Schutz regionaler Produkte (Geographische Herkunftsangaben)

Es gibt eine merkwürdige Tradition in Europa – zumindest aus amerikanischer Sicht. Und sie ist ein Streitpunkt, an dem TTIP scheitern könnte. In der EU werden regionale Produkte, die auf eine spezielle Weise hergestellt werden, besonders geschützt.

1. Worum geht es?

Schwarzwälder Schinken muss aus dem Schwarzwald kommen, Parmakäse aus der Region Parma, Feta aus Griechenland. Dafür vergibt die EU das Siegel „geschützte geographische Angabe.“ Ein Schinken, der schmeckt wie Schwarzwälder Schinken, aber aus Hannover kommt, darf nach dieser Regel nicht Schwarzwälder Schinken heißen. Schon gar nicht, wenn er aus Kentucky kommt. Grund dafür ist der Druck regionaler Hersteller gewesen. Die Bezeichnung der Herkunft soll anzeigen, dass das Produkt nach regional besonderen und teils streng kontrollierten Methoden hergestellt wird. Champagner kommt aus der Champagne, Tiroler Almkäse aus Tirol. Diesen speziellen Schutz gibt es nur in der EU. Die USA wollen das ändern.

2. Darüber wird gestritten

Die EU Kommission steht unter großem Druck. Denn die geographische Herkunftsangabe ist für viele Produzenten eine echte Währung. Sie haben ein Alleinstellungsmerkmal für Qualitätsprodukte, die teurer angeboten werden können. Sollte dieser Schutz wegfallen, könnte auch ein US-Konzern bayrisches Bier anbieten. In der EU kämpfen vor allem die südeuropäischen Länder für den Erhalt dieser Regelung: in Spanien für den Schutz von Oliven und Wein, in Italien für Wein und Parmaschinken, in Griechenland für den Feta. Auch in Deutschland gibt es großes Interesse am Erhalt dieser Tradition.

Die USA sehen diese Regelung als echtes Handelshemmnis. Und die sollen durch TTIP schließlich beseitigt werden. In den USA kann jeder Black Forest Ham produzieren oder Parmesan cheese verkaufen. Dort kann man sich den Namen als Marke schützen lassen (Trademark). Damit erreichen Produzenten das gleiche Ziel – die Alleinstellung. Allerdings gilt die Marke nur für Firmen, nicht für eine Region. Die USA wollen nun, dass diese europäische Besonderheit bei Lebensmitteln beseitigt wird.

3. Was sind die Befürchtungen?

Der Schutz geographischer Herkunft hat vor allem wirtschaftliche Gründe. Auch in der EU haben es nur bestimmte Regionen geschafft, diesen Schutz zu genießen. Sie mussten nachweisen, dass Produkte nach ganz bestimmten Methoden hergestellt werden. Natürlich könnte ein Schwarzwälder Schinken auch in Frankreich geräuchert werden. Für die Regionen ist dieser Schutz ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Sie fürchten Einbußen, wenn Fetakäse aus den USA kommen dürfte. Vor allem in Griechenland, Italien, Spanien und Süddeutschland.

Zudem besteht die Befürchtung, dass einheitliche Produktionsstandards verloren gehen. In den Regionen gelten bestimmte Qualitätsregeln. Wer Aachener Printen kauft, kann sich darauf verlassen, dass sie einer bestimmten Grundrezeptur entsprechen. Die Sorge besteht, dass künftig Lebensmittel unter Traditionsnamen verkauft werden, die gar nicht so schmecken, wie man es erwartet.

4. Sind die Befürchtungen begründet?

Für die Länder Südeuropas steht einiges auf dem Spiel. Sollte der Parmaschinken nicht mehr aus Parma kommen müssen, steht die Basis der dortigen Produktion auf dem Spiel. Die geographische Herkunftsangabe ist tatsächlich ein besonderer Schutz für bestimmte Wirtschaftsregionen. Die größten Nachteile würden die Länder Südeuropas haben.

5. Wie ist der Stand der Verhandlungen?

Der Konflikt wird offen ausgetragen. Die EU beharrt darauf, an dem Prinzip der Herkunftsangaben festzuhalten. Sie wäre höchstens bereit, über einzelne Regionen zu verhandeln.

Der US-Chefverhandler Michael Froman stellte seinerseits klar, dass er das System nicht in TTIP übernehmen will. Die USA arbeiten darauf hin, dass die EU ihre Linie aufgibt und akzeptiert, dass der Schutz bestimmter Produktnamen nur über den kommerziellen Markenschutz zu regeln ist.

Für einige EU-Mitgliedstaaten ist der Schutz der geographischen Herkunftszertifikate wesentlich dafür, ob sie für oder gegen TTIP stimmen werden. Noch gibt es keine Annäherung der Positionen.

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