Neue Rechte

Die AfD sagt, es sei fraglich, ob Menschen für den Klimawandel verantwortlich sind. Stimmt das?

AfD-Faktencheck, Teil 1. Die AfD behauptet: „Wissenschaftliche Untersuchungen zur langfristigen Entwicklung des Klimas aufgrund menschlicher CO2-Emissionen sind sehr unsicherheitsbehaftet.“ Richtig oder falsch?

von Anastasiya Polubotko

Wissenschaftler sind sich überwiegend einig: der Mensch ist für den Klimawandel verantwortlich.© Collage von Ivo Mayr

Immer wieder ist die AfD durch klimaskeptische Positionen aufgefallen. So auch in diesem Zitat, wir entnahmen es Anfang 2017 der Homepage der Partei. Trifft es zu?

Nein. Das Gegenteil ist richtig. Wissenschaftler sind sich mit überwältigender Mehrheit einig: Der Klimawandel ist menschengemacht. Ein Team um den australischen Klimaforscher John Cook hat 4014 Studien untersucht, deren Autoren sich zum Klimawandel äußern. 97 Prozent bestätigen, dass die Menschheit für den Klimawandel verantwortlich ist.

Naomi Oreskes, Wissenschaftshistorikerin an der Uni Harvard, untersuchte 696 Studien, die in den angesehensten wissenschaftlichen Fachzeitschriften zum Thema Klimawandel erschienen. Sie fand darin keine „Unsicherheit“. Die Studien waren sich zu 100 Prozent einig: Der Mensch ist für den Klimawandel verantwortlich.

Klimaskeptiker zitieren gern eine Schrift des niederländischen Volkswirtes Richard Tol aus dem Jahr 2016, der darin auf Studien eingeht, die geringere Übereinstimmungswerte haben. Cook und Oreskes, die beiden bereits erwähnten Autoren, untersuchten zusammen mit Kollegen auch diese Studie. Und kamen zu dem Schluss: Je besser sich die Forscher mit Klimavorgängen auskennen, desto weniger zweifeln sie am menschlichen Einfluss auf das Klima. Solche Zweifel kommen in aller Regel von Laien oder fachfremden Wissenschaftlern. Von Volkswirten zum Beispiel.

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Das bestätigt eine andere Studie: 2009 veröffentlichten Wissenschaftler der University of Illinois eine Umfrage unter 3146 Meteorologen, Klimatologen und Wirtschaftsgeologen. 75 von 77 Klimatologen stimmten der Aussage zu, dass menschliches Handeln der Hauptauslöser für globale Temperaturveränderungen ist. Von knapp 100 befragten Wirtschaftswissenschaftlern hingegen stimmte nur die Hälfte zu.

Die Autoren schlussfolgern: Unter Experten, die die wissenschaftlichen Grundlagen verstehen, gibt es keine kontroversen Debatten über den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel. „Die Herausforderung scheint eher zu sein, wie dieser Fakt an die Politik und Allgemeinheit überbracht werden kann, die weiterhin fälschlicherweise von einer Debatte unter Wissenschaftlern ausgehen“, schreiben Peter T. Doran und Maggie Kendall Zimmerman, die Verfasser der Studie.

Auch unter auf dem Gebiet führenden wissenschaftlichen Institutionen in Deutschland findet man keine Aussagen, die auf ein „sehr unsicherheitsbehaftetes“ Feld schließen lassen. Das Institute for Advanced Sustainability Studies in Potsdam schreibt: „Vor allem der Ausstoß von Kohlendioxid in die Atmosphäre (…) gilt als Hauptursache für den globalen Temperaturanstieg.“ Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ist ebenso klar: „Es gibt in der Wissenschaft absolut keinen Zweifel, dass CO2 als Treibhausgas die Erwärmung maßgeblich verursacht. Da gibt es hier im Haus keine Debatte, in der Wissenschaft auch nicht“, sagt Georg Feulner, Wissenschaftler am PIK.

Fazit

Mehrere Tausend internationale Studien, die zu einem übereinstimmenden Ergebnis kommen – mehr Sicherheit in der Wissenschaft kann es kaum geben. Wenn nun die AfD behauptet: „Wissenschaftliche Untersuchungen zur langfristigen Entwicklung des Klimas aufgrund menschlicher CO2-Emissionen sind sehr unsicherheitsbehaftet“ – dann ist das komplett falsch.

Der AfD-Faktencheck wurde zusammen mit dem Institut für Journalistik der TU Dortmund erstellt. Die Autoren Björn Bernitt, Linda Fischer, Anastasiya Polubotko und Daniela Weber sind Studierende bei Professor Holger Wormer. Assistenz: Maximilian Doeckel

Quellen

  • Originalzitat (abgerufen am: 31.01.2017, 22:36)
  • John Cook et al 2013 Environ. Res. Lett. 8 024024
  • Oreskes, Naomi: The Scientific Consensus on Climate Change. In: Science, Vol. 306, 3.12.
  • Richard S J Tol 2016 Environ. Res. Lett. 11 048001
  • John Cook et al 2016 Environ. Res. Lett. 11 048002
  • Doran et al.: Examining the Scientific Consensus on Climate Change. In: Eos, Vol. 90, No. 3, 20 January 2009: „It seems that the debate on the authenticityof global warming and the role played by human activity is largely nonexistent among those who understand the nuances and scientific basis of long-term climate processes. The challenge, rather, appears to be how to effectively communicate this fact to policy makers and to a public that continues to mistakenly perceive debate among scientists.“
  • Kurzlebige klimawirksame Schadstoffe, S.3
  • Stellungnahme zum Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Potsdam, S.52