Faktencheck

Video eines Trainings der NGO „Ärzte der Welt“ in Gaza wird aus dem Kontext gerissen

Auf Facebook kursiert ein Video, dass geschminkte, vermeintliche Kriegsopfer zeigt. Woher stammt das Video? EchtJetzt hat mit den Protagonisten des Videos gesprochen.

von Jacques Pezet

Eine Freiwillige von „Ärzte der Welt" in Calais (Frankreich) im Juli 2015.© DENIS CHARLET / AFP

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Falsch. Das Video wurde aus dem Kontext gerissen.

Im Internet kursiert ein Video, das arabische Menschen mit künstlichem Blut und geschminkten Wunden zeigt. Es wird zum Beispiel in der Facebook-Gruppe „Politisches Chaos in Deutschland“ geteilt. Auf Facebook wird das Video mit diesem Kommentar verbreitet: „Lügen ohne Ende – WACHT ENDLICH AUF..!!! So werden uns angebliche “ Kriegsopfer “ aus Syrien schmackhaft gemacht die Schminke passt und läuft doch toll für die Gutmenschen und Altparteien BRD. So werden wir von den Medien verarscht!! Einige glauben noch was in der Tagesshow läuft.“

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Screenshot aus Facebook

Was steckt hinter dem Video? CORRECTIV hat das Originalvideo und seine Protagonisten gesucht.

Wie in dem Facebook-Video zu erkennen ist, stammen die Bilder aus einer Reportage des palästinensischen Mediums „Gaza Post“.

Übersetzte Versionen des Videos konnten wir auf der Webseite der amerikanischen Organisation MEMRI und in diesem Bericht der türkischen Presseagentur TRT auf Englisch finden.

So haben wir herausgefunden, dass die Bilder die Arbeit der Maskenbildner Mariam Salah und Abd Al-Baset al Loulou im Auftrag der französischen NGO „Ärzte der Welt“ zeigen.

CORRECTIV hat die NGO und die beiden Maskenbildner kontaktiert, um zu erfahren, was sie für „Ärzte der Welt“ gemacht haben. Über Instagram haben wir mit Mariam Salah und Abd Al-Baset al Loulou gesprochen. Die Maskenbildnerin Mariam Salah erklärte uns: „Die französische Ärzte Organisation hat mit uns gesprochen, weil sie Maskenbildner brauchten, sodass ihre Ärzte mit vermeintlichen Patienten trainieren können.“ Mariam Salah erklärte auch, dass sie nur damals für Ärzte der Welt und Abd Al-Baset al Loulou gearbeitet hat. Der Auftrag fand im Februar 2017 in Rafah und Chan Yunis, im südlichen Teil des Gazastreifens, statt.

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Die Instagram Profile von Mariam Salah und Abd Al-Baset al Loulou

Diese Informationen hat uns auch Abd Al-Baset al Loulou bestätigt: „Es war eine Simulation, um Studenten im Notfallbereich auszubilden und unsere Mission war es, alle Arten von Verletzungen zu schminken.“

Per Email antwortete uns auch die Koordinatorin der NGO „Ärzte der Welt“ für Gaza, Hiba El-Sharif Hamarna: „Ärzte der Welt hat in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium ein Projekt zur Notfallvorsorge im Gazastreifen durchgeführt. Am Ende jedes Projektes wird Ärzte der Welt eingesetzt, um eine technische Simulation zu organisieren und so die Auswirkungen des Kapazitätsaufbau-Programms innerhalb des Projekts und die Wirksamkeit des vorbereiteten Plans zu beurteilen. Diese Simulation war die fünfte Erfahrung von Ärzte der Welt, bei der diese praktische Simulation implementiert worden ist. Mit dem Ziel, die Aktivität zu dokumentieren und zu beurteilen, hat Ärzte der Welt ein Medienunternehmen beauftragt, die Freiwilligen zu filmen, aufzunehmen und mit bestimmten Arten von Verletzungen zu schminken. Dieses Team für Spezialeffekt Make-up bestand aus 5 Team-Mitgliedern unter der Leitung von Abd Al-Baset al Loulou. Mariam Salah war eine von ihnen.“

Der Maskenbildner Abd Al-Baset al Loulou hat CORRECTIV eine Kopie des Vertrages mit dem Medienunternehmen „Maimas“ vorgelegt. Im Gespräch mit CORRECTIV haben alle Gesprächspartner erklärt, bereits mitbekommen zu haben, dass Bilder der Reportage im Internet in einem falschen Kontext verbreitet werden.

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Der Vertrag zwischen dem Medienunternehmen Maimas und Abd Al-Baset al Loulou

Fazit: Das Video zeigt, wie palästinensische Maskenbildner Freiwillige mit Kunstblut und falschen Wunden schminken, damit Ärzte der NGO „Ärzte der Welt“ für Notsituationen trainieren können.