Faktencheck

Spanien: Nein, diese Frau wurde nicht von der Polizei mit einem Taser angegriffen, nur weil sie keine Maske trug

Ein Video zeigt, wie ein Polizist eine Elektroschock-Pistole gegen eine Frau einsetzt. In Sozialen Netzwerken wird behauptet, es stamme aus Madrid und der Grund für den Einsatz sei gewesen, dass die Frau keine Maske getragen habe. Damit wird die Szene jedoch in einen falschen Kontext gesetzt.  

von Alice Echtermann

Video: Polizei setzt Taser gegen Frau ein
Dieses Video wird im Netz verbreitet – teilweise jedoch mit falschen Behauptungen, wie es zu der Szene kam. (Quelle: Telegram / Screenshot und Collage: CORRECTIV)
Behauptung
Die Polizei habe eine Frau in Madrid mit einem Taser angegriffen, weil sie aus gesundheitlichen Gründen keine Maske trug.
Bewertung
Falscher Kontext
Über diese Bewertung
Falscher Kontext. Die Frau randalierte Berichten zufolge in einem Behandlungszentrum. Der Vorfall fand nicht in Madrid statt, sondern in Sabadell in Katalonien. 

Ein Video aus Spanien verbreitet sich derzeit in Deutschland mit falschem Kontext. Es zeigt eine junge Frau, die auf dem Boden sitzt und schreit. Ein Polizist hatte mit einem Taser (Elektroschock-Pistole) auf sie geschossen. Zum Beispiel im Telegram-Kanal „Ken Jebsen – Aufklärung und Information“ und auf Facebook wird behauptet, der Vorfall habe sich in Madrid ereignet und der Grund für den Angriff auf die Frau sei gewesen, dass sie keine Maske getragen habe, weil sie gesundheitliche Probleme habe. Das stimmt nicht. 

Telegram-Beitrag mit Video
Der Beitrag in diesem Telegram-Kanal stellt das Video in einen falschen Kontext. Der Kanal ist nach Angaben von KenFM, dem Blog von Ken Jebsen, nicht autorisiert und inoffiziell. (Screenshot vom 1. Dezember: CORRECTIV)

Einem Bericht der spanischen Zeitung El Periodico zufolge fand der Vorfall am Mittwoch, 25. November, nicht in Madrid, sondern in Sabadell in der Region Katalonien statt. Die Frau habe demnach mit ihrer Mutter für eine psychiatrische Konsultation in ein öffentliches Behandlungszentrum gehen wollen. Als man ihr sagte, dass sie wegen der Covid-19-Regeln allein eintreten müsse, habe sich die 26-Jährige laut Polizeiangaben stark aufgeregt. Sie habe geschrien, eine Ärztin bedroht, einen Bildschirm heruntergeworfen, sich dem Gesicht der Sanitäter ohne Maske auf wenige Zentimeter genähert und versucht, sie zu schlagen.

Das Personal habe daher die Polizei zu Hilfe gerufen. Diese habe die Frau nach draußen gebracht und, weil sie sich weiter gewehrt habe, den Taser gegen sie eingesetzt. El Periodico zufolge will das Gesundheitszentrum die Frau nun verklagen – und die Frau wolle wiederum rechtlich gegen die Polizei vorgehen. 

Polizei: Dass die Frau keine Maske trug, war nicht der Grund für Taser-Einsatz

Auf Nachfrage bestätigte die Polizei von Katalonien (Mossos d’Esquadra) dies CORRECTIV per E-Mail. Der Grund für den Taser-Einsatz gegen die Frau sei nicht gewesen, dass sie keine Maske getragen habe, betonte ein Sprecher. Die Frau habe medizinisches Personal und auch die Polizei angegriffen und Sachschäden verursacht. 

Eine Ärztin und der Direktor des Gesundheitszentrums hätten Beschwerden gegen die Frau eingereicht, so der Sprecher weiter. Ob die Frau aus gesundheitlichen Gründen keine Maske getragen habe, wisse man nicht. 

CORRECTIV hat dazu auch bei dem Gesundheitszentrum in Sabadell nachgefragt, doch bisher keine Antwort erhalten. 

Antwort der Polizei Kataloniens
Die Antwort der Pressestelle der Mossos d’Esquadra, der Polizei von Katalonien, mit automatischer Übersetzung von Deepl. (Screenshot: CORRECTIV)

Der Vorfall und das Video lösten in Katalonien eine Debatte über den Einsatz von Tasern und Kritik aus. Die Polizei verteidigte laut Medienberichten den Einsatz mit der Begründung, die Frau sei aggressiv gewesen und andere Zwangsmaßnahmen wären für sie schädlicher gewesen.

Auch in ihrer E-Mail an CORRECTIV schrieb die Polizei, der Einsatz der Elektroschock-Pistole sei gemäß Protokoll „die beste Option“ gewesen. Die katalanische Menschenrechtsorganisation Iridia bezeichnete das Vorgehen gegen die Frau hingegen als unverhältnismäßig.

Redigatur: Sarah Thust, Till Eckert

Update, 8. Dezember: In der ersten Version dieses Artikels hatten wir geschrieben, die Behauptung stamme von dem Blogger Ken Jebsen. Wir haben das korrigiert. Der Telegram-Kanal „Ken Jebsen – Aufklärung und Information“ ist nach Angaben von KenFM inoffiziell. 

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Medienbericht über den Vorfall: El Periodico, 27. November 2020 (Link, Spanisch)
  • Tweet der Menschenrechtsorganisation Iridia, 27. November 2020 (Link, Spanisch)