Fußballdoping

„Die Helden von Bern – alle gedopt?“

1: Einleitung

von Daniel Drepper

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; die Fußnoten finden sich am Ende des Beitrags; hier im Blog findet sich schon ein Interview mit Eggers (auch als Audio)]

1: Einleitung

Er strahlt auch ein halbes Jahrhundert später noch mächtig: Der Mythos um die deutschen Fußball-Weltmeister von 1954, die am 4. Juli 1954 mit 3:2 den hohen Favoriten aus Ungarn besiegten. Wie mächtig, zeigte der Herbst 2003, als das Film-Epos „Das Wunder von Bern“ über vier Millionen Deut- sche in die Kinos zog. Als der 50. Jahrestag näherrückte, erschienen rund 15 Bücher, in denen die Geschichte dieses sportlichen Wunders nacherzählt wurde. Umso mehr Wucht entwickelte jene Schlagzeile, mit der die aufla- genstärkste deutsche Zeitung Bild am 31. März 2004 aufmachte: „Böser Verdacht gegen die WM-Elf von Fritz Walter: Die Helden von Bern alle gedopt?“

Präzisiert wurde der „ungeheuerlichste Vorwurf der Fußball-Geschichte“ auf der Sportseite: Gestützt auf einen Bericht des ARD-Magazins Report Mainz sowie auf ein Kapitel eines damals noch unveröffentlichten Buch des ZDF-Historikers Guido Knopp berichtete das Ham- burger Boulevardblatt über „Spritzen-Injektionen“, die den deutschen Spielern während der WM 1954 gesetzt worden waren. Zitiert wurde der damalige Platzwart des Berner Wankdorf-Stadions, Walter Brönnimann („Ich habe nach dem Finale beim Putzen leere Ampullen unter Wasserablaufgittern gefunden“), und die Zeitung ließ den damals tätigen deutschen Mann- schaftsarzt Dr. Franz Loogen zu Wort kommen:

’Ich habe den Spielern Vitamin C injiziert, das sollte die Ausdauer fördern. Man kann keinen Effekt messen, aber die Spieler glauben dran.’ (…) Die Spritzen-Idee kam von einem Spieler. Helmut Rahn, der Schütze des legendären 3:2, hatte auf einer Südamerika-Reise 1954 gesehen, wie sich Spieler mit Spritzen behandeln ließen. Loogen: ‚Das wurde in der Mannschaft heiß diskutiert.’ Der Arzt erzählte den Spielern, dass Ratten nach Vitamin-Spritzen bis zu drei Stunden länger schwimmen können. Der DFB entschied sich für die Injektionen.

Weiterhin klärte Bild seine über zehn Millionen Leser darüber auf, weshalb in den Monaten nach dem WM-Sieg eine Reihe von Spielern an der Gelbsucht erkrankt waren, und stellte die frühen Todesfälle zweier Spieler in den Zusammenhang mit den Spritzen:

Der Abkocher des Arztes, den er aus einer alten Sowjet-Praxis hatte, erreichte nicht die nötige Temperatur, um die Erreger abzutöten. Mysteriös in der Gelbsucht-Affäre bleibt auch der Tod von Werner Liebrich und Richard Herrmann. Beide starben an Leberzirrhose. Herrmann hatte übrigens nie Alkohol getrunken. Bemerkenswert auch, dass Herberger die beiden Söhne Herrmanns in seinem Testament bedachte.

Drei noch lebende Spieler aus dem 1954er Kader bestritten in der gleichen Zeitungsausgabe alle Anschuldigungen. „Wir kannten das Wort Doping überhaupt nicht“, erklärte der damalige Läufer Horst Eckel. Laut Linksaußen Hans Schäfer hatte der Mannschaftsarzt den Spielern lediglich „Aufbaupräparate gegeben, die uns Spieler frisch halten sollten. Es ist nicht gedopt worden.“ Und Mittelstürmer Ottmar Walter, der jüngere Bruder des legendären Kapitäns Fritz Walter, „wusste davon nichts, das kann ich beschwören. Ich habe auch nicht gesehen, dass was verabreicht wurde.“

Per Interview äußerte sich Prof. Dr. Wilhelm Schänzer. Der Leiter des IOC-akkreditierten Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule in Köln wies darauf hin, dass im Leistungssport der 1950er Jahre Amphetamine eingesetzt worden waren, „die Soldaten schon im Zweiten Weltkrieg einnahmen. Das waren Arzneimittel, die relativ leicht zu beschaffen waren.“ Ein Verstoß gegen die seinerzeit gültigen Regeln habe eine Einnahme aber nicht dargestellt:

Man hätte damals alles machen können, weil es noch keine Doping-Liste gab. Die ersten Anti-Doping-Regeln wurden ja erst 1967, nach dem Tod des Briten Tom Simpson bei der Tour de France, erstellt. Trotzdem halte ich das Verhalten des DFB-Arztes aus sportlicher Sicht für unethisch. (…) Glucose-Lösungen fördern die Leistungsfähigkeit des Körpers. In einer Wettkampf-Pause beschleunigen sie die Regeneration. Es lag bei keinem Spieler ein Notfall vor. Somit war das ärztliche Vorgehen nicht gerechtfertigt.

Bild kommentierte: „Die Weltmeister von Bern. Sie werden Helden bleiben. Trotz aller Dopingvorwürfe.“ Das Echo, das diese Veröffentlichung hervorrief, war enorm. Die meisten TV-und Radio-Sender berichteten darüber, die Nachrichtenagenturen sid und dpa schrieben große Geschichten, und am nächsten Tag behandelte nahezu jede deutsche Zeitung die Doping-Affäre. Während die Bild tags zuvor noch neutral berichtet hatte, war der Tenor der Veröffentlichungen nun eindeutig; in fast jeder Publikation wurden die Vorwürfe stark in Zweifel gezogen. „Wir haben nichts bekommen“, schwor Eckel in der Bild – außer einer Traubenzucker-Injektion:

Das war nur einmal. Ich sage immer scherzhaft: Wir haben diese Spritzen beim 3:8 gegen die Ungarn bekommen. Ich schwöre: Vor dem Finale haben wir nichts be- kommen. Es wurde nur einmal Traubenzucker gespritzt, wann, weiß ich nicht mehr. Ansonsten stand beim Frühstück immer Traubenzucker als Saft auf den Tischen. Jeder konnte zugreifen – wir waren nicht verpflichtet etwas, zu nehmen. (…) Diese Leute sind alle Nestbeschmutzer, die nach 50 Jahren alles kaputtmachen wollen. Ich habe mit Ärzten gesprochen, die haben sich totgelacht über diese Dinge. Doping mit Vitamin C? Das gibt es doch nicht. Ich verstehe die Welt nicht mehr, das ist eine Frechheit.

Einen Tag später zitierte die Bild schließlich den ungarischen Keeper Gyula Grosics als Kronzeugen. Ihm zufolge war keiner „gedopt. Deutschland ist der wahre Weltmeister“. Noch deutlicher Stellung bezog Franz Josef Wagner, der Kolumnist der Bild:

Diese Drecksstory ist die Story von Feiglingen, die sich Heldentaten nur chemisch oder per Spritze vorstellen können. Über alle Maßen erregt mich das Anpissen von Helden. Was ist das für eine Lust, die Erfolgsgeschichte Deutschlands runterzumachen, kaputt zu schreiben? Wir sind ein bescheuertes Volk geworden, das nicht mehr an Wunder glaubt und bei der Kürzung der Kilometerpauschale in tiefe Depressionen fällt. Wir sind kein Heldenvolk mehr.

Damit endete die öffentliche Auseinandersetzung, zu der sich nicht ein (Sport-)Historiker zu Wort gemeldet hatte, um die sportwissenschaftlichen Hintergründe in den 1950er Jahren auszuleuchten. So waren, von dem Interview mit Prof. Schänzer abgesehen, die berichtenden Journalisten auf die damals aktiven Spieler als Kronzeugen angewiesen. Die naheliegenden Fragen: Ob in dieser Ära ein Doping-Diskurs in Europa oder in Deutschland stattgefunden hatte; ob die Spieler, wie Eckel behauptet hatte, tatsächlich das Wort Doping noch nie gehört hatten; inwiefern die Sportverbände und Sportärzte sich damals mit Doping auseinandergesetzt hatten; wie die Medien seinerzeit den Gelbsucht-Skandal verhandelten; ob es trotz der Tatsache, dass erst ab Ende der 1960er Jahre eine Doping-Liste aufgestellt wurde, vielleicht nicht doch ein ethischer Code die Einnahme von künstlichen Substanzen verbot; ob all das womöglich nicht nur im Radsport, sondern auch im Fußball eine Rolle gespielt hatte – all diese Fragen wurden nicht gestellt.

Diese Fragen hätten allerdings auch nicht ohne weiteres beantwortet werden können. Sind die Werke, die sich mit der Geschichte des Dopings beschäftigen, doch rar gesät. Die Standardwerke zur Geschichte der Sportmedizin ignorieren das Doping weitgehend. Einzig die DDR-Sportgeschichte gilt in dieser Hinsicht als weitgehend aufgearbeitet. Das sicherlich umfassendste Werk zur deutschen (Kultur-)Geschichte des Dopings hat der US- Amerikaner John Hoberman vorgelegt, freilich mit dem Schwerpunkt auf der Zeit bis 1945, und auch der Sammelband „Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem“ behandelt historische Aspekte des Dopings. Eine knappe Abhandlung insbesondere der historischen Fakten der letzten 20 Jahre bietet Martin Krauss. Eine ausführliche Darstellung darüber, wie sich die Akteure des Sports in den frühen 1950er Jahren diesem Problem stellten, existiert jedoch nicht – vor allem, da die öffentliche Diskussion über dieses Thema nach 1945 verstummte:

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs brachen die Dopingdiskussionen abrupt ab. In den fünfziger Jahren entwickelten sich die Dopingpraktiken weitgehend unter dem Schutz der Presse. Man wusste, dass Sportler mit Medikamenten nachhalfen, um ins Rampenlicht zu gelangen, das Thema wurde jedoch tabuisiert.

Auch in diesem Artikel wird nicht mehr geklärt werden können, welche Mittel während der WM 1954 injiziert wurden. Aber er soll die sportwissenschaftlichen und -historischen Hintergründe dieser Zeit ausleuchten. Zu diesem Zweck wird die einschlägige Presse ausgewertet, so die Fußballwoche und der Kicker, aber auch die Sportrubriken in Nachrichten-Magazinen wie dem Spiegel. Zur Rekonstruktion der damaligen Situation dienen weiterhin die damals wichtigsten sportwissenschaftlichen Periodika wie die Leibes- übungen, die Leibeserziehung, die Sportmedizin sowie die zeitgenössischen Publikationen und wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema. Für den Sachverhalt während der WM 1954 in der Schweiz stehen eine Reihe von Zeitzeugeninterviews zur Verfügung, die im Rahmen einer ZDF-Dokumentation „Das Wunder von Bern“ (2004) gemacht wurden. Voran steht indes eine Einführung über den Doping-Diskurs, der bis 1945 geführt wurde.

2: Der Doping-Diskurs in Deutschland bis 1945

Von leistungssteigernden Substanzen und Drogen ist schon in der antiken Athletik die Rede. Der moderne Begriff des „Doping“ geht „auf die Sprache der südafrikanischen Zulu zurück, für die ‚doop’ ein berauschender Schnaps war. Ende des 19. Jahrhunderts verstand man darunter bereits den ‚Gebrauch von aufpeitschenden Mitteln, die den Sportler über seine normale Leistungs- grenze hinaus antreiben sollen.’“ Wurde zunächst nur im Pferdesport gedopt, griffen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts auch die ersten Berufssportler zu Dopingmitteln. Bei Radprofis beliebt waren Stimulantien wie Koffein, Heroin und Kokain. Der erste Todesfall wegen Dopings datiert aus dem Jahre 1885, als der englische Radprofi Linton bei der Fernfahrt Bordeaux-Paris einer Überdosis Trimethyl oder Koffein erlag. Die Sieger in den olympischen Marathon-Wettbewerben von 1904 und 1908 sollen mit Strychnin nachgeholfen haben. Die erste wissenschaftliche Auseinandersetzung geht auf den Prager Professor Ferdinand Hueppe zurück; sein Text „Sport und Reizmittel“ aus dem Jahre 1913 klassifizierte Mittel wie Alkohol, Strychnin und Arsen als „Doping“ und warnte vor den gesundheitlichen Gefahren.

Eine intensive Diskussion über den Wert und die Gefahren von Dopingmitteln entwickelte sich in den 1920er und 1930er Jahren. Hintergrund war, dass nun nicht mehr nur Radprofis mit Arzneien experimentierten, sondern auch Athleten aus anderen Sportarten. 1924 warf die Schweiz der deutschen Fußball-Nationalmannschaft die Einnahme von Dopingmitteln vor. Und 1932 wurden die Erfolge der japanischen Schwimmer bei den Olympischen Spielen in Los Angeles auf die künstliche Zufuhr reinen Sauerstoffs zurückgeführt. Aufputschmittel (Analeptika), wie das in der Schweiz produzierte Herz-Kreislauf-Stimulanz „Coramin“, wurde bei den deutschen Himalaja-Expeditionen wie bei Olympischen Winterspielen 1928 verabreicht. Nicht alle Präparate erwiesen sich indes als leistungssteigernd. So wiesen deutsche Wissenschaftler 1921/22 nach, dass die Einnahme von Koffein die Leistung der 100-m-Sprinter nicht erhöhte. Die Debatte über die Einnahme von Pharmaka im Sport wurde öffentlich geführt. 1930 ließ Carl Krümmel in seinem „Handbuch der lebenswichtigen Leibesübungen“ verlauten, dass „die Verbreitung des Dopings überschätzt“ werde. „Ist medikamentöse Beeinflussung im Sport möglich?“, hatte Prof. Otto Riesser, Pharmakologe an der Universität Breslau, bereits 1930 in der akademischen Zeitschrift Leibesübungen gefragt. Riesser war es auch, der 1933, in einer Rede beim Jahrestreffen des Deutschen Schwimmverbandes, die Ärzte und die Sportverbände für die Entwicklung verantwortlich machte:

Die Nachhilfe mit künstlichen Mitteln ist vom sportlichen Standpunkt aus seit jeher als völlig unvereinbar mit sportlicher Gesin- nung betrachtet worden und daher verpönt. Trotzdem wissen wir alle, dass gegen dieses Gesetz ständig gesündigt wird und dass der Wettstreit sportlicher Leistungen vielfach mehr ein solcher der Dopingmittel als einer des Trainings ist. In hohem Maße bedauerlich ist die Tatsache, dass es den sportlichen Überwachungsorganen vielfach an Energie in der Bekämpfung dieser Übelstände zu fehlen scheint, und dass eine Laxheit der Anschauungen sich breitmacht, die verhängnisvoll ist. An diesem Zustande sind die Sportärzte nicht unschuldig, teils durch mangelnde Kennt- nis der Dinge, teils sogar dadurch, dass sie direkt die stark wirksamen Arzneien zu Dopingzwecken verschreiben, die ohne Rezept dem Sportsmann nicht zugänglich wären. Manche Firmen, vielfach recht zweifelhaften Rufs, sind ständig und nicht ohne Erfolg bemüht, Dopingmittel mit fehlender oder gar irreführender Deklaration direkt an den Sportsmann heranzuführen.

Ändern konnte er den Gang der Dinge nicht. Denn Kollegen wie der Schweizer Sportarzt Alexander Hartwich, der als Berater des österreichischen Olympischen Komitees arbeitete, forderten öffentlich die Freigabe etwa des Stimulanz’ „Calcio-Coramin“. Jedem Sportler solle dieses Medi- kament grundsätzlich verschrieben werden, forderte Hartwich, der sich wehrte gegen die Vorstellung, dass es sich dabei um Doping handele. Auch über UV-Strahlentherapien und Sauerstoff-Zufuhren wurde im Sport debattiert. Seit Ende der 1930er Jahre wurde im Sport erstmals auch über die künstliche Einnahme von Hormonen diskutiert, wie der Bericht des däni- schen Leistungsphysiologen Ove Boje im Jahre 1939 belegt:

Vor kurzem war in den Zeitungen zu lesen, dass die bemerkenswerten Leistungen der ‚Wolverhampton Wanderers’ Fußballmannschaft auf eine Behandlung mit Drü- senextrakten zurückzuführen war, die ihr Manager Major Buckley durchgeführt hatte. Die Mannschaft von Portsmouth entschloss sich konsequenterweise, diesem Beispiel zu folgen. Derartige Fälle zeigen, dass man heute nicht zögert, selbst Hormonbehandlungen durchzuführen, um die sportliche Leistung zu verbessern. Ich weiß nicht, welche Hormone die englischen Fußballspieler einsetzten, um ihre Tore zu erzielen, aber dies ist vermutlich auch irrelevant, da wir es wahrscheinlich mit einem rein subjektiven Phänomen zu tun haben.

Erst in den 1930er Jahren entwickelte sich ein stärkeres Problembewusstsein. Als die deutschen Fußball-Nationalspieler Ludwig Goldbrunner und Wilhelm Simetsreiter 1935 als Werbefiguren in einem „Prospekt einer Münchner Fabrik pharmazeutisch-kosmetische Produkte“ anpriesen, verurteilte das die Fußball-Woche scharf. Im Jahr 1937 einigten sich die Teilnehmer des ersten „Sportärztlichen Zentralkurses von Bern-Jungfraujoch“ auf die vermutlich erste weltweite Resolution, die Sanktionen gegen gedopte Sportler vorsah; sie blieb aber infolge mangelnder Kontrollmöglichkeiten wirkungslos. Zu „Rennern“ im Alltag entwickelte sich schon vor dem Zweiten Weltkrieg eine neue Generation von Amphetaminen. „Bencedrine“ kam 1938 auf den deutschen Markt, aber populärer wurde bald das Methamphetamin „Pervitin“, das 1938 von den Marburger Temmler-Werken entwickelt worden und bis 1941 rezeptfrei in Apotheken zu erhalten war. Die „Stuka-Tabletten“ oder „Hermann-Göring-Pillen“, wie sie der Volksmund nannte, wurden nach Kriegsbeginn von Soldaten wie Heinrich Böll, dem späteren Literatur-Nobelpreisträger, in hohen Dosen konsumiert.42 Die neuen Präparate wurden von der deutschen Medizinforschung planmäßig getestet und von der deutschen Kriegswirtschaft eingesetzt. Auch der Leistungssport experimentierte bald mit Pervitin:

Schon 1939 überprüften Lehmann und Mitarbeiter die Wirkung von 15 mg Pervitin per os bei Fahrradergometerarbeit an drei Probanden. Die Leistungsabgrenzung erfolgte durch das maximale Sauerstoffaufnahmevermögen. Es konnte keine Beeinflussung der Atmung, der Sauerstoffaufnahme, der Pulsfrequenz und oder des Blut- drucks festgestellt werden. Bei Dauerbelastungen bis zum Abbruch wurden unter Pervitinmedikation erheblich größere Gesamtleistungen erzielt. (…) Heyrodt und Weißenstein ließen 1940 einen trainierten Probanden sechs Wochen lang täglich bis zur Erschöpfung auf einem motorgetriebenen Laufband rennen. Gegenüber den Placeboversuchen kam es nach 15 mg Methamphetamin i.m. (insgesamt 9mal) zu einer erheblichen Leistungssteigerung, die jedoch mit nachträglichen Allgemeinbeschwerden wie Brennen hinter dem Sternum, Leibweh, plötzlichem Schwindelge- fühl, mangelnder Konzentrationsfähigkeit und Kopfschmerzen verbunden war.

In der neutralen Schweiz war die „Pervitinisierung“ des Sports umstritten. Während der Basler Pharmakologe Staub sich auf „neue Weltbestleistungen Marke Benzedrin oder Pervitin“ freute, warnten kritische Beobachter wie der ETH-Professor Fischer vor der „Pervitin-Seuche“ und „bemerkten, die Amphetamine seien über die Sportlerkreise hinaus zum regelrechten Modeartikel einer Zeit geworden, der in ihrem ungestümen Drang nach Tempo und übermenschlicher Leistung der Sinn für das richtige (physiologische) Maß bereits etwas abhanden gekommen sei.“ Die Berichte über Überdosen im Leistungssport zeugten davon. So berichtete der Basler Psychiater Staehelin 1941 in der Medizinischen Wochenschrift von einem Läufer, der nach der Zielankunft in einen Zustand verfiel, „in welchem er verwirrt war, um sich schlug und Glasscherben essen wollte, so dass er gefesselt ins Spital ge- bracht werden musste“. Ein anderer Radprofi hatte, bevor er sich in einen Bach stürzte und starb, „Zuckungen in Gesicht, am Hals und an den Beinen, klagte über heftiges Beklemmungsgefühl und äusserte sich in rasch sich steigernder Angst dahingehend, er komme vor Gericht und müsse sterben, weil er Dopingmittel eingenommen habe“. Und die Schweizer Sport Revue publizierte 1942 den Fall des „Meisterfahrers Benziger“, der infolge einer hohen Amphetamin-Dosis nicht mehr gewusst habe, was er tat, und am Ende eines Radrennens über die Ziellinie hinaus in eine Menschenmenge schoss. Daneben betrieb auch die Schweizer Forschung eine intensive Forschung über die neuen Präparate.

3: Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

3.1. Der Doping-Skandal bei den Deutschen Rudermeisterschaften im Juni 1952

Parallel zur Entwicklung in der Schweiz ruhte die öffentliche Dopingdebatte nach 1945 auch in Deutschland. Zwar erschienen hin und wieder Meldungen wie die 1949, nach der Doping international „auch im Fußball Trumpf zu werden“ schien. Auch karikierte die Zeitschrift Sportwelt 1947 die verbotene Leistungssteigerung, und manchmal stieß der Leser indirekt auf dieses Tabuthema, so bei der „Dextro-Energen“-Werbung, die eine Stei- gerung der Ausdauer und Leistungsfähigkeit versprach, „ohne dabei Reizmittel“ (ergo Dopingmittel) zu sein. Doch im grunde war weder in großen Sportzeitschriften noch in sportwissenschaftlichen Periodika etwas über Doping zu erfahren. Dennoch häuften sich seit 1950 die Dopingfälle, wie sich der Wiener Sportarzt Dr. Ludwig Prokop erinnert: „Bei den Olympischen Spielen in Oslo 1952 fand ich in den Kabinen der Eisschnellläufer zerbrochene Spritzen und Ampullen, und aus dem aggressiven Verhalten einiger Läufer musste ich auf Verwendung stimulierender Substanzen schließen.“

Zwar hatte es schon im März 1952 einen Pervitin-Fall in der deutschen Leichtathletik gegeben. Aber erst der veritable Skandal im elitären Rudersport katapultierte das Thema in die Öffentlichkeit. Bei den Deutschen Meisterschaften des Deutschen Ruderverbandes (DRV) am 29. Juni 1952, die gleichzeitig als Qualifikation für die Olympischen Spiele 1952 in Helsinki dienten, hatte der bekannte deutsche Olympiaarzt Dr. Martin Brustmann (Hildesheim) den beiden besten Achter-Mannschaften Dopingmittel verabreicht. Das spätere bundesdeutsche IOC-Mitglied Georg von Opel, der damals als Mentor und Mannschaftsmitglied der unterlegenen RuGem Flörsheim-Rüsselsheim beteiligt war, warf daraufhin Brustmann vor, „dem Flörsheimer Achter in Duisburg Schlafmittel in Tablettenform gegeben“ zu haben, dem siegreichen Achter des Kölner RV 1877 hingegen leistungsför- dernde „rote Pillen“ (ergo Pervitin). Im Verlaufe der folgenden Untersuchungen wiedersprach Brustmann dieser Darstellung; er habe den Ruderern aus Flörsheim/Rüsselsheim vielmehr ein „selbsthergestelltes Präparat“ verabreicht: „Ich habe Testoviron genommen und das mit einem Überzug versehen.“ Als Brustmann medizinische Bedenken gegen die Verabreichung des Testosteron-Ablegers nicht entkräften konnte, wurde er von DRV- Präsident Walter Wülfing als Olympiaarzt suspendiert – eine Entscheidung, die der DRV-Rechtsausschuss am 18./19. Oktober 1952 nachträglich billigte.

Nicht nur aus diesem Grund sah sich der am 14. Oktober 1950 gegründete Deutsche Sportärzte-Bund (DSpB) zu einer intensiven Beschäftigung mit diesem Thema genötigt. Bereits vor den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki hatte der verantwortliche sportärztliche Betreuer der deutschen Olympiamannschaft, Prof. Heiss (Stuttgart), zum Verzicht auf die Einnahme von Dopingmitteln aufgerufen:

Auf Grund der früheren Erfahrungen möchte ich (…) bitten, dass ‚Präparate zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit’, die in ihrer Wirkung zweifelhaft sind, von den deutschen Spitzenkönnern ferngehalten werden. Der Sportsmann muss durch hartes Training den Glauben an seine Leistung bekommen und darf nicht seine Hoffnung auf Pillen oder Tropfen setzen.

Wie präsent dieses Thema war, dokumentiert der im Juni 1952 stattfindende Sportärztekongress in Berlin, an dem vier Wochen vor dem Beginn der Olympischen Spiele rund 300 Ärzte teilnahmen. In Berlin wurde nicht nur über Versuche bei einem Länderkampf 1951 und den Deutschen Marathonmeisterschaften 1952 berichtet, bei denen Läufer mit Alkohol, Invertzucker und Aminosäuren in eine höhere Leistung gebracht worden waren. Es wurde nicht nur referiert über die (oben erwähnte) RuGem Flörsheim-Rüsselsheim, die nach Experimenten mit Zucker-Eiweiß-Gemischen ebenfalls ihre Leistung gesteigert hatte, sondern einige Beiträge hatten noch einmal verdeutlicht, dass Doping auch nach 1945 fest zum Kanon des internationalen Leistungssports gehörte. Die ganze Problematik verdichtete ein Diskussionsbeitrag des Wiener Arztes Dr. Ludwig Prokop:

Was die Frage des Dopings anbelangt, so erhebt sich die grundsätzliche Frage wo das Doping beginnt und wo es aufhört. Grundsätzlich stehe ich auf dem Standpunkt, dass nur dann von Doping zu sprechen ist, wenn Stoffe zugeführt werden, die der Körper normalerweise nicht aufnimmt. Für die moralische und sportliche Seite des Dopings hört man von Sportärzten – ich schließ mich ihnen eigentlich nicht an – oft die Meinung, dass die Verwendung von Dopingmitteln, soweit sie nicht gesundheitsschädlich sind, fast eine ‚nationale Notwendigkeit’ bei großen internationalen Wettkämpfen anzusehen ist, weil es die anderen auch machen. (Heiterkeit) Ich habe Gelegenheit gehabt, bei den letzten Olympiaden genauere Informationen zu sammeln über die Nationen und Athleten, die gedopt wurden, was ich aber persönlich energisch ablehnen muss. (Lebhafte Zustimmung)

Auch Prof. Heiss rief während des Kongresses dazu auf, „dem Gebrauch von aufpeitschenden oder ermüdungshemmenden Mitteln im Sport entgegenzutreten.“ Offenbar stieß dieser Aufruf jedoch nicht auf fruchtbaren Boden. Nach den Spielen nämlich berichtete Heiss ernüchtert, dass „mit künstlicher Hilfe versucht (wird), die Leistung zu heben“ – und zwar bei allen Nationen. Das Ende seines Berichts nimmt die düsteren Prophezeihungen der folgenden Jahrzehnte vorweg. „Gute Veranlagung, hartes Training und Selbstvertrauen“, darauf pochte Heiss, „können niemals durch chemische Mittel ersetzt werden. Das wäre auch das Ende Olympischer Spiele“.

3.2. Die erste bundesdeutsche Anti-Doping-Erklärung und der folgende Doping-Diskurs

Aber es war doch vor allem der nationale Fall Dr. Brustmann, der den erweiterten Vorstand des Deutschen Sportärzte-Bundes am 18. Oktober 1952 zu einer Erklärung zum Thema Doping veranlasste. Der DSpB stand fortan auf dem Standpunkt, dass „jedes Medikament – ob es wirksam ist oder nicht – mit der Absicht der Leistungssteigerung vor Wettkämpfen gegeben als Doping zu betrachten ist“. Dopingmittel waren demnach „sämtliche Medikamente, die körperfremd sind, d.h. solche Stoffe enthalten, die im Organismus normalerweise für keine Funktion benötigt werden und deshalb auch nicht vorhanden sind“. DSpB-Präsident Werner Ruhemann kommentierte weiter:

Sämtliche Stoffe, die unmittelbar vor der Leistung gegeben werden, sind aus folgenden Gründen Doping: 1. Wenn sie wirksam sind, stellen sie einen unphysiologischen Reiz dar. Sie sind also gesundheitsschädigend. 2. Wenn sie unwirksam sind, sollen sie dem Sporttreibenden das Gefühl der Überlegenheit geben. Sie sind also unsportlich. Das Entscheidende aber ist der Dolus, die Absicht, mit dem diese Medikamente verabreicht werden, nicht das Medikament selbst. In beiden Fällen soll dem Sporttreibenden ein unberechtigter, unsportlicher Vorteil über den Gegner gegeben werden.

Körpereigene Stoffe, „die der Organismus zur Aufrechterhaltung des Lebens und der Funktion von sich aus“ benötige, z.B. Traubenzucker, Phosphor, Kalk und Kochsalz, durften weiterhin während des Trainings zugeführt werden. Doch die Einnahme von „Geschlechtshormonen“ und Analeptika war fortan strikt verboten. Auch auf das damals öffentlich stark diskutierte sogenannte „Sauerstoff-Doping“ ging der Kommentar ein: „Das Einatmen von Sauerstoff v o r den Wettkämpfen ist sinnlos, gegebenenfalls gesundheitsschädigend. Mit der Absicht der Leistungssteigerung gegeben, ist es Doping.“ Im April 1953 schloss sich der Deutsche Sportbund (DSB), der Dach- verband des deutschen Sports, dieser Erklärung der Sportärzte an:

In seinem Rdschr. 53/1 hat der DSB ‚Zum Thema Doping’ die vom Vorsitzenden des Deutschen Sportbundes, Dr. W. Ruhemann, Berlin, insofern Stellung genom- men, als er sich in Heft 53/2, S. 26, der ‚SPORTMEDIZIN’ publizierten Ausführun- gen zu eigen gemacht hat.

Freilich entpuppte sich diese Erklärung – die erste deutsche Anti-Doping- Konvention – als wertloses Papier. Denn die Sportler unterlagen weder während des Wettkampfs noch während des Trainings einer Kontrolle. Noch existierte dafür ein Strafenkatalog. Im Klartext: Wer dopte, befand sich zwar im Unrecht, wurde aber nicht belangt, sofern es keine eindeutigen Beweise gab.

Auf dieser Basis entwickelte sich dennoch in den 1950er Jahren ein kontroverser sportwissenschaftlicher Doping-Diskurs. Als der Deutsche Ruderverband infolge des Doping-Skandals die Medikamenten-Einnahme bei „Störung des gesundheitlichen Wohlbefindens“ erlaubte, geißelten das die Sportärzte Spellerberg/Sauerwein im Jahre 1953 scharf. Der ostdeutsche Arzt Nöcker warnte ausdrücklich vor der „Betäubung des Ermüdungsgefühls“ durch „Reizmittel“ wie Koffein, Pervitin, Kola, Morphium oder Kokain. Ein furchterregendes Sittengemälde des damaligen Verhältnisses zwischen Leistungssportlern und Sportärzten malte der Münchner Sportarzt Friedrich im Februar 1955 in einem Aufsatz für die Zeitschrift Sportmedizin. Wenn man als „Arzt mit Sportlern von Leistungssteigerung“ spreche, verriet Friedrich, dann erwarteten „gut 95 % der Sporttreibenden, dass man ihnen irgendwelche Tabletten, Pillen oder Tropfen nennt, die sie im Handumdrehen zum Olympiasieger werden lassen“. Laut seiner Erfahrungen wurde im Leistungssport der 1950er Jahre mit Alkohol, Koffein-Präparaten, Strychnin, Adrenalin, Morphium, Heroin, Kokain, Hormonen (Oxycorticosteron), Sedativa und – „in neuerer Zeit“ – auch mit Coramin, Cardiazol, Cardiazoltraubenzucker, Benzedrin, Ortecrine und Pervitin nachgeholfen. Schon im September 1955 forderte daraufhin der Kollege Fischbach eine Aufstellung einer „Doping-Kommission“ beim Deutschen Sportärztebund – noch vergeblich. Und auch im Jahre 1957 verzeichnete die Zeitschrift Sportmedizin eine Serie von Texten, die das Thema der verbotenen Leistungssteigerung berührten.

Der Doping-Diskurs wurde indes nicht nur in sportwissenschaftlichen Periodika geführt, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit. Dass die besten Bergsteiger der Welt – auch Hermann Buhl, der 1953 den „Schicksalsberg“ der Deutschen, den Nanga Parbat, erstmals bezwang – auf das Methamphetamin Pervitin zurückgriff, war nicht nur Insidern und der Wissenschaft bekannt, sondern auch der breiten Öffentlichkeit. Schon am 18. März 1953 hatten Ärzte und Sportler das Thema „Ist Sauerstoff schädlich?“ in einer TV-Sendung diskutiert. Die auflagenstarke westdeutsche Verbandszeitschrift WFV-Sport widmete diesem Thema einige programmatische Aufsätze. Der „Sprengstoff im Giftbecher“ sei keine „Geheimwissenschaft“, klärte etwa der Sportarzt Hagedorn die Sportler und Sportrezipienten im Jahre 1954 auf:

Der Leser muss den Eindruck gewinnen, als wenn es sich hier um eine höchst delikate Geheimwissenschaft handelt, mit der nur wenige Experten fertig werden. Es wird mehr Zauber darum gemacht, als notwendig ist. Die zum Doping verwendeten Medikamente sind seit vielen Jahren in der Hand des Arztes wertvolle Mittel zur Bekämpfung der Herz- und Kreislaufkrankheiten und bei manchen anderen Leiden; die meisten werden schon seit Jahrzehnten gebraucht. Dazu gehören das Koffein, das Strychnin, das Nitroglycerin und die sogenannten Weckamine, z.B. das Pervitin.

Hagedorn warnte ausdrücklich vor langfristigen Ermüdungseffekten („Der gedopte Sportler ist ausgebrannt und zeit seines Lebens einer sportlichen Leistung nicht mehr fähig“) und den verbundenen Suchtgefahren. Die Einnahme der Dopingmittel, berichtete der Arzt, geschehe „meistens in Form von Mischgetränken, wo verschiedene Arzneien miteinander kombiniert werden oder man verabreicht sogenannte Kraftpillen, zuweilen wird sogar zur Spritze gegriffen“. Aber die Praxis habe doch bewiesen, dass „Doping auf die Dauer auch nicht den gewünschten Erfolg bringen kann.“ In der Leichtathletik, im Fußball und in den meisten anderen Sportarten gehöre das Dopen der Vergangenheit an – und sei auch früher „extrem selten“ vorgekommen. In einem anderen Text, der sich auf den Doping-Kommentar des Deutschen Sportärztebundes bezog, erklärte der Funktionär Guido von Mengden, dass Doping im Fußball in jedem Fall gesundheitsschädlich sei und mittelfristig die Leistung senke:

Das Dopen einer Fußballmannschaft wäre also, selbst wenn man sich in unverantwortlicher Weise über die Gesetze des Fairplay und über die körperlichen Schäden hinwegsetzt, immer noch kein Mittel zum Erfolg; denn, was man bei dem einem Spiel allenfalls gewänne, verlöre man beim nächsten doppelt! Wenn eine Mannschaft aber schon mal in einer absinkenden Leistungskurve steht, ist das Dopen geradezu Leistungsselbstmord und das sicherste Mittel, den Abfall der Kurve bis zum steilsten Absturz zu beschleunigen.

Vor den Erfolg, proklamierte von Mengden abschließend, hätten „die Götter immer noch den Schweiß gesetzt und nicht die Pillen. Der Kampf gegen das Doping ist ein Kampf gegen schleichendes Gift für Leib und Seele des Sportlers und des Sportes selbst.“ Wie in diesem exemplarischen Fall so ist den meisten zeitgenössischen publizistischen Arbeiten zum Thema Doping gemein, dass sie – zumeist verbunden mit der moralischen Forderung des „fair play“ – vor den schweren Schäden des Dopingkonsums warnten.

3.3. Der Mythos vom kommunistischen „Sport-Roboter“

Wenn aber doch zu Beginn der 1950er Jahre auf verbotene Mittel zurückgegriffen wurde, dann lag das auch an der drohenden Verschiebung auf der Weltkarte des Sports. Hatte bis dahin der „bürgerliche Sport“ mittel- und westeuropäischer sowie angelsächsischer Prägung den olympischen Sport beherrscht, löste der Eintritt der Sowjetunion in das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die erste Teilnahme an den Spielen im Jahre 1952 veritable Befürchtungen aus, der Kommunismus werde den Weltsport gewissermaßen im Handstreich usurpieren. Dabei entstand das, was der Sportwissenschaftler John Hoberman den „Mythos von der kommunistischen Sportwissenschaft“ nennt – das Bild vom Sowjetsportler als ferngesteuertem Sport-Roboter. Nicht nur bundesdeutsche Journalisten wie Dr. Paul Laven vermuteten hinter den Leistungen von kometenhaft aufgestiegenen Stars wie dem russischen Ruder-Olympiasieger Tjukalov ein „Roboter-Training“. Auch der US-Sportjournalismus nährte dieses Image, wie exemplarisch der Bericht in der Sport Illustrated aus dem Jahre 1954 belegt:

Die sowjetischen Sportler nehmen die Sache todernst. Als Mikhail Krivosonov einen neuen Weltrekord im Hammerwurf aufstellte, setzte er sich bloß auf eine Bank nieder und zog sich seine Mütze in die Stirn. Man hatte ihm einen Job gegeben, und diesen Job erledigte er – das war alles.

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Kenntnisreiche Sportjournalisten wie Dr. Willy Meisl vermuteten hinter dem sowjetischen Sportwunder vor allem systematische Auslese und Trainingsprogramme. Auch glaubte Prof. Heiss als verantwortlicher deutscher Sportarzt in Helsinki 1952 nicht, dass die sportliche Sicherheit der Sowjets „durch künstliche Mittel erreicht wird, wie es mehrfach in der Presse angedeutet wurde, sondern lediglich eine Folge der guten Auslese und des syste- matischen Trainings war.“ Aber auch er berichtete bass erstaunt von 40 „Spezialärzten“, die von der UdSSR nach Helsinki geschickt worden waren. Nicht zuletzt deswegen vermuteten nicht wenige Beobachter hinter dem Erfolg des Ostblocks auch verbotene Methoden. Schon 1952 kursierten Nachrichten über die Entwicklung „verschiedener Anregungsmittel durch ein Moskauer Institut für Körperkultur“. 1954 erschienen erste Berichte, nach denen sowjetische Sportler mit Anabolika arbeiteten. Und ein deut- scher Sportarzt erinnerte sich noch 1954, „als vor einigen Jahren zum ersten Male eine russische Fußballmannschaft in England auftrat und damals von der Presse die künstliche Aufpulverung der Russen mit Dopingmitteln, meines Wissens auch mit Sauerstoff, zu Recht angeprangert wurde“. Jedenfalls war sich 1955 nicht nur der US-amerikanische IOC-Präsident Avery Brundage sicher, dass die Sowjetunion „die größte Massenarmee von Sportlern auf(baut), die die Welt je gesehen hat“. Jedenfalls schaute die bundesdeut- sche Sportwissenschaft fortan mit schaurigem Argwohn nach Osten, wenn die nächsten Olympischen Spiele anstanden.

3.4. Verborgene Dopingforschung in der Bundesrepublik der frühen 1950er Jahre

Die drohende Sportgefahr aus dem Ostblock war mitverantwortlich dafür, dass in den frühen 1950er Jahren einige führende bundesdeutsche Sportmediziner im verborgenen Dopingforschung betrieben. Als Zentren dieser Forschung schälten sich dabei die Sporthochschule Köln und die Universität Freiburg heraus. Wie ein Blick in die damals entstandenen Diplomarbeiten an der „Sportärztlichen Abteilung der Sporthochschule Köln“ belegt, kooperierte die Sporthochschule nicht nur eng mit der Universität zu Köln. Eine ganze Reihe von Untersuchungen schien auch derart brisant, dass sie mit einem „gesperrt“-Vermerk versehen wurden – mithin nicht für die Öffentlichkeit (oder den sportlichen Gegner?) bestimmt waren.

Interessanter noch erscheinen die Aktivitäten an der Universität Freiburg, an der Prof. Dr. Herbert Reindell wirkte, der „Spiritus rector für die deutsche Sportmedizin in den ersten drei Jahrzehnten der Nachkriegszeit“. Reindell, dem 1956 das Extraordinariat für den Universitätslehrstuhl für „Arbeitsphysiologie und Sportmedizin“ übertragen wurde, wurde in den frühen 1950er Jahren wegen seiner umfassenden Forschungen zum Sportherzen international bekannt, weshalb er 1953 vom Deutschen Sportbund mit der Carl-Diem-Plakette ausgezeichnet wurde. Reindell arbeitet seit den späten 1930er Jahren eng zusammen mit dem berühmten Leichtathletiktrainer Woldemar Gerschler, dem Leiter des Instituts für Leibesübungen an der Universität Freiburg. So hatte Reindell bei dem legendären „Jahrhundertläufer“ Rudolf Harbig, einem Schützling Gerschlers, schon 1939 Pulsschlagmessungen vorgenommen. Harbig hatte kurz vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges zwei umjubelte Fabel-Weltrekorde über 400 Meter (46,0 Sek.) und 800 Meter (1:46,6 Min.) aufgestellt – nach unglaublichen Leistungsexplosionen.

Reindell galt über Jahrzehnte hinweg als Papst der deutschen Sportmedizin. Während der Olympischen Spiele 1952 bezeichneten ihn zwei deutsche Leichtathleten als „weißen Zauberer“, im November 1953 kam sogar der aufstrebende britische Mittelstreckler Gordon Pirie nach Freiburg, um bei ihm und Gerschler einen Weltrekord zu programmieren; schon zuvor hatte der Mediziner zahlreiche Radprofis betreut. Als Nestor der bundesdeutschen Sportmedizin, der zwischen 1952 und 1972 als Olympiaarzt der BRD-Mannschaft fungierte, publizierte Reindell in den frühen 1950er Jahren eine Vielzahl wissenschaftlicher Arbeiten. Über die vielleicht bemerkenswerteste medizinische Dissertation, die an dem Institut Reindells zwischen 1952 und 1954 angefertigt wurde, drang freilich nichts an die Öffentlichkeit: die Arbeit über „Die Wirkung von Dopingmitteln auf den Kreislauf und die körperliche Leistung“, die Oskar Wegener 1954 an der „Hohen Medizinischen Fakultät“ der Freiburger Universität vorlegte. Der talentierte Leichtathlet Wegener (geb. 1928), der schleswig-holsteinische 400m-Meister der Jahre 1949–1951, war von Holstein Kiel nach Freiburg in die Trainingsgruppe Gerschlers gekommen und zählte bis zu einer schweren Mandelentzündung zum erweiterten Olympia-Kader für die Spiele 1952. 1952 habe sich, erinnert sich Wegener 52 Jahre später, Reindell „an mich gewandt, und ich habe von ihm das Thema bekommen“. Über welches Thema Wegener dann kon- kret forschte, steht in der Einleitung:

Wir haben die Auswirkungen von Coffein, Pervitin, Strychnin und Veriazol auf den Kreislauf und die körperliche Leistungsfähigkeit untersucht, weil sie am häufigsten benutzt werden. Sie waren auch in den zwei Gemischen von Pharmaka enthalten, die Radrennfahrer bei Straßenfahrten zu sich nehmen, um ihre Leistungsfähigkeit zu steigern und die uns zur Untersuchung zur Verfügung gestellt wurden. Versuchsper- sonen waren Gesunde, und zwar nicht nur trainierte Sportler, sondern auch Kolle- gen, die wenig Sport getrieben haben. Denn es sind meistens nicht die durch Trai- ning gut vorbereiteten Sportler, die gedopt werden, sondern die etwas über dem Durchschnitt stehenden, die auf diese Weise das fehlende Training auszugleichen suchen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Zudem legt Wegener dar, weshalb ihm Reindell dieses Thema übertragen hatte:

Doch es tauchen in der Tagespresse immer wieder Meldungen auf, nach denen Rennpferde durch Kokain oder auch durch Alkohol, z. B. Einflößen von Sekt, gedopt wurden. Weiterhin berichten der Trainer Gerschler und der Sportarzt Dr. Prokop, dass selbst auf der Olympiade die Mannschaftsbetreuer einiger Länder mit geheimnisvollen Mittelchen angereist kamen, die sie dann ihren Schützlingen vor dem Start eingaben. Ob damit Erfolge erzielt wurden, ist nicht leicht feststellbar. Denn nach einem Sieg wird man sich hüten, den Gebrauch irgendwelcher stimulierender Mittel zuzugeben. Andererseits waren sie nicht für alle Sportler gleich bekömmlich, so dass einige nicht ihre gewohnte Form fanden. So wurden einem Leichtathleten, wie Trainer Gerschler berichtete, auf der Londoner Olympiade nach der Gabe eines solchen Mittels so schlecht, dass er Mühe hatte, die Kämpfe auf seiner Laufstrecke zu überstehen. Vier Jahre später errang er nach gründlicher körperlicher Vorbereitung die Goldmedaille. Ein anderer Fall beschäftigte lange Zeit die Sportteile der Tagespresse: Der Sportarzt eines Verbandes hatte einer Rudermannschaft zu einer Kur mit Hormonpräparaten geraten. Als danach die Mannschaft im Wettkampf versagte, wurde der medizinische Betreuer für die Niederlage verantwortlich gemacht.

Bei der Rudermannschaft handelte es sich um die (oben bereits erwähnte) RuGem Flörsheim-Rüsselsheim. Der gedopte Leichtathlet, der „nach gründlicher körperlicher Vorbereitung“ 1952 in Helsinki Olympiasieger wurde, war laut Auskunft Wegeners der Gewinner über 1500 Meter, „Josy“ Barthel (1927–1992), der bis heute einzige Goldmedaillengewinner Luxemburgs bei Olympischen Spielen. Als Barthel gewann, sprach das deutsche Fachorgan Leichtathletik von einer „Sensation im 1500m-Lauf“, denn französische Trainer hatten Barthel, als er in Straßburg 1947–1951 Chemie studierte, noch jedes Talent abgesprochen, und Barthel spielte auch in den Weltranglisten der Jahre 1950 und 1951 keine Rolle; vor den Spielen in Helsinki stand er im Ranking lediglich auf Platz Acht. Als nun Barthel in Helsinki sensationell Gold holte, war in Deutschland der Ärger darüber groß, denn Barthel war von Gerschler in diese Leistung gebracht worden (auch Mediziner Reindell hatte Barthel betreut); sie hatten sich 1951 bei den Studentenspielen in Luxemburg kennengelernt. Gerschler musste sich jedenfalls verbandsintern und auch in der Sportpresse als „Vaterlandsverräter“ beschimpfen lassen, weil die deutsche Mannschaft ohne Goldmedaille zurückkehrte, und vor allem die beiden deutschen 1500m-Läufer Lueg, der den Weltrekord hielt, und Dohrow zu den Favoriten gezählt hatten. Der Doping-Hintergrund Barthels, wie sie die Dissertation schildert, erklärt jedenfalls die unvermittelte Leistungsexplosion des Luxemburgers, der bei der Siegerehrung in Tränen ausbrach und zu einem luxemburgischen Sporthelden wurde.

Zudem nährt diese Verbindung zwischen Gerschler und Barthel den Verdacht, dass auch die atemberaubenden Weltrekorde Rudolf Harbigs, die 1939 als Meilensteine der Leichtathletik gefeiert wurden, nicht nur mit Trainingsfleiß zu erklären sind. Sondern es liegt geradezu auf der Hand, dass das Trio Harbig/Gerschler/Reindell auch im Jahre 1939 mit dem Mittel Pervitin, das eben auf den Markt gekommen war, experimentierte und damit einen neuen „Raketentreibstoff“ gefunden hatte, mit dem Harbig in so kurzer Zeit die Weltrekorde purzeln ließ – zumal die exorbitanten Leistungssteigerungen Harbigs der 1952 vertretenen Ansicht Gerschlers widersprachen, dass man „für den Aufbau einer Leistung sechs bis acht Jahre“ rechnen müsse. Die heute kaum fassbare Naivität, mit der die 1938 entwickelte „Wunderdroge“ Pervitin damals und auch zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zwecks Leistungssteigerung eingenommen wurde, ist zuletzt sehr eindringlich von Volker Steinkamp beschrieben worden. Pervitin wurde jedenfalls, bis es 1941 von Reichsgesundheitsführer Conti unter das Opium-Gesetz gestellt wurde, von breiten Schichten konsumiert – und weiterhin auch in der Wehrmacht. Auch in den USA wurden die sogenannten „Weckamine“ sehr flächendeckend und bedenkenlos eingenommen – auch noch nach dem Krieg.

Nach 1945 setzte sich außergewöhnlich große nationale und internationale Forschungstätigkeit bzgl. der Weckamine Pervitin und Benzedrin fort, wie die umfangreiche Literaturliste der Monographie „Über Weckamine (Pervitin und Benzedrin)“ beweist. Bemerkenswert ist dieses Werk vor allem aus drei Gründen. Erstens widersprachen die Autoren, die sich übrigens auch mit dem Nachweis von Weckaminen auseinandersetzten, der Ansicht, nach der die Einnahme Pervitins/Benzedrins zwingend gesundheitsschädlich sei:

Einen schlüssigen Beweis dafür, dass selbst übermäßiger Weckamingenuss zu einem Verschleiß der Leistungsreserven des Organismus führt, gibt es im übrigen nicht, und körperliche Dauerschäden nach Pervitin- oder Benzedrineinnahme wurden bis heute nicht bekannt.

Zweitens warnten sie zwar vor gewohnheitsmäßigem Konsum, sahen aber „keinen Grund, die Ablehnung des Pervitins zum Prinzip zu erheben“. Und drittens hieß das letzte Kapitel „Über außermedizinische Verwendung der Weckamine und das Problem der Leistungssteigerung“ – ein weiterer Hinweis darauf, dass Pervitin zu Beginn der 1950er Jahre auch im Leistungssport verwandt wurde. Die Ergebnisse, die nun der Freiburger Doktorand Wegener mit seiner Versuchsreihe an Ruderern, Leichtathleten und an sich selbst zutage förderte, mussten die Phantasien jedes Leistungssportlers beflügeln. „Die stärkste und anhaltendste Wirkung“ unter den vier untersuchten Dopingmitteln, fand Wegener heraus, „hat das Pervitin. Es vertreibt jedes Müdigkeitsgefühl und durch seine euphorische Komponente das Startfieber, da hier der Drang zum Sieg, der Überlegene zu sein, jedes Bedenken überwiegt.“ Aber auch die Physis, das Treten auf dem Ergometer, „fiel leichter, weil sich in den arbeitenden Beinen ein Gefühl der Erleichterung ausbreitete, das die höhere Leistung ohne größere Willensanstrengung ermöglichte“. Bei Untrainierten steigerte sich demnach die Leistung nach Einnahme von sechs mg Pervitin um 18 Prozent, bei austrainierten Sportlern sogar um 23,5 Prozent. Aber Wegener analysierte auch Nachteile: „Man spürte nicht, wann die Muskulatur anfing zu streiken“, der Körper überhörte alle Warnsignale. Außerdem konnten er und sein Freund, wenn sie vormittags Selbstversuche unternommen hatten, nachmittags in der Pathologie-Vorlesung „nicht mehr ruhig sitzen, weil wir so aufgedreht waren“, und sie seien erst morgens früh um fünf oder sechs Uhr eingeschlafen. Das musste sich auf den Kreislauf negativ auswirken. Pervitin sei „ein ideales Leistungs- stimulans“, bilanzierte Wegener damals, „wenn nicht die körperliche Erholung gleichzeitig in so starkem Maße unterdrückt würde und die Suchtgefahr bestände“.

Warum diese erstaunlichen Ergebnisse nicht publiziert wurden in den sportwissenschaftlichen Periodika der frühen 1950er Jahre und dort überhaupt nur wenige Hinweise auf entsprechende Arbeiten zu finden sind, dafür gibt es nur zwei schlüssige Erklärungen. Entweder betrieb man insgeheim die verdeckte Dopingforschung, um so gewappnet zu sein für den sportlichen Kampf mit dem Ostblock. Oder man veröffentlichte die Ergebnisse wie die aus Wegeners Dissertation nicht, weil etwa die Verwendung von Pervitin – und sei es im Interesse der Sportwissenschaft – strafrechtlich relevant war: Die Einnahme dieses Präparats ohne medizinische Indikation verstieß auch nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland gegen das Betäubungsmittelgesetz.

4: Doping bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz?

4.1 „Sauerstoff-Doping“ im Vorfeld

Dass der Doping-Diskurs auch den Leistungsfußball der frühen 1950er Jahre berührte, zeigen die Veröffentlichungen in den zeitgenössischen Zeitschriften. Guido von Mengden resümierte im März 1953 im WFV-Sport Presseberichte, nach denen das Einatmen von reinem Sauerstoff im Fußball „sensationelle Ergebnisse“ gezeigt und „Fabeln und Histörchen“ produziert hätten. Aus Anlass des Fußball-Länderspiels Schweiz – BR Deutschland (3:5) am 25. April in Basel nahm das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL diese Berichte wieder auf. Denn der Trainer der Schweizer, Karl Rappan, hatte die Aufholjagd seiner Mannschaft nach der Pause (0:4) mit Sauerstoffzufuhr erklärt („Unsere Spieler haben in der Halbzeit eine Sauerstoffpumpe erhalten“) – und insofern war, wie DER SPIEGEL schlussfolgerte, „nicht mangelhafte Kondition der Deutschen, sondern die durchdachte Anwendung neuzeitlicher Alchemie beim Gegner (schuld) an dem verqueren Spielverlauf“. So kam ans Tageslicht, dass deutsche Fußball-Mannschaften schon 1952 mit Sauerstoff experimentiert hatten:

Schon 1948 hatten englische Klubmannschaften bei Gastspielen in Südamerika beobachtet, dass ihre Gegner in der Pause wie eine Fernaufklärer-Besatzung an Atemgeräten nuckelten. 1952 verpflanzte eine portugiesische Fußball-Expedition die eindrucksvolle Apparatur von Brasilien nach Lissabon, wo sie alsbald den spanischen Nachbarn neiderregend in die Augen stach. Jedenfalls naschten wenig später auch die Männer des FC Espagnol Barcelona behaglich ihre Sauerstoff-Rationen. Von den Erfolgen der Spanier stutzig gemacht, entschloss sich im Herbst 1952 die Frankfurter Eintracht, ihre Spieler mit Oxygen anzuheizen. Vereinsarzt Dr. Runzheimer lieh sich das Gerät aus einem Krankenhaus und ließ seine Elf am 16. November in der Halbzeitpause des Spiels gegen die Offenbacher Kickers zwei, drei Minuten inhalieren. Die Wirkung war erstaunlich. Sei es, dass die Frankfurter von Haus aus skeptischer waren als die Südländer, sei es, dass man ihnen die wohltätige Wirkung nicht überzeugend genug in die Köpfe gehämmert hatte – jedenfalls gerieten sie in einen fürchterlichen Ansturm des Gegners, den sie nur mit großem Dusel überstanden.

Damals hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) – in Kenntnis der Anti-Doping-Konvention des DSpB, dem er sich über den DSB angeschlossen hatte – erklärt, dass „die Anwendung solcher Mittel“ von „sportlicher Auffassung weit entfernt“ sei. Ob damit eine physische Leistungssteigerung möglich war, war ungewiss. Klar schien jedoch, dass die Zufuhr reinen Sauerstoffs die Kicker selbstbewusster machte:

Am wenigsten umstritten ist, so seltsam es scheint, der Effekt, den die Sportler sich einbilden. Fußballer, die mit reinem Oxygen aufgepumpt sind, verraten nicht selten eine euphorische Zufriedenheit. Im Vollbewusstsein ihres chemisch aufgemöbelten Mannestums wuchten sie auf das Spielfeld zurück wie ein Kollektiv tapferer Schneiderlein und gehen dem Gegner dementsprechend an den Kragen.

In Kenntnis der Anti-Doping-Konvention von 1952 wurde nun diskutiert in Deutschland, so auch auf der vorolympischen Tagung im April 1954 in Köln, ob auch diese Methode unter die Doping-Bestimmungen fiel: Die Beantwortung der Sauerstoff-Beatmung hing dabei an der Frage, „ob sie als ‚Doping’ anzusehen ist und damit unter den Bann der Sportgerichte fällt. Dabei muss sowohl die medizinische als auch die ethische Seite des Doping- Verbots in Betracht gezogen werden.“ Die Diskussion darüber verlief sehr kontrovers, obwohl diese Frage eigentlich schon vorher beantwortet worden war. Die Sportfachpresse wie die Pariser L’Equipe und der Münchner Sport-Kurier forderten die Fußball-Offiziellen indes dazu auf, „dem Leistungsvermögen mit Sauerstoff nachzuhelfen“. Und auch der DFB und der zuständige Bundestrainer Sepp Herberger schienen so kurz vor Beginn der V. Fußball-Weltmeisterschaft in der Schweiz nicht gewillt zu sein, womöglich entscheidende Wettbewerbsvorteile klaglos hinzunehmen:

Indessen scheint man an maßgebender Stelle des deutschen Fußballs bereit zu sein, die ablehnende Stellungnahme von 1952 nach den jüngsten Erfahrungen zu revidie- ren. Bundestrainer Herberger bat nämlich am 9. Mai den Vereinsarzt von Eintracht Frankfurt, Dr. Runzheimer, um ein informatorisches Gespräch über das Sauerstoff- Problem, das in dieser Woche stattfinden soll. Erklärt Carl Koppehel auf der DFB- Pressestelle: ‚Wenn wir (zur Weltmeisterschaft) in die Schweiz fahren und die ande- ren werden mit Sauerstoff aufgepumpt, weiß ich nicht, ob wir es nicht doch ebenso machen sollen.’

4.2 Der Spritzeneinsatz bei der WM in der Schweiz

Diese Mentalität – es dem Gegner, der anscheinend mit verbotenen Mitteln arbeitete, notfalls gleichzutun – beeinflusste ganz offenbar das Handeln in der Schweiz. Schon im Trainingslager experimentierte die Nationalmann- schaft laut Horst Eckel mit reinem Sauerstoff. Und als Stürmer Helmut Rahn vorzeitig von einer Südamerika-Reise seines Klubs RW Essen zurückkehrte, um rechtzeitig ins Trainingslager der bundesdeutschen Nationalmannschaft in München-Grünwald zu fahren, und der Rechtsaußen von Doping-Praktiken berichtete, reagierte der DFB sofort, wie sich Dr. Franz Loogen im Jahr 2003 präzise erinnerte: Rahn erzählte dem Bundestrainer, „dass die Latinos (Brasilianer) sich mit Spritzen dopen“. Daraufhin habe sich Herberger ebenfalls leistungssteigernde Präparate spritzen lassen wollen. Als er sich mit einer entsprechenden Bitte an Dr. Loogen wandte, lehnte dieser den Einsatz in der Schweiz ab: „Ich mache keine Sauereien. (…) Es war nämlich Anfang der 50er Jahre schon einiges möglich, was hartes Doping betrifft.“ Die Aussage Loogens, dass Herberger von Beginn an den Doping-Einsatz forderte, ist durchaus glaubwürdig, denn der damals 35-jährige Loogen entstammte dem Fußball-Milieu, er zählte gewissermaßen zum „inner circle“. Während seines Medizinstudiums im Zweiten Weltkrieg (1942–1944) stürmte er für den FC Bayern München, u.a. gegen die berühmte Luftwaffenmannschaft „Rote Jäger“, in der Fritz Walter spielte. Nach dem Krieg spielte Loogen für Fortuna Düsseldorf und amtierte 1961–1962 auch als Präsident – und selbstverständlich war er bestens bekannt mit dem ebenfalls in Düsseldorf tätigen Masseur Deuser. Als Loogen jedoch ablehnte, wandte sich Herberger an einen Arzt aus dem süddeutschen Raum, der aber kurzfristig absagte. Erst daraufhin

hätte sich Herberger wieder bei Loogen gemeldet, und ihn gefragt, ob er nicht doch mit in die Schweiz wolle. Loogen habe zugesagt, aber aufgrund der Kürze der Zeit nicht mehr genügend Spritzen auftreiben können. So habe er sich gedacht, dass er das Problem dadurch löst, indem er einen Abkocher mitnimmt. Er hatte noch einen, den er 1941 als Kriegsandenken aus einer zerschossenen Arztpraxis vor Leningrad mitgebracht hatte (diesen Apparat hat er heute noch).

Was in Spiez, dem Standort der bundesdeutschen Nationalmannschaft, zwischen den WM-Spielen geschah, das haben die Zeitzeugen weitgehend einmütig berichtet. Der Fürther Herbert Ehrhardt erzählte 2003 von den vorbereitenden Maßnahmen durch Loogen: „Da hat es mal einen Vortrag gegeben, dass Vitamine gespritzt werden.“ Der damalige Mannschaftsarzt habe be- richtet, so Ehrhardt, dass, „wenn Ratten diese Vitamine gespritzt bekommen, dann können die zwei oder drei Stunden länger im Wasser schwimmen“. Die Spieler reagierten durchaus unterschiedlich auf den ungewöhnlichen Einsatz. Spieler wie Fritz Walter, Ottmar Walter, Helmut Rahn, Werner Liebrich, Werner Kohlmeyer, Heinz Kubsch, Max Morlock, Toni Turek, Josef Posipal und Karl Mai nahmen die Injektionen, die von Loogen und vom Masseur Erich Deuser gesetzt wurden, beinahe widerspruchslos hin:

Die Spieler waren total verrückt nach diesen Spritzen, obwohl ich nur Vitamine gespritzt habe, und zwar zwischen den Spielen. Wenn Sonntags ein Spiel war und das nächste am Mittwoch, dann haben die Spieler am Montag die Spritzen bekommen. Medizinisch gesehen haben die Spritzen überhaupt nichts gebracht, es war der typische Placebo-Effekt. Aber es hatte diesen psychologischen Effekt auf die Spieler, und Herberger wollte, dass ich immer wieder spritze.

Teilweise wurde auf die Spieler erheblicher Druck ausgeübt, damit sie sich in die Spritzenbehandlung begaben. „Der Erich Deuser hat da aufgepasst, dass man runter ist in den Keller“, berichtet Herbert Ehrhardt, „und unten rein und dann schnell die Spritze drin. Vor dem Training ist man früh runter. Ich habe Angst gehabt, ich wollte nicht spritzen.“ Ersatzmann Ulrich Biesinger erinnerte sich: „Ich bin einmal hingegangen und dann nicht mehr. Was da gespritzt worden ist, weiß ich nicht, Traubensaft oder irgendwas. Ich weiß es nicht.“ Andere Spieler verweigerten sich diesem Einsatz, Alfred Pfaff etwa lehnte die Injektionen rigoros ab. „Es hat sich herumgesprochen, dass es vielleicht Traubenzucker wäre“, so Pfaff, aber letztlich habe kein Spieler den Inhalt gekannt. Als Pfaff die Spritzen verweigerte, kam Herberger auf ihn zu und sagte: „Warum du nicht?“ Pfaffs Antwort: „Ich bin allergisch. Ich will nicht.“ Auch Torhüter Heinrich Kwiatkowski verweigerte sich: „Ich war gegen jede Tablette und gegen jede Spritze. Ich habe Kraft genug gehabt. Ich war gegen jedes Aufputschmittel.“

Noch abenteuerlicher mutet die Geschichte an, die Mannschaftsarzt Loogen über die Pause des Endspiels vom 4. Juli 1954 in Bern erzählt. Weil der rechte Läufer Horst Eckel eine Verletzung am Oberschenkel zu beklagen hatte, wollte Herberger laut Loogen,

dass ich ihm eine Spritze gebe, in den Bluterguß. Ich verneinte, denn das Risiko wäre zu groß gewesen, einen Muskel oder eine Blutbahn zu treffen. Dann hätte Eckel gar nicht mehr spielen können. Ich machte daher ein paar Sprintübungen mit Eckel und sah, dass er ohne Behandlung die zweite Halbzeit durchhalten würde.

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4.3. Der „Pressekrieg“ nach der Gelbsucht-Affäre im Herbst 1954

Die Praxis der Injektionen wurde erst im Oktober 1954 der Öffentlichkeit bekannt, als eine Reihe von Nationalspielern schwer an Gelbsucht erkrankte und deshalb für das Länderspiel am 1. Dezember in London nicht zur Verfügung stand. In einem Brief an den Vorstand, Loogen und Herberger befürchtete DFB-Präsident Peco Bauwens sofort, dass „Verdächtigungen gegen uns erhoben werden wegen eines Doppings (sic!)“, und wollte den Weltverband FIFA einschalten. 2003 führte Loogen die Erkrankung darauf zurück, dass der Abkocher nicht richtig funktioniert hatte und so die benutzten Spritzen nicht sterilisiert worden waren: „Leider war er dann doch anscheinend defekt, so dass sich die Gelbsucht auf die anderen Spieler übertrug.“ Tatsächlich stirbt der Gelbsucht-Erreger erst bei Temperaturen, die Loogens Abkocher nie erreichen konnte. Auf die Vermutungen des ungarischen Kapitäns Ferenc Puskas, die Deutschen hätten nur wegen des Einflusses leistungssteigernder Drogen die WM gewonnen, die einen „Pressekrieg“ entfachten, reagierte der DFB umgehend: Der Verband ließ alle Nationalspieler in der Medizinischen Akademie Düsseldorf untersuchen – bei dem Leberspezialisten Prof. Schmengler (Düsseldorf) und Prof. Kalk (Kassel). Im Anschluss daran wurden die betroffenen Spieler, darunter die Gebrüder Walter, Helmut Rahn und Max Morlock, in eine mehrwöchige Kur nach Bad Mergentheim geschickt. Die genaue Ursache der Leberschädigungen konnte indes nicht festgestellt werden. Die Vorwürfe der Öffentlichkeit, die Mannschaft sei gedopt gewesen, entkräfteten jedoch die Mediziner: „Es fand kein Doping statt.“ Die Einzelheiten der Expertise publizierte der DFB zehn Jahre später, als der Vorgang erneut in einer römischen Zeitung L’Osservatore della domenica geäußert worden war:

Die Gelbsucht-Erkrankungen der deutschen Nationalspieler stehen in keinem Zu- sammenhang mit den Mitteln, die ihnen von ärztlicher Seite zum Schutz ihrer Gesundheit und zur Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit verordnet worden sind. Ein Teil der Spieler erhielt wenige Tage vor den Spielen Injektionen von Vitamin C; andere Substanzen wurden nicht eingespritzt. Die Spieler erhielten außerdem auch zeitweise Traubenzucker zum Essen in den Tagen vor dem Spiel; in der Pause der Spiele wurde je nach Wunsch gegeben: Tee, Sprudel und Limonade. Letztere mit Trauben- zucker, Rohrzucker oder Zitrone. Keiner der gegebenen Stoffe wirkt leberschädigend! Traubenzucker und Vitamin C haben sogar eine ausgesprochene Leberschutzwirkung.

Loogen setzte sich im Herbst 1954 ebenfalls öffentlich zur Wehr. „Auch der leiseste Verdacht eines Dopings während der Weltmeister-Tage ist absolut grundlos und ganz entschieden abzulehnen“, sagte er in einem Zeitungs-Interview, den Spielern, „die nur Traubenzucker und Vitamine“ erhielten, sei kein auch nur annähernd „doping-verdächtiges“ Mittel verabreicht worden. Albert Sing widerspricht dem. Der Attaché der deutschen Mannschaft in der Schweiz, der im Zweiten Weltkrieg unter Herberger Nationalspieler gewesen war, betrachtete Loogen als treibende Kraft in der Schweiz: Loogen habe „Herberger davon überzeugen können, dass die Spieler flüssige Drogen zu sich nehmen sollen“. Die Schweiz 1954 war der letzte Einsatz des heute berühmten Herz-Spezialisten bei der Fußball-Nationalmannschaft.

Was tatsächlich in den Spritzen war, wird sich heute nicht mehr feststellen lassen. „Bis heute ist die letzte Ursache dieser epidemischen Entzündung nicht geklärt“, schreibt der Herberger-Biograph Jürgen Leinemann. Aber genauso ist festzuhalten, dass dies schon im Oktober 1954 nicht mehr feststellbar war, als die Ärzte dem DFB (der die Untersuchung in Auftrag gegeben hatte) einen Freibrief ausstellten – wären nämlich tatsächlich Aufputschmittel gespritzt worden, dann hätte man dies nicht mehr wissenschaftlich nachweisen können. Seltsam mutet freilich aus heutiger Sicht an, dass mit Prof. Schmengler ein Arzt die Unbedenklichkeitsbescheinung ausstellte, der in der gleichen Klinik wie Dr. Loogen arbeitete. Als verdächtig erscheint die Tatsache, dass die Injektionen in der Schweiz den Charakter eines konspirativen Vorgangs besaßen. Dass es sich dabei, wie von Loogen stets behauptet, um Vitamin C-Injektionen handelte, erscheint insofern unglaubwürdig. Denn Vitamin C wurde auch damals schon vor allem oral eingenommen, wie aus einem „streng vertraulichen“ Brief des Mannheimer Chefarztes Prof. Hahn an Sepp Herberger vom 10. November 1954 hervorgeht. Darin riet Hahn dem Bundestrainer nicht nur dringend, „vor allem vor dem Spiel gegen die englische Nationalmannschaft davon abzusehen, dass die Spieler irgendwelche Injektionen erhalten.“ Der Arzt wunderte sich zudem sehr über die Spritzenpraxis in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft:

Gegen die Verabreichung von Traubenzucker und Vitaminpräparaten bei Sportlern ist nicht das geringste einzuwenden. Aber es ist nicht einzusehen, warum diese Prä- parate injiziert werden, da das gleiche erreicht werden kann, wenn sie durch den Mund aufgenommen werden, sofern man überhaupt eine Wirkung erwarten kann. Ich meine, dass man aus den erfolgten Gelbsuchterkrankungen die allgemeine Lehre ziehen sollte, dass Injektionen bei Sportlern zum Zwecke der Leistungssteigerung überhaupt vermieden werden, womit dann in aller Zukunft Zwischenfällen vorge- beugt wäre.

Aufgrund all dieser Belege ist die Vermutung, die deutsche Fußball- Nationalmannschaft habe eben kein Vitamin C injiziert bekommen, sondern andere (verbotene) Präparate, nicht allzu verwegen. Wahrscheinlicher ist angesichts der umfangreichen zeitgenössischen Forschungen und Praxis, dass Aufputschmittel wie Pervitin oder Benzedrin genutzt wurden. Dass diese „Weckamine“ in den Fußball hineingelangt sind, ist nicht neu. Laut Dopinghistoriker Giselher Spitzer sind überall dort, wo Soldaten und Sportler zusammenkamen, auch Dopingmittel weitergegeben worden. Die Kontakte zwischen Luftwaffe und Heer einerseits und dem Spitzenfußball andererseits waren während des Zweiten Weltkrieges und auch danach offenkundig. Nicht nur, dass spätere Nationalspieler wie Ottmar Walter an der Front gestanden hatten. Auch Herberger pflegte im Zweiten Weltkrieg intensive Kontakte zu einem der berühmtesten Flieger der Luftwaffe, Hermann Graf. Der hatte vor dem Krieg an einem Lehrgang Herbergers teilgenommen und sorgte nun dafür, dass viele Nationalspieler, allen voran Fritz Walter, in der berühmten Elf der „Roten Jäger“ während des Krieges Fußball spielen konnten und so vom Fronteinsatz verschont blieben. Dort ist laut Spitzer „der Link, wo das Wissen um diese Aufputschmittel, um den Miss- brauch zu Leistungssteigerung, Aggressivitätssteigerung und Überwindung von Ängsten, in den Sport kommen kann.“ Doch so, wie vielen Soldaten damals nicht bewusst war, was sie schluckten, so Spitzer, sei es genau so denkbar, „dass Sportler Schokolade und Tabletten zu sich genommen haben, ohne zu wissen, dass sie in Wirklichkeit mit starken Mitteln aufgeputscht wurden.“ Auch das ist freilich ein Kennzeichen der Praxis von Spiez: Dass den Fußballern nicht klar war, was ihnen injiziert und verabreicht wurde. Zudem waren Franz Loogen, als Mannschaftsarzt neben Herberger die Schlüsselfigur in der Schweiz, Aufputschmittel wie Pervitin seit dem Zweiten Weltkrieg bestens bekannt. Denn damals besaß dieses Präparat unter den Medizinstudenten den Status einer Wunderdroge, wie Volker Steinkamp jüngst eindrucksvoll beschrieben hat. Insofern wusste Loogen sicherlich auch vom massenhaften Einsatz des Pervitins in Heer, Luftwaffe und Kriegsmarine.153 Und er hatte sicherlich auch noch in guter Erinnerung, wie die Temmler-Werke im Zweiten Weltkrieg Pervitin verarbeiteten – nämlich „in Kombination mit Traubenzucker“.

5: Fazit

Mit dem Skandal um die deutschen Fußballweltmeister von 1954 gelangt das Thema Doping keineswegs das erste Mal in die bundesdeutsche Sportöffentlichkeit. Zwar wurde die Debatte über den Sinn und die Gefahren leistungssteigernder Mittel, die bis 1945 äußerst lebhaft geführt wurde, in der Bundesrepublik weitgehend tabuisiert – vermutlich auch deswegen, weil die medikationslose Einnahme von populären Präparaten wie Pervitin gegen das Betäubungsmittelgesetz verstieß. Aber spätestens der Doping-Skandal 1952 bei den Deutschen Meisterschaften im Rudern, als mit Dr. Martin Brustmann ein renommierter deutscher Olympiaarzt zwei Teams verbotene Mittel verabreicht hatte, katapultierte dieses Thema wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit.

Dieser spektakuläre Vorfall bewirkte zweierlei. Zum einen veranlasste er im Oktober 1952 die erste deutsche Anti-Doping-Konvention, als der Deutsche Sportärztebund (DSpB) „sämtliche Stoffe, die unmittelbar vor der Leistung gegeben werden“, ächtete; der Deutsche Sportbund als Dachverband des deutschen Fachverbände schloss sich dieser Konvention an. Zum anderen stieß er in sportmedizinischen Zentren wie Köln und Freiburg eine verdeckte Dopingforschung an. Dabei sind die Arbeiten zur Wirkung von Dopingmitteln, die bei Prof. Reindell (Freiburg) und an der Sporthochschule Köln entstanden, sicher auch als Reaktion auf den „Mythos von der kommunistischen Sportwissenschaft“ (Hoberman) zu verstehen. Denn da die Länder des Ostblocks nun ins olympische Milieu drängten, drohte dem bis dahin dominierenden Sport bürgerlicher Prägung eine „feindliche Übernahme“.

Wie gezeigt, spielte dieser Mythos auch im bundesdeutschen Fußball eine Rolle. Zu konstatieren ist, dass Herberger als verantwortlicher Trainer der bundesdeutschen Fußball-Nationalmannschaft nicht gewillt war, den anderen Teams scheinbare Wettbewerbsvorteile durch „Sauerstoff-Doping“ oder durch den Einsatz von Aufputschmitteln zuzugestehen. Zu konstatieren ist ebenfalls, dass die FIFA als Veranstalter für die Schweiz keinerlei Doping-Richtlinien erlassen hatte und insofern Herberger auch ein Wettbewerbsnachteil drohte. Vor allem deswegen verstieß er gegen die Anti-Doping-Konvention, die auch sein Verband DFB, der unter dem Dach des DSB organisiert war, seit 1952/53 mitgetragen hatte. Vor dem Hintergrund der damaligen Praxis im internationalen Leistungssport, der intensiven nationalen Doping-Debatte und der verdeckten Dopingforschung in der BRD wäre es naiv anzunehmen, dass die Spieler in der Schweiz lediglich „Traubenzucker“- oder Vitamin C-Injektionen erhalten haben. Vielmehr weisen die konspirativen Umstände dieser Vorgänge auf Aufputschmittel wie Pervitin oder Benzedrin hin. Dass ein Fußballtrainer wie Max Merkel 1961 Pervitin einsetzte, als er Borussia Dortmund coachte, und auch der enorm hohe Einsatz von Aufputschmitteln in der italienischen Fußball-Liga der 1960er Jahre deuten auf diese Variante der künstlichen Leistungssteigerung hin. Die Behauptung der Spieler, sie hätten das Wort Doping 1954 gar nicht gekannt, und Doping habe 1954 nirgendwo eine Rolle gespielt, ist jedenfalls unrichtig.

Besonders tragisch ist, dass einige derjenigen Spieler, die sich spritzen ließen, durch die sehr naive Praxis während der WM 1954 nachhaltig geschädigt wurden. An erster Stelle steht hier der Frankfurter Stürmer Richard Herrmann, der schon 1962 39-jährig an einer Leberzirrhose starb – obwohl er nie Alkohol getrunken hatte. Daran war er, wie der Autor Jürgen Bertram meint, „zwar nicht völlig unschuldig, weil er wegen mehrerer verletzungsbe- dingter Krankenhausaufenthalte die Hepatitis-Behandlung immer wieder hinausgezögert hat; doch in dieses Dilemma wäre er ja nie geraten, wäre in Spiez nicht beim Spritzen vermutlich geschlampt worden.“ Der Tod des achtfachen Nationalspielers wurde danach verschwiegen, auch von den DFB-Funktionären. „Man wusste längst“, schrieb Karl Seeger in einer Jubiläumsschrift seines Klubs FSV Frankfurt,

dass in Spiez der DFB-Arzt Dr. Loogen eine ärztliche Sünde begangen hatte, die ihm eigentlich ein Verfahren vor der Ärztekammer hätte einbringen müssen. Doch wer wollte seinerzeit verlauten lassen, dass der feine Herr Doktor die Nationalspieler nacheinander mit (sagen wir mal gelinde, Traubenzucker) gespritzt und keine sterilen Nadeln eingesetzt hatte.

Der DFB reagierte hilflos und schickte der Witwe als Entschädigung einen Scheck in Höhe von 3.000 Mark. Die Wucht, mit der dieser Mythos „Bern 1954“ die Erinnerung an das Opfer Herrmann hinweggefegt hatte, illustriert vielleicht am eindrücklichsten Bild-Kolumnist Franz-Josef Wagner. Als Wagner im April 2004 über „diese Dreckstory“ zeterte, die „sich Heldentaten nur chemisch oder per Spritze vorstellen können“, hatte er wohl jenen Bild-Artikel vergessen, den er 29 Jahre zuvor, am 2. Dezember 1975, über die Witwe Herrmanns geschrieben hatte. Darin heißt es:

Sportfans werden sich noch erinnern, dass nach der Fußball-Weltmeisterschaft in der Schweiz fast der gesamte 19köpfige Kader des Deutschen Fußballbundes an einer mysteriösen Gelbsucht erkrankt war. Man könnte also sagen: Der Nationalspieler Richard Herrmann bezahlte die Weltmeisterschaft mit seinem Leben.

Vor allem deshalb sei dieser Artikel dem Fußballspieler Richard Herrmann gewidmet.

6 Quellen

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Herberger-Nachlass (im Archiv des Deutschen Fußball-Bundes)
Zeitungen und Zeitschriften:
Bild-Zeitung (Jg. 1975, 2004)
DER SPIEGEL (Jg. 1954)
Frankfurter Rundschau (Jg. 2004)
Fußball-Woche (Jg. 1935)
Leibeserziehung (Jg. 1952, 1953, 1956)
Leibesübungen (Jg. 1952)
Leichtathletik (Jg. 1950–1952)
Neue Fußballwoche (Jg. 1949, 1954)
Sportmagazin (Jg. 1950, 1952)
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Interviews
Mit den Weltmeistern von 1954: Ulrich Biesinger, Horst Eckel, Herbert Ehrhardt, Heinrich
Kwiatkowski, Alfred Pfaff (sämtlich zur Verfügung gestellt von Fa. Broadview, Köln). Dr. Franz Loogen (zur Verfügung gestellt von Fa. Broadview, Köln).
Albert Sing (zur Verfügung gestellt von Fa. Broadview, Köln).
Oskar Wegener (Gespräch mit dem Verfasser am 9. März und 5. Juli 2004).

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1 Schlagzeile auf dem Titel der Bild-Zeitung vom 31. März 2004.
2 Wortmann, S. (Regie und Drehbuch), „Das Wunder von Bern“, Filmstart am 16. Oktober 2003.
3 Vor allem folgende Monographien sind zu nennen: Bertram, J., Die Helden von Bern, Eine deutsche Geschichte, Frankfurt 2004; Brüggemeier, Fr.-J., Zurück auf dem Platz. Deutschland und die Fußball-Weltmeisterschaft 1954, München 2004; Heinrich, A., 3:2 für Deutschland. Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Wankdorf-Stadion zu Bern, Göttingen 2004; Jessen, Chr./Eggers, E./Stahl, V./Schlüper, J.-G., Fußball-Weltmeisterschaft Schweiz 1954, Kassel 2003; Kasza, P., Fußball spielt Geschichte. Das Wunder von Bern, Berlin 2004. Den besten Überblick bietet: Raithel, Th., Fußball-Weltmeisterschaft. Sport – Geschichte – Mythos, München 2004.
4 Bild vom 31. März 2004, S. 1.
5 Merz, O., „Die Helden von Bern – Was ist dran an den Doping-Gerüchten?“, in: Report Mainz vom 29. März 2004.
6 Vgl. Eggers, E., „Der Mythos“, in: Dehnhardt, S./Knopp, G. (Hrsg.), Das Wunder von Bern. Die wahre Geschichte, München 2004, S. 171–206.
7 Eingeleitet wurde die kurze, aber heftige Doping-Debatte mit einer Rezension des Buches „Die Helden von Bern“ (Jürgen Bertram, s. Anm. 3), vgl. Eggers, E., „Das Gespenst von Spiez. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 könnten sich viele der Helden von Bern an einer schmutzigen Spritze infiziert haben“, in: Frankfurter Rundschau vom 27. März 2004.
8 Stecker, A./Sulzer, T., „Der ungeheuerlichste Vorwurf der Fußball-Geschichte: Waren unsere Helden gedopt?“, in: Bild vom 1. April 2004, S. 11.
9 Ebenda.
10 „Doping-Papst Schänzer: ‚Es gab 1954 Amphetamine und Captagon’“, in: Bild vom 31. März 2004.
11 Vgl. z.B. Fischer, C./Häberlein, Th., „’Helden von Bern’ empört: Wir waren nicht gedopt“, in: sid vom 31. März 2004.
12 Horst Eckel in: Bild vom 1. April 2004, S. 19.
13 Seeliger, N., „Keiner war gedopt“, in: Bild vom 2. April 2004.
14 Wagner, Fr. J., „Die Helden von Bern, Teil II“, in: Bild vom 1. April 2004.
15 Vgl. z.B. Keul, J.,/König, D.,/Scharnagl, H., Geschichte der Sportmedizin. Freiburg und die Entwicklung in Deutschland, Heidelberg 1999; Uhlmann, A., „Der Sport ist der praktische
Arzt am Krankenlager des deutschen Volkes.“ Wolfgang Kohlrausch (1888–1980) und die Geschichte der deutschen Sportmedizin, Frankfurt 2005.
16 Vgl. Spitzer, G., Doping in der DDR. Ein historischer Überblick zu einer konspirativen Praxis (= Wissenschaftliche Berichte und Materialien des Bundesinstituts für Sportwissen- schaft; Bd. 1998,3) Köln 1998.
17 Hoberman, J., Sterbliche Maschinen. Doping und die Unmenschlichkeit des Hochleistungs- sports, Aachen 1994.
18 Vgl. Krüger, A, „Die Paradoxien des Dopings“, in: Gamper, M./Mühlethaler, J./Reidhaar, F. (Hrsg.), Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, Zürich 2000, S. 11–33; im gleichen Band: Kamber, M., „Eine historische Betrachtung der Doping-Bekämpfung in der Schweiz“, S. 171–187.
19 Krauß, M., Doping, Hamburg 2000.
20 Gremmelmaier, E., „Doping im Zeichen von Krieg und Swing. Über die (vergessene)
Pionierrolle der Schweiz in der Dopingdiskussion“, in: Neue Zürcher Zeitung vom 16. April 2005.
21 Vgl. Kluge, V., „Doping. Vom Schnaps zur Muskelpille“, in: Laufzeit 9 (1999), H. 1, S. 4f. 22 Zu den frühesten deutschen Belegen des Worts „Doping“ gehört der Artikel „Doping als Betrug“ in der Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift aus dem Jahre 1905, vgl. Krauß, Doping, S. 13.
23 Vgl. Kluge, Doping, S. 4; Krauß, Doping, S. 12.
24 Prof. Ferdinand August Theophil Hueppe bekleidete seit 1889 den Lehrstuhl für Hygiene an der Prager Karls-Universität, nahm 1896 als Arzt an den I. Olympischen Spielen in Athen teil und gehörte im Januar 1900 zu den Gründern des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Vgl. auch Schnitzler, Th., „Der vergessene Präsident des DFB“, in: Sportmuseum Aktuell. Mittei- lungsblatt des Förderverins Sächsisches Sportmuseum Leipzig e.V. 8 (2001), Heft 3–4, S. 38– 40.
25 Hueppe, F., „Sport und Reizmittel“, in: Berliner Klinische Wochenschrift (1913), S. 549– 551, zit. nach Hobermann, Sterbliche Maschinen, S. 157.
26 Reiner Sauerstoff galt, wie ein Autor der Deutschen Turn-Zeitung beschrieb, als heikle „Doping-Substanz“; damit hatten sich Sechstage-Fahrer belebt, vgl. Hobermann, Sterbliche Maschinen, S. 161.
27 Vgl. Beyer, B., Der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte. Das Leben des Wal- ther Bensemann. Ein biografischer Roman, Göttingen 2003, S. 318 und 515.
28 Vgl. Hobermann, Sterbliche Maschinen, S. 123.
29 Vgl. Spitzer, G., „Schon Hitler nahm Testosteron. Die deutsche Doping-Tradition von der
Panzerschokolade bis zum DDR-Komplex mit Langzeitwirkung“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. April 2005.
30 Vgl. Hobermann, Sterbliche Maschinen, S. 160.
31 Vgl. Friedrich, Fr., „Zum Kapitel Doping“, in: Sportmedizin 2 (1955), S. 22.
32 Vgl. Riesser, O., „Ist medikamentöse Beeinflussung im Sport möglich?“, in: Leibesübun- gen 6 (1930), S. 537–542. In der gleichen Ausgabe: Poppelreuter, W., „Ist die Einnahme von primärem Natriumphosphat ein Dopingmittel?“, in: Leibesübungen 6 (1930), S. 534–536.
33 Riesser, O., „Doping und Dopingsubstanzen“, in: Leibesübungen 9 (1933), S. 393–396, hier 393f.
34 Vgl. Hoberman, Sterbliche Maschinen, S. 168.
35 Vgl. Gremmelmaier, Doping im Zeichen von Krieg und Swing.
36 Vgl. Hoberman, Sterbliche Maschinen, S. 130. 37 Vgl. Ebenda, S. 162–165.
38 Vgl. Hoberman, Sterbliche Maschinen, S. 179.
39 „Früher schluckten die Fußballspieler keine Pillen und waren auch gut. Weiß Gott, die starken Männer scheinen doch auszusterben“, in: Fußball-Woche vom 24. September 1935, S. 19.
40 Vgl. Gremmelmaier, Doping im Zeichen von Krieg und Swing.
41 Vgl. Kemper, W.-R., „Pervitin – die Endsieg-Droge? Wach und leistungsstark durch Me- thamphetamin“, in: Pieper, W., (Hrsg.), Nazis on Speed. Drogen im 3. Reich (Vol. 1), Löhr- bach, S. 124f.
42 Vgl. Steinkamp, P., „Pervitin (Metamphetamine) Testing, Use, and Misuse in the German Wehrmacht“, in: Wolfgang U. Eckart, W. U. (Ed.), The Human Body as an Object of Govern- ment Sponsored Research, Stuttgart 2006, p. 61.
43 Ebenda, S. 61–71.
44 Clasing, D., in: Deutscher Sportbund (Hrsg.), Doping. Pharmakologische Leistungssteige- rung und Sport (= Band II der Schriftenreihe des Bundesausschusses zur Förderung des Leis- tungssports des Deutschen Sportbundes), Frankfurt/M. 1970, S. 7.
45 Alle Zitate nach Gremmelmaier, Doping im Zeichen von Krieg und Swing.
46 Vgl. Pellmont, B., Vergleichende Untersuchungen über die Wirkungen von Coramin, Coffein und Pervitin auf psychische und physische Leistung des ermüdeten und nicht ermüde- ten Menschen., Diss. an der Universität Basel, Basel 1941.
47 Vgl. Gremmelsmeier, Doping im Zeichen von Krieg und Swing.
48 Vgl. Neue Fußballwoche 1(1949), Nr. 1, S. 2. Die Meldung bezieht sich auf den Fußball- profi Poldl Gernhardt (Rapid Wien), der in Brasilien Spritzeninjektionen gesehen hatte.
49 Vgl. Spitzer, G., Schon Hitler nahm Testosteron.
50 Vgl. Sportmagazin vom 31. Mai 1950, S. 17.
51 Prokop, L., Zur Geschichte des Dopings, Vortrag bei der Sportärztewoche am 1. Dezember 2002 in Zell am See-Kaprun, S. 7.
52 Vgl. Heß, Cl., „Das unrühmliche Ende einer Affäre“, in: Rudersport 120 (2002), Nr. 24, S. 808.
53 Die Figur des Sportarztes und Olympiateilnehmer von 1906, Dr. Martin Brustmann (1885– 1964), ist sicherlich einen eigenen Aufsatz wert, und nicht nur, weil er im „Dritten Reich“ zum SS-Standartenführer aufstieg (u.a. Träger des Ehrendegen des RF SS/Totenkopfring der SS).
54 Heß, Das unrühmliche Ende, S. 809. Konkret war von Veronal die Rede.
55 Vgl. Kluge, V., Doping, S. 5.
56 Zitiert nach Heß, Das unrühmliche Ende, S. 809.
57 Heiss, F., „Sportärztliche Mitarbeit bei den Olympischen Spielen“, in: Leibesübungen (3) 1952, S. 26.
58 Vgl. Meier, W., „Über praktische Erfahrungen bei Anwendung bestimmter Zuckergemi- sche mit Aminosäuren und Alkohol bei Leistungssportlern“, in: Deutscher Sportärztebund (Hrsg.), Training. Leistung. Gesundheit, Frankfurt/Main 1953, S. 111.
59 Vgl. Ebenda.
60 Diskussionsbeitrag Prokop, in: Deutscher Sportärztebund (Hrsg.), Training. Leistung. Gesundheit, Frankfurt/Main 1953, S. 105.
61 Heiss, F., Diskussionsbeitrag, in: Deutscher Sportärztebund (Hrsg.), Training. Leistung. Gesundheit, Frankfurt/Main 1953, S. 113.
62 Heiss, F., „Sportärztliche Beobachtung bei den Olympischen Spielen in Helsinki“, in: Leibeserziehung (1) 1952, H. 3, S. 9f., hier: S. 10.
63 Vgl. o. Verf., „Arbeitssitzung der Sportärzte in Münster i.W. (18.10.1952)“, in: Leibes- übungen 3 (1952), S. 141f.
64 Dieses und die folgenden Zitate vgl. Ruhemann, W., „Doping“, in: Sportmedizin 4 (1953), S. 26.
65 Vgl. Sportmedizin 4 (1953), S. 61.
66 Vgl. Spellerberg, B.A.E./Sauerwein, E., „Zur Frage des Dopings“, in: Leibeserziehung 2 (1953), H. 7, S. 8–11.
67 Vgl. Nöcker, J., „Stoffwechsel und Sport“, in: Müller, R. (Hrsg.), Abhandlungen zu Fragen der Sportmedizin, Berlin (Ost) 1954, S. 85.
68 Friedrich, Fr., „Zum Kapitel Doping“, in: Sportmedizin 6 (1955), S. 21–23.
69 Ebenda, S. 21.
70 Ebenda, S. 22f.
71 Vgl. Fischbach, E., Zum Kapitel Doping“, in: Sportmedizin 6 (1955), S. 145f. (hier: S. 146) 72 Vgl. Mies, H., „Erschöpfung und Übermüdung“, in: Sportmedizin 8 (1957), S. 13–17; Graf, O., „Genußmittel, Genußgifte und Leistungsfähigkeit“, in: Sportmedizin 8 (1957), S. 17–22; Lendle, L, „Stimulantia – Exciantia (Dopingmittel)“, in: Sportmedizin 8 (1957), S. 22–26.
73 Vgl. Herligkoffer, K., „Pervitin im Himalaya“, in: Münch. Med. Wschr. 96 (1954), S. 698– 702, besprochen von Friedrich in: Sportmedizin 6 (1955), S. 28; Wieland, H., „Sauerstoff und Pervitin gegen Bergkrankheit“, in: Münch. Med. Wschr. 42/(1954), besprochen in: Sportmedi- zin 6(1955), S. 27.
74 Vgl. Märtin, R.-P., Nanga Parbat. Wahrheit und Wahn des Alpinismus, Berlin 2000, S. 225.
75 Vgl. Hackforth, J., Sport im Fernsehen, München 1975, S. 46.
76 Hagedorn, „Der Sportarzt spricht: Der gedopte Sportler ist schnell ausgebrannt“, in: WFV- Sport 4 (1954), Nr. 16, S. 13.
77 Zu Mengden vgl. Bernett, H., Guido von Mengden. Generalstabschef des deutschen Sports, Berlin/München/Frankfurt 1976; Havemann, N., Fußball unterm Hakenkreuz. Der DFB zwi- schen Sport, Politik und Kommerz, Frankfurt/New York 2005, S. 108–111.
78 Vgl. G.v.M. (= Guido von Mengden), „Dopen ist Leistungs-Selbstmord“, in: WFV-Sport 3 (1953), Nr. 5, S. 16.
79 Ebenda.
80 Hoberman, Sterbliche Maschinen, S. 225.
81 Vgl. Krüger, A., Die Paradoxien des Dopings, S. 15.
82 Vgl. Laven, P., „Coach-Trainer und Menschenführer“, in: WFV-Sport 4 (1954), Nr. 16, S. 9.
83 Don Canham in der Sport Illustrated 1954, zit. nach: Hoberman, Sterbliche Maschinen, S. 226 (Fußbote Nr. 2, S. 376).
84 Vgl. Meisl, W., „Scheinwerferlicht auf den Sowjetstaat“, in: WFV-Sport 1 (1951), Nr. 19, S. 16f.
85 Heiss, Prof., „Sportärztliche Beobachtung bei den Olympischen Spielen in Helsinki“, in: Leibeserziehung 1952, H. 3, S. 9.
86 Vgl. Heß, Das unrühmliche Ende, S. 809. 87 Vgl. Krauß, Doping, S. 13f.
88 Hagedorn, „Der Sportarzt spricht: Der gedopte Sportler ist schnell ausgebrannt“, in: WFV- Sport 4 (1954), Nr. 16, S. 13
89 Zit. nach: Hoberman, Sterbliche Maschinen, S. 226.
90 Vgl. Altrock, H., „Rußlands Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele in Melbourne. Nach amerikanischen Quellen“, in: Leibeserziehung 4 (1956), S. 113–115.
91 Vgl. etwa Hattendorf, H., Über das Verhalten des Vitamin C-Blutspiegels bei körperlicher Leistung (zugleich ein Beitrag zur Bedeutung des Vitamin C für die körperliche Leistungsfä- higkeit), Diplomarbeit an der Sporthochschule Köln, Köln 1953; Lehrke, H., Über das Verhalten der Ascorbinsäure in Blut und Harn vor und nach körperlicher Leistung, Diplomarbeit an der Sporthochschule Köln, Köln 1954; Rottke, R. S., Untersuchungen über den Einfluss von Glukose auf den Tonus des vegetativen Systems, Diplomarbeit an der SporthochschuleKöln, Köln 1954; Werthmann, A., Über den Einfluss von Dextrose auf Körperleistung, Herz- und Kreislauferholung und den Blutzuckerspiegel nach einem 1000 m-Leistungslauf, Diplomarbeit an der Sporthochschule Köln, Köln 1952; Wick, G., Beeinflusst intravenöse Honigzufuhr die vegetative Tonuslage beim Trainierten und Untrainierten?, Diplomarbeit an der Sporthochschule Köln, Köln 1953; Wodsack, W., Blutuntersuchungen an Sportsleuten, Diplomarbeit an der Sporthochschule Köln, Köln 1953.
92 Keul/König/Scharnagl, Geschichte der Sportmedizin, S. 84. Zu Lebensdaten Reindells: Ebenda, S. 108–112.
93 Ebenda, S. 85.
94 Vgl. Popplow, U., „Rudolf Harbig – vom unbekannten Sportsmann zum Weltrekordläufer“, in: Sozial- und Zeitgeschichte des Sports 2 (1988), H. 3, S. 15.
95 Sportmagazin vom 30. Juli 1952, S. 2. 96 Vgl. Sportmedizin 4 (1953), S. 185.
97 Diese und die weiteren Zitate stammen aus den Gesprächen des Verfassers mit Wegener am 9. März und 5. Juli 2004. Gespräche sind auf Tonband dokumentiert.
98 Wegener, O., Die Wirkung von Dopingmitteln auf den Kreislauf und die körperliche Leis- tung, Diss. Universität Freiburg, Freiburg 1954, S. 6.
99 Ebenda, S. 5.
100 Leichtathletik vom 31. Juli 1952, S. 9.
101 Vgl. Kluge, V., Olympische Sommerspiele London 1948 – Tokio 1964 (Die Chronik II), Berlin 1998, S. 291f.
102 Vgl. die Weltranglisten in der Zeitschrift Leichtathletik. 1950 ist Barthel über 1500m nicht verzeichnet, über 800m belegte er Platz 20; 1951 belegte er über 1500m mit acht Sekunden (!) Rückstand nur Rang 41.
103 Vgl. das Foto bei: Keul/König/Scharnagl, S. 111.
104 Vgl. Kluge, Olympische Sommerspiele (Chronik II), S. 291f.
105 Die Frage ist, woher Prof. Heiss 1952 die Sicherheit nahm, dass Harbig seine Weltrekorde ohne jede Einnahme von Dopingmitteln lief, vgl. Deutscher Sportärztebund (Hrsg.), Training, Leistung, Gesundheit, S. 113f.
106 Vgl. Deutscher Sportärztebund, Training, Leistung, Gesundheit, S. 181.
107 Steinkamp, Pervitin.
108 Ebenda.
109 Wie der 1947 populäre Song „Who put the Benzedrine in Mrs. Murphy’s Ovaltine?“ beweist, vgl. Bonhoff, G./Lewrenz, H., Über Weckamine (Pervitin und Benzedrin) (= Mono- graphien aus dem Gesamtgebiete der Neurologie und Psychiatrie, Heft 77), Ber- lin/Göttingen/Heidelberg 1954, S. 118.
110 Vgl. ebenda.
111 Ebenda, S. 117. Vgl. auch: Dieckmann, E.-M., Pervitin als Dopingmittel bei Pferden und Versuche zu seinem chemischen Nachweis nach dem Doping, Diss. an Humboldt-Universität Berlin, Berlin 1951.
112 Bonhoff/Lewrenz, Über Weckamine, S. 123.
113 Ebenda.
114 Alle Zitate aus der Dissertation Wegeners und aus den Gesprächen mit dem Verfasser im Frühjahr 2004.
115 Vgl. etwa Denning, Dr., „Leistungssteigerung durch Arzneimittel“, in: Sportmedizin 5 (1954), Nr. 3, in dem auch der Einsatz von Pervitin und Opiaten eine Rolle spielte ; Eichler, O., „Kaffeewirkung bei sportlichen Übungen“, in: Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie 1949, 206. Band, 2./3. Heft, S. 251 ; La Cava, G., „Das Doping“, in: Med. Educat. Phys. Sport 28, 24, 1954 ; Prokop, L., „Über den Einfluss von Coramin-Koffein auf die sportliche Leistungsfä- higkeit“, in: Wien. Med. Wschr. 102, 358, 52
116 G.v.M. (= Guido von Mengden), „Dopen ist Leistungs-Selbstmord“, in: WFV-Sport 3 (1953), Nr. 5, S. 16.
117 O. Verf., „Sauerstoffstürmer“, in: DER SPIEGEL vom 19. Mai 1954, S. 23. 118 Ebenda.
119 Ebenda.
120 Ebenda.
121 Ebenda.
122 Ebenda.
123 Ebenda.
124 „Das hat es auch bei der Vorbereitung gegeben, war das mal so ein Versuch, im Training, dass wir da Sauerstoff zugeführt bekommen haben. Und dann wurde untersucht, wie langedas anhält im Training und ob es überhaupt was bringt. Aber das war nur ein Versuch und dann wurde er eingestellt. Aber er hat nichts gebracht.“ Protokoll des Interviews der Fa. Broadview mit Horst Eckel.
125 Protokoll eines Gesprächs der Fa. Broadview TV mit Dr. Franz Loogen vom 29. April 2003. Broadwiew produzierte seinerzeit die ZDF-Dokumentation „Das Wunder von Bern“. Protokoll, das dem Verfasser vorliegt, diente u.a. als Grundlage für: Eggers, E., „Der My- thos“, insbesondere S. 194–204.
126 Protokoll des Gesprächs mit Loogen vom 29. März 2003.
127 Vgl. Walter, Fr., 11 Rote Jäger. Nationalspieler im Kriege, München 1959, S. 96. Loogen spielte damals neben Nationalstürmer Wilhelm Simetsreiter (s. Anmerkung Nr. 39).
128 Vgl. Bolten, M./Langer, L., Alles andere ist nur Fußball. Die Geschichte von Fortuna Düsseldorf, Göttingen 2005, S. 132 u. 499.
129 Als nicht unvorteilhaft sollte sich später herausstellen, dass auch DFB-Vorstandsmitglied Hans Körfer aus dem Düsseldorfer Fußball-Milieu kam – zumal Körfer in seinem Hauptberuf als Redakteur beim (damals noch) in Düsseldorf ansässigen Sportinformationsdienst (sid) wirkte. Nicht zufällig dementierte der Arzt im Herbst 1954, als der „Doping-Skandal“ um die Weltmeister-Elf publik geworden war, über den sid alle Vorwürfe.
130 Protokoll des Gesprächs mit Loogen vom 29. März 2003.
131 Ebenda.
132 Protokoll des Interviews der Fa. Broadview mit Herbert Ehrhardt. (Dieses und alle weiteren Protokolle ebenfalls beim Verfasser.)
133 Protokoll des Interviews der Fa. Broadview mit Ulrich Biesinger.
134 Protokoll des Interviews der Fa. Broadview mit Alfred Pfaff.
135 Protokoll des Interviews der Fa. Broadview mit Heinrich Kwiatkowski.
136 Protokoll des Interviews der Fa. Broadview mit Dr. Franz Loogen.
137 Schreiben von Peco Bauwens vom 22. Oktober 1954 an den DFB-Vorstand, Loogen und Herberger, in: DFB-Archiv (Herberger-Nachlass).
138 Im Offiziellen Bericht der FIFA zur WM 1954 kommt das Wort Doping nicht vor. Verfas- ser bedankt sich für diese Auskunft bei Johann-G. Schlüper, Erkelenz.
139 Protokoll des Interviews mit Loogen vom 29. März 2003. Als „Wirt“ des Gelbsucht- Erregers wird gemeinhin Helmut Rahn genannt, der sich die Gelbsucht angeblich auf der Südamerika-Reise eingefangen hatte.
140 Vgl. Leinemann, Sepp Herberger, S. 342. Aus heutiger Sicht erstaunlich mutet an, dass der „Klassenfeind“ im Osten Deutschlands Doping als „sehr unwahrscheinlich“ einschätzte; vgl. Schmidt, Dr., „Doping ist sehr unwahrscheinlich. Ein medizinfachlicher Kommentar von Dr. Schmidt“, in: Neue Fußballwoche 6 (1954), Nr. 46, S. 14. Zu berücksichtigen ist freilich, dass die DDR-Fußballfunktionäre zu diesem Zeitpunkt einen Einheitsverband anstrebten und daher jedwede Polemik vermieden.
141 Vgl. Sportinformationsdienst vom 28. Oktober 1954.
142 Vgl. „Das Märchen vom Doping“, in: Pressedienst des Deutschen Fußball-Bundes vom 24. März 1964 (Nr. 10/1964).
143 Ebenda.
144 Vgl. Eggers, Der Mythos, S. 198.
145 Protokoll des Interviews der Fa. Broadview mit Albert Sing.
146 Leinemann, J., Sepp Herberger. Ein Leben, eine Legende, Reinbek bei Hamburg 1997, S. 342.
147 Brief Prof. Dr. H. Hahns, Chefarzt in Mannheim, vom 10. November 1954 an Sepp Her- berger, in: DFB-Archiv (Herberger-Nachlass).
148 Vgl. Eggers, E., Der Mythos, S. 202.
149 Vgl. Leinemann, Sepp Herberger; Walter, 11 Rote Jäger.
150 Zit. nach Eggers, Mythos, S. 202.
151 Ebenda.
152 Vgl. Steinkamp, Pervitin.
153 Vgl. Nöldeke, H., „Einsatz von leistungssteigernden Medikamenten. Einführung, erste Erfahrungen bei Heer und Kriegsmarine“, in: Pieper, W., (Hrsg.), Nazis on Speed. Drogen im 3. Reich (Vol. 1), Löhrbach, S. 134–142.
154 Vgl. Bonhoff/Lewrenz, Über Weckamine, S. 123.
155 Vgl. die Aussage des damaligen Torwarts Heinrich Kwiatkowski bei: Eggers, Der My- thos, S. 202.
156 Bertram, J., Die Helden von Bern, S. 162.
157 Seeger, K., „Die Gelbsucht-Spritze von Spiez“, in: Ders. (Hrsg.), 90 Jahre FSV Frankfurt, Frankfurt 1989, S. 104.
158 Vgl. Anmerkung Nr. 14.
159 Wagner, Fr.-J., „Die Witwe, die zwei Männer liebt“, in: Bild vom 2. Dezember 1975.

Der Text ist ursprünglich erschienen in: Jahrbuch 2005 der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Sportwissenschaft e.V., Herausgegeben von Jürgen Court. LIT Verlag, Münster 2006, S. 102–140. ISBN: 3-8258-9352-9