Fußballdoping

Blutkontrollen: Holzhäusers Kehrtwende

Kritik von WADA und Kontrolleuren

von Daniel Drepper

Blutprobe im Leistungssport

Wir hatten es mehrfach berichtet: Die Kontrollen im Fußball haben große Lücken. Unter anderem gibt es bis heute keine Blutkontrollen für deutsche Fußballprofis. Dabei scheint es gar nicht so schwer zu sein: In der englischen Premier League und in der italienischen Serie A sind Blutkontrollen seit Jahren ganz normal. In Italien gibt es diese sogar schon seit 2005. Das berichtet Tom Mustroph für den Tagesspiegel und den Deutschlandfunk.

Wer den DFB fragt, bekommt derzeit zu hören, dass man sich mit den anderen Mannschaftssportarten abstimme. Die mit Abstand reichste und meistbeachtetste Sportart geht nicht voran, wartet stattdessen auf Zwergsportarten wie Volleyball oder Eishockey. Die sich im Zweifel ein aufwändiges Blutkontroll-Programm überhaupt nicht leisten können.

Derzeit gibt es offenbar noch immer keinen Termin für ein Gepräch der Mannschaftssportarten mit der NADA. Weder bei meiner letzten Anfrage noch bei Mustrophs Nachhaken vor wenigen Tagen konnte die NADA einen Termin verraten. „Erst setzen wir uns mit den Partnern an einen Tisch und dann geben wir Wasserstandsmeldungen ab“, zitiert Tom Mustroph NADA-Vorstand Andrea Gotzmann.

Kritik von WADA und Kontrolleuren
Der Fußball kassiert für seine schwachen Kontrollen kräftig Kritik. „Wenn am Spieltag nur zwei Spieler pro Team getestet werden, dann kann es sein, dass mancher Spieler eine ganze Saison lang gar nicht kontrolliert wird“, sagt Wada-Generalsekretär David Howman im Gespräch mit Mustroph. Und auch Dopingkontrolleur Volker Laakmann, Geschäftsführer der Kontrollfirma PWC, lässt kein gutes Haar an den Kontrollen im Fußball. „Ich kenne keine Argumente, die gegen Blutkontrollen im Fußball sprechen“, sagt Laakmann. „Wenn ich die falschen Proben oder die falschen Analysen mache, dann finde ich halt nichts.“

Aber nicht nur fehlende Blutkontrollen machen die Dopingbekämpfung des Fußballs unglaubwürdig, auch die Zeitpunkte der Kontrollen. Ein Beispiel ist der Fall Michael Ballack. Der war im vergangenen Sommer auf dem Weg zum Training angeblich auf einen Anruf der medizinischen Abteilung hin wieder umgedreht, er solle seine Grippe doch lieber noch einen Tag länger auskurieren. Während des folgenden Trainings kontrollieren gleichzeitig die NADA und die UEFA. Nur deshalb fiel das Ganze auf.

Ballack war damals kein Nationalspieler mehr. Weil nur Nationalspieler auch zu Hause getestet werden können, konnte Ballack dank seiner kurzfristigen Trainingsabsage nicht mehr kontrolliert werden. Leverkusen weigert sich derzeit eine 25.000 Euro-Strafe der UEFA zu bezahlen und geht vor das Weltsportgericht CAS.

Holzhäusers erstaunliche Kehrtwende
Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser hatte vor kurzem vorgeschlagen, zusätzliche TV-Einnahmen der Bundesliga von mehr als 200 Millionen Euro zum Teil für den Kampf gegen Doping zu verwenden. Ein guter Vorschlag. Umso erstaunlicher, dass Holzhäuser im Fußball keinen Bedarf für bessere Kontrollen sieht.

Im Deutschlandfunk sagte Holzhäuser gestern, Fußball sei die Sportart, die „mit Abstand, mit Abstand am meisten Dopingkontrollen hat“. Als Moderator Philipp May ihm den oben verlinkten Beitrag von Tom Mustroph vorspielt, bezweifelt Holzhäuser auf einmal, ob genug Geld für Blutkontrollen vorhanden sei und zählt lieber noch einmal auf, dass seine Spieler in der vergangenen Saison insgesamt 64 mal kontrolliert worden seien. Eine erstaunliche Kehrtwende.