TTIP

Teile und herrsche

Die USA verhandeln mit einer Stimme, die EU bündelt die Stimmen von 28 Regierungen. Die EU-Kommission befürchtet, dass die Amerikaner versuchen werden, Uneinigkeit unter den Europäern zu sähen, um ihre Verhandlungsposition zu schwächen.

von Justus von Daniels

spaltung

Am TTIP-Verhandlungstisch sitzen zwei ungleiche Partner. Hier die US-Handelsbehörde, die für Präsident Barack Obama spricht. Dort die EU-Kommission, die die Stimmen von 28 Regierungen bündelt, mit jeweils eigenen Interessen. Die EU-Kommission befürchtet, dass sich die amerikanischen Unterhändler bei dem Freihandelsabkommen diese Vielstimmigkeit zunutze machen könnten. Man dürfe „sich nicht auseinander dividieren lassen“, mahnte die Kommission in interner Runde, wie es in einem Bericht über das Treffen der Vertreter der EU-Regierungen mit der Kommission am 11. Juli 2014 heißt.

Die Brüsseler Beamten hatten erfahren, dass die Amerikaner einzelne EU-Regierungen bei bilateralen Treffen beeinflussen wollen. Es ging unter anderem um kommunale Aufgaben; ob Leistungen der Städte und Gemeinden künftig leichter privatisiert werden können. Bisher gab es Konsens, dass öffentliche Dienstleistungen bei TTIP weitgehend außen vor bleiben. Aber betrifft das auch kommunale Dienste, die durch neue Technologien möglich werden? Zum Beispiel wenn es möglich wird, die Pflege von Menschen künftig mit digitalen Technologien zu verbessern: Die USA wollen, dass solche Dienste sollen dem privaten Markt überlassen bleiben. Die EU stemmt sich dagegen — noch.

Bei einem Treffen am 06. Oktober 2014 wies die Kommission die Vertreter der europäischen Regierungen darauf hin, „dass es weiterhin individuelle Schritte von USA in Richtung einzelner Mitgliedstaaten gäbe. Darauf sollten die Mitgliedstaaten vorbereitet sein und sich in einem solchen Fall auch an die Kommission wenden.“ So hat es der Vertreter des Auswärtigen Amtes festgehalten.

Auch bei den Verhandlungen über Dienstleistungen warnt die EU-Kommission vor einer Spaltung der EU-Staaten durch die Amerikaner. Beim Zugang für Telekommunikationsfirmen oder für den Bau von Schiffen liegen beide Seiten noch weit auseinander. Die Kommission hatte beobachtet, „dass die USA auf einzelne Mitgliedstaaten zugehen würde, um sich über das schlechte EU- Angebot zu beklagen.“ So steht es in einem internen Gesprächsprotokoll, das ein deutscher Beamter am 09. Juli 2014 mitgeschrieben hatte. Zwei Tage später warnte ein Kommissionsbeamter, dass sich „die EU — auch bei direkten Kontakten in Washington — nicht auseinander dividieren lassen“ dürfe.

Brüssel sieht die Gefahr, dass sich die einzelnen Staaten zu sehr von den USA beeinflussen lassen könnten, wenn Regierungschefs europäischer Länder nach Washington reisen. Die EU-Kommission versucht, die Länder zusammen zu halten. So ist auch zu verstehen, dass sie im Oktober 2014 deutlich machte, „dass die EU gegenüber den USA mit einer Stimme sprechen müsste.“

 

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