Arbeit, Umwelt, Digitales, Familie und Demokratie. Diese Themen sind den Bewerbern um einen Bundestagssitz besonders wichtig. Das ist das Ergebnis einer automatisierten Analyse der Selbstbeschreibungen hunderter Bundestagskandidaten.

Dazu stellen wir die fünf Themen dar, zu denen sich die Kandidaten am häufigsten äußern. Die Bewerber haben wir nach Parteien sortiert. Ganz vorn steht im direkten Vergleich das Thema Arbeit:

Themenfeld Arbeit

Arbeit, da geht es um Löhne, Arbeitsbedingungen, Leiharbeit, Rente oder Hartz IV. Wer was über die Zukunft der Arbeitswelt und über die Rente sagt, und zu welchen Parteien sie gehören, seht Ihr hier. Je dunkler die Namen der Kandidaten hervorgehoben sind, desto mehr steht in ihren Selbstbeschreibungen über dieses Themenfeld.

 

  Hintergrund: Abgeordnetenwatch.de hatte die fast 2.500 Direktkandidaten für den Bundestag nach kurzen Stellungnahmen gefragt. Rund 600 Kandidaten haben geantwortet und ihre Ziele in kurzen Steckbriefen zusammengefasst. Diese Antworten haben wir ausgewertet mit dem Ziel: Welche Themen, welche Schlüsselbegriffe tauchen besonders oft auf. Das Ergebnis ist etwas verzerrt, weil weniger Kandidaten der CDU/CSU ihre Statements abgegeben haben. Um sicherzustellen, dass die Spitzenkandidaten der Parteien vertreten sind, haben wir den Datensatz um Stellungnahmen ergänzt, die Google und dpa-infocom gesammelt haben. 

Das Ergebnis: Wer in den Bundestag will, geht kein Risiko ein: Am häufigsten kommen die Bereiche Arbeit, Umwelt, Digitales und Familie vor. Weit mehr als die umstrittenen Debatten um Einwanderung, um gerechte Steuern oder Bildung. Auch die EU oder die Außenpolitik spielen im Vergleich eine Nebenrolle.

Die ganz große Überraschung (oder auch nicht): Über Arbeit schreiben vor allem Kandidaten der Linke, mit etwas Abstand Bewerber der SPD, zu Umwelt äußern sich vor allem die Grünen und die FDP hat digitale Themen für sich entdeckt.

Themenfeld Natur und Umwelt

Klimaschutz, Landwirtschaft und Energiewende. Den befragten Bundestagsbewerbern ist das Thema fast so wichtig wie Arbeit. Zumindest den Grünen, die besonders viel Energie darauf verwenden. Dabei zeigt eine aktuelle infratest-dimap Umfrage, dass das Thema Umwelt bei den Wählern erst an Platz sieben steht. Wichtiger sind ihnen: Die Zukunft der Bildung, die Terrorismusbekämpfung und Rente. Beschränken sich die Grünen zu sehr auf einen Themenkomplex?


Themenfeld Digitales

Digital kann vieles bedeuten: die FDP setzt auf das Thema mehr als die anderen Parteien. Es geht um den Ausbau der digitalen Infrastruktur, um die Digitalisierung der Schulen und der Arbeitsplätze. Spitzenkandidat Christian Lindner verspricht sogar „digitale Bürgerämter“ (wer würde sich dagegen wehren?). Auch die AfD hat digitale Themen für sich entdeckt, allerdings unter anderen Vorzeichen: „Das Netzwerkdurchdringungsgesetz ist einer staatlichen Zensur gleichzusetzen“, sagt AfD-Mann Andreas Paul.

Themenfeld Familie

Für Familie sind alle. Einige Kandidaten beschäftigen sich aber intensiver mit dem Thema als andere und werden konkreter. Etwa, wie mehr Kitas und bessere Schulen finanziert werden sollen. Hier könnt Ihr sehen, wer was wie intensiv zu dem Thema zu sagen hat.

Themenfeld Demokratie und Europa

Demokratie und EU sind Themen, die vor allem bei parteilosen Kandidaten, AfD, und Kleinparteien wie Piraten und Freien Wählern wichtig sind. Das Themenfeld ist weit: Während sich Alexander Gauland, Spitzenkandidat der AfD, offiziell ganz staatstragend, für die „Bewahrung des Rechtsstaates und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ einsetzen will, geht es Thomas Ney von den Piraten um Bürgerrechte, Meinungsfreiheit, Privatsphäre und einen transparenten Staat. Dabei gibt es erstaunliche Überschneidungen: Sowohl Piraten als auch AfD wollen beispielsweise mehr direkte Demokratie.  


Wie wir die Statements ausgewertet haben

Wir haben die Aussagen der Kandidaten mit einem Verfahren analysiert, das automatisch Wörter gruppiert, die gemeinsam auftreten. Beim Thema Umwelt gehören zu den Wörtern zum Beispiel: ökologisch, Klimaschutz, Landwirtschaft, Umwelt, Mobilität, nachhaltig, Massentierhaltung, Energiewende. Je höher der Anteil dieser Wörter in der Selbstbeschreibung eines Kandidaten, desto höher wird das Thema eingestuft. Daraus haben wir vier Themen herausgefiltert, die besonders oft genannt werden. Das sagt noch nichts darüber aus, welche politische Position der Kandidat oder die Kandidatin hat. Das könnt Ihr in den Statements selbst nachlesen.

Die angewandten Verfahren sind NMF für das Extrahieren der Themen und Tf-idf für die Bestimmung ihrer Häufigkeit.

Alle Kandidaten in einer Übersicht

Als zusätzliches Experiment haben wir versucht, die Ergebnisse unserer Analyse in einer einzigen Grafik darzustellen. Achtung Nerdsprache: Dafür haben wir unsere Ergebnisse mit dem t-SNE-Algorithmus in eine zweidimensionale Wolkendarstellung überführt. In dieser Kandidaten-Wolke sind Kandidaten nah beieinander dargestellt, die die gleichen Themen erwähnen. Da das eine flache Darstellung eines höherdimensionalen abstrakten Zahlenraums ist, sind jedoch einzelne Kandidaten weit voneinander entfernt, obwohl ihre Themen eigentlich ähnlich sind. Dieses Problem lässt sich in dieser Darstellungsweise nicht umgehen.