TTIP

US-Senat gibt Obama grünes Licht für TTIP

Der amerikanische Präsident könnte den Freihandelspakt zwischen der EU und den USA schon bald ohne Beteiligung des US-Parlamentes aushandeln. Im Gegenzug verlangen die Senatoren unter anderem den Wegfall von Produktbezeichnungen in der Agrarindustrie, was in der EU auf Widerstand stößt. Die Demokraten stimmten mehrheitlich gegen das Gesetz. Sie sehen besonders die geplanten Schiedsgerichte kritisch. An diesen hatte sich zuletzt auch in Europa viel Kritik entzündet.

von Justus von Daniels

Die US-Regierung hat die erste Hürde genommen, um Freihandelsverträge leichter aushandeln zu können. Der amerikanische Senat erteilte am späten Freitag abend Präsident Barack Obama weitreichende Freiheiten für die Verhandlungen. Die Senatoren entschieden, dass der US-Präsident während der nächsten sechs Jahre Verträge aushandeln kann, ohne dass das Parlament einzelne Vertragsteile mit abstimmen muss.

Zur Zeit stehen die USA in Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit der EU (TTIP) und elf Ländern des pazifischen Raumes (TPP). Obama hofft, mit der Erlaubnis durch den Senat die Gespräche mit den Pazifikländern abzuschließen, bevor seine Amtszeit 2016 endet. Auch die TTIP-Verhandlungen mit der EU könnten schneller geführt werden.

Mit dieser Entscheidung können die Amerikaner effizienter verhandeln. In den USA muss der Präsident den Senat und das Repräsentantenhaus um Erlaubnis bitten, Verhandlungen über Freihandel selbst zu führen. Sonst müsste er den Kongress an den Abstimmungen über einzelne Vertragsklauseln beteiligen. Mit dieser Überholspur (fast track) soll der Kongress nur am Ende über das Gesamtpaket entscheiden.

In Europa braucht die EU-Kommission diese Erlaubnis vom Parlament nicht. Das EU-Parlament hat kein Recht zu verhandeln. Es kann nur am Schluss mit Ja oder Nein stimmen.

Bedingungen der Agrarindustrie

Im Gegenzug für die Verhandlungserlaubnis forderten die Senatoren Ziele ein, die der Präsident erfüllen muss. Das könnte ein Problem für die EU werden. Denn vor allem für die Agrarindustrie will der Senat erreichen, dass möglichst viele Hemmnisse abgeschafft werden. Geschützte Angaben zur Herkunft von Produkten sollen wegfallen. Das versucht die EU zu verhindern. Auch die Kennzeichnung von genmanipulierten Produkten wird als Handelshemmnis im Gesetz beschrieben. Sollten sich die US-Verhandlungsführer in den TTIP-Gesprächen in diesen Punkten nicht durchsetzen, könnten die Abgeordneten am Schluss gegen den Vertrag stimmen.

Demokraten gegen Schiedsgerichte

Unterstützung erhielt Obama vor allem von den Republikanern. Sie stimmten geschlossen für das Gesetz. Die meisten Demokraten stellten sich gegen ihren Präsidenten. Sie befürchten eine Absenkung von Arbeits- und Sozialstandards durch das Abkommen mit den Pazifikländern.

Die Demokraten scheiterten insbesondere mit einem Antrag gegen Schiedsgerichte. Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren hatte vorgeschlagen, dass Schiedsgerichte bei zukünftigen Abkommen ausgeschlossen werden sollten. „Sondergerichte für Konzerne sollten nicht Teil dieser Abkommen sein“, sagte sie. Auch in der EU hatte es zuletzt um die geplanten Schiedsgerichte viel Zoff gegeben. Kritiker befürchten, dass Unternehmen Gewinne einklagen könnten, die ausbleiben, weil ein Staat seine Gesetze verschärft. Die Demokraten befürchten zudem, dass die strengen Bankenregulierungen, die in den USA nach der Bankenkrise eingeführt wurden, durch das TTIP-Abkommen verwässert werden könnten.

Auch eine Klausel zum Verbot der Währungsmanipulation wurde abgelehnt. Vor allem mit Blick auf die asiatischen Staaten hatten einige Abgeordnete gefordert, dass die bewusste Abwertung von Währungen verboten werden sollte. Seit Jahren wird in den USA Kritik an der Währungspolitik asiatischer Staaten geübt. Der Vorwurf: die Regierungen wollen mit einer zu niedrig bewerteten Währung die eigenen Exporte auf Kosten der Konkurrenz ankurbeln.

US-Finanzminister Jack Lew hatte den Demokraten gedroht, ein solches Gesetz per Veto abzulehnen, sollte es durch den Senat kommen. „Ein Verbot für Währungsschwankungen würden unsere Verhandlungspartner nie unterschreiben“, sagte er.

Nach dem Senat müssen nun die Abgeordneten des Repräsentantenhauses entscheiden, ob sie Obama freie Hand für die Verhandlungen geben wollen. Der Republikaner Paul Ryan, Vorsitzender des einflussreichen Finanzausschusses, signalisierte Unterstützung seiner Partei. Aber Obama braucht auch dort einige Demokraten, die für ihn stimmen. Denn in der zweiten Kammer des Kongresses dürften die Republikaner nicht so geschlossen für die Überholspur stimmen wie im Senat. Sowohl Vertreter der Tea Party als auch Demokraten haben bereits Widerstand gegen das Gesetz angekündigt. Eine Entscheidung soll noch im Juni fallen.