigt, dass in dem Haus für Flüchtlinge alle Wohnungen mit Fußbodenheizung ausgestattet werden. Aber: „Die Kosten sind dadurch nicht gestiegen.“ Sie seien sogar am niedrigsten, da herkömmliche Heizkörper-Heizungen nur mit hohen Kosten den KfW-Standard einhalten würden. Denn das Wohnhaus wird laut Stadt nach dem Effizienzhaus-Standard der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gebaut. Damit sei ein zinsgünstiges Darlehen und ein Tilgungszuschuss verbunden. Dafür müssten verschiedene Kriterien erfüllt und nachgewiesen werden. Teil dieser Nachweise sei auch ein Heizungskonzept, das mit einer niedrigen Vorlauftemperatur auskomme. „Eine Beheizung mit normalen Heizkörpern reicht zumindest hier in unserem Bereich (rund 650 Meereshöhe) dann nicht aus“, schreibt die Stadt.  

Auch den Bau einer Tiefgarage bestätigt die Stadt, betont jedoch, dass Vorschriften sie dazu zwingen. „Hier gab es keinen Entscheidungsspielraum, da uns das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht die Zahl der notwendigen Stellplätze vorschreibt. Außerdem muss der Wohnraum dauerhaft marktfähig sein. Insbesondere auch nach Ablauf der zehnjährigen Belegungsbindung.“

Kein besonderer Hausmeisterservice

Die Seite „freiewelt.net“ behauptet in ihrem Artikel über den Wohnungsbau, dass die Stadt „extra“ einen Hausmeisterservice beauftragt habe, damit sich die Mieter nicht selbst um die Pflege kümmern müssten. Dem widerspricht die Stadt Rottweil: „Das trifft nicht zu und wurde von uns auch nie so bezeichnet.“ So wie für alle anderen Wohngebäude der Stadtbau Rottweil werde es auch für dieses Gebäude einen Hausmeister geben, der sich ausschließlich um das Gebäude kümmere. „Ein darüber hinausgehender Service für die Mieter ist nicht vorgesehen“, stellt die Stadt klar.

Der Mietpreis der neuen Wohnungen für Flüchtlinge beträgt pro Quadratmeter 5,57 Euro. Die Seite „freiewelt.net“ behauptet, auf dem freien Markt koste eine Wohnung dagegen im Mittel 9 Euro pro Quadratmeter. Dieser Darstellung widerspricht die Stadt und verweist auf die „Mietwert Tabelle für Rottweil und Umgebung 2017 bis 2019“. Demnach würde die Miete für eine vergleichbare Wohnung auf dem freien Markt 7,10 Euro betragen. Zu den vergünstigten Mietpreisen der neuen Wohnungen ist die Stadt durch die Förderung des Wohnungsbaus verpflichtet. „Im Rahmen der bei der Förderung auferlegten Mietpreisbindung sind wir verpflichtet, in den ersten zehn Jahren nach dem Erstbezug einen reduzierten Mietpreis zu verlangen. Dieser darf die sogenannten ‘Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Absatz 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende’ nicht übersteigen“, so die Stadt.