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Man spricht deutsch

Die Bundesregierung bestreitet, dass deutsche Spezialeinheiten gegen den Islamischen Staat in Syrien im Einsatz sind. Doch es gibt Videos aus der Kampfregion, in denen Männer deutsch sprechen.

von Frederik Richter

„Höchstens vier Stunden bis zum Krankenhaus.” Ein offensichtlich deutscher Soldat gibt Anweisungen bei der Behandlung eines Verwundeten.© Youtube-Kanal Hawar News Agency

Die syrische Regierung hat in dieser Woche behauptet, dass neben US-amerikanischen und französischen Soldaten auch deutsche Soldaten im Norden Syriens im Einsatz seien. Das Bundesverteidigungsministerium hat das prompt dementiert. Doch auf Youtube veröffentlichte Videos werfen Fragen auf.

Ein von der kurdischen Nachrichtenagentur Hawar veröffentlichtes Video zeigt zwei westliche Soldaten. Sie behandeln einen blutenden Kämpfer, der zur von Kurden angeführten Miliz YPG gehören soll. 

Wer sind diese beiden Männer? Auch Freiwillige und bezahlte Söldner helfen den kurdischen Milizen im Kampf gegen der Islamischen Staat. Einer der beiden Soldaten trägt eine Uniform ohne Abzeichen, einen Bart, ein Kopftuch sowie blaue Sanitärhandschuhe. In dem Video wird zunächst Englisch gesprochen. Doch plötzlich blickt der Soldat auf, sucht nach seinem Übersetzer und sagt auf Deutsch: „Sag den Leuten hier….höchstens vier Stunden, um ins Krankenhaus zu kommen, allerhöchstens. Und dass sie ihn nicht schlafen lassen.“ Ein Teil der Aussagen scheint aus dem Video heraus geschnitten zu sein. 

Wo das Video aufgenommen ist, ist nicht zu erkennen. Nach Aussage der Agentur Hawar gegenüber CORRECTIV stammt das Video aus der Nähe der Stadt Tell Abyad an der Grenze zur Türkei. Hier gab es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Videos im vergangenen Jahr Kämpfe um die Stadt. Kurdischen und syrischen Milizen gelang es, die Stadt vom Islamischen Staat zurück zu erobern. Die YPG kämpft überwiegend in Syrien. Der Übersetzer des Soldaten scheint einen in der syrischen Stadt Aleppo verbreiteten Akzent zu sprechen. 

Ein zweites, jüngeres Video könnten ebenfalls einen Hinweis auf deutsche Präsenz in Syrien geben. Westliche Soldaten, Panzer, Truppentransporter und Artilleriegeschütze stehen in einer kargen Gegend. Man hört arabische und englische Stimmenfetzen. Und plötzlich scheinen die beiden deutschen Worte „ja, genau“ zu hören sein.

Dieses Video ist erst zwei Wochen alt. Es soll amerikanische Soldaten bei Vorbereitungen auf einen Angriff auf die IS-Hauptstadt Raqqa sowie Manbij, einen Ort im Norden von Syrien, zeigen. Durch das Gebiet um Manbij an der türkischen Grenze ist es dem IS immer wieder gelungen, Kämpfer von und nach Europa zu bewegen. Vor wenigen Tagen starteten von den USA unterstützte syrische Kämpfer zusammen mit der syrischen Kurdenmiliz YPG tatsächlich einen Angriff, um diese Route des Islamischen Staats zu schließen.

Auf dem Video sind neben westlichen Soldaten mit YPG-Abzeichen auch Panzer und Fahrzeuge zu sehen, die beflaggt sind mit der Fahne der syrischen Miliz „Demokratische Kräfte Syrien“. Diese Miliz wird von den USA unterstützt.

In dem Video scheint es auch einen französischen Satzfetzen zu geben. Die Regierung in Paris hat bestätigt, dass französische Spezialeinheiten am Kampf gegen den Islamischen Staat teilnehmen. Die Bundesregierung hingegen hat bisher nur bestätigt, dass die Luftwaffe mit Aufklärungsflugzeugen in der Region im Einsatz sei.

Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums blieb am Donnerstag auf Anfrage von CORRECTIV bei dem Dementi der Regierung. In Syrien seien keine deutschen Soldaten am Boden im Einsatz. Die Szenen aus den beiden Videos wollte das Verteidigungsministerium nicht kommentieren.