Politik

Dieses Plakat aus Thüringen mit dem Spruch „Bis jedes Dorf eine Moschee hat“ ist eine Fälschung 

Auf Facebook und Twitter kursiert ein Foto, das angeblich ein Plakat der Ahmadiyya-Gemeinde in Thüringen zeigt. Bodo Ramelow und der Kommunalpolitiker Mohammad Suleman Malik aus Erfurt sind zu sehen. Darunter steht „Bis jedes Dorf eine Moschee hat“. Das Plakat wurde von Unbekannten erstellt, um Stimmung zu machen. 

von Alice Echtermann

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Dieses Plakat wurde offenbar in Erfurt aufgehängt. Es ist weder eine Aktion der Ahmadiyya-Gemeinde noch der Linken. (Screenshot und Collage: CORRECTIV)
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Größtenteils falsch. Das Plakat ist eine Fälschung. Es stammt nicht von der Ahmadiyya-Gemeinde oder den Linken in Thüringen.  

Unbekannte haben offenbar in Erfurt ein Plakat aufgehängt, auf dem der ehemalige Ministerpräsident Thüringens, Bodo Ramelow (Linke), mit Mohammad Suleman Malik (parteilos), einem stellvertretenden Ortsteilbürgermeister aus Erfurt, zu sehen ist. Darunter steht der Spruch „Bis jedes Dorf eine Moschee hat“ und „Ahmadiyya Thüringen“. Ein Foto des Plakats kursiert derzeit auf Facebook und Twitter. Es wurde CORRECTIV zudem von einer Leserin per E-Mail zugeschickt. 

Die Verbreiter verstehen das Plakat offenbar als Aktion der Ahmadiyya-Gemeinde, oder auch der Partei Die Linke. So schrieb Peter Weber von der Initiative „Hallo Meinung“ auf Twitter, die Linken würden eine Moschee in jedem Dorf fordern. Mohammad Suleman Malik und ein Sprecher der Linken in Thüringen sagten auf Nachfrage von CORRECTIV jedoch, es sei kein offizielles Plakat. 

Ein Tweet mit dem Foto des Plakats. (Screenshot: CORRECTIV)

Zum Hintergrund: Mohammad Suleman Malik setzt sich seit Jahren für einen Moschee-Neubau der Ahmadiyya-Gemeinde in Erfurt ein. Laut Medienberichten gab es gegen diesen Bau Widerstand und islamfeindliche Aktionen. Bodo Ramelow legte 2018 unter Polizeischutz den Grundstein. 

Ende Dezember 2019 berichtete Malik auf Twitter, er habe Aufkleber mit Sprüchen gegen die Moschee gefunden, und schrieb: „’Kein Moschee Neubau in Erfurt.’ Kleben Nazis an Laternen auf unserem Moscheegelände. Doch. Die Moschee wird stehen, dann wird eine weitere gebaut, und dann noch eine und dann noch viele weitere. Bis jedes Dorf eine Moschee hat! Nazis werden uns daran bestimmt nicht hindern.“

Der Tweet von Suleman Malik mit einem Video, in dem er einen Aufkleber mit einem Spruch gegen den Moschee-Neubau abreißt. (Screenshot: CORRECTIV)

Der Satz „Bis jedes Dorf eine Moschee hat“ ist also seine Reaktion auf den Widerstand gegen den Moschee-Neubau gewesen. Malik sagt uns am Telefon, er habe dazu bereits ein Statement verfasst. In einem Text, den er uns per E-Mail schickte, erklärt er: „Der Tweet und meine Reaktion ist als ‘jetzt erst recht!’ zu verstehen. Deutschland ist ein freies Land, ein Land, das religiösen Menschen Schutz bietet und bieten muss, weil es seine Pflicht ist. Unter diesem Schutz Moscheen zu bauen ist keine Straftat und schon gar nicht, wenn man Moscheen in jedem Dorf bauen will.“

Foto ist von 2017 und wurde ohne Erlaubnis verwendet

Das Foto von Malik und Ramelow stammt von Maliks eigenem Facebook-Profil. Auf Nachfrage schickte Malik uns einen Screenshot des Beitrags vom 2. Juli 2017 per E-Mail zu. Er habe Ramelow bei einem Interkulturellen Abendessen in der Staatskanzlei getroffen und ihm einen Koran geschenkt. Das Foto sei ohne seine Erlaubnis kopiert worden. 

Der Facebook-Beitrag von Malik, in dem er das Foto veröffentlichte. (Quelle: Suleman Malik. Screenshot: CORRECTIV)

Der Satz „Bis jedes Dorf eine Moschee hat“ ist also aus dem Kontext gerissen worden, ebenso wie das Foto. 

Antwort der Linken: Plakat wird genutzt, um zu hetzen

Auch die Linke in Thüringen bestätigt, dass es sich nicht um ein offizielles Plakat handelt. Pressesprecher Paul Becker teilt uns auf unsere Anfrage per E-Mail mit: „Das Foto ist uns bekannt und wurde am 2. Juli 2017 auf der Facebookseite von Herrn Suleman Malik veröffentlicht. Es ist im Rahmen eines interkulturellen Abendessens entstanden. Das Plakat selbst stammt nicht von DIE LINKE. Thüringen. Offenbar wird es in den sozialen Netzwerken genutzt, um gegen Suleman Malik und Bodo Ramelow zu hetzen.“

Auf Nachfrage teilte die Landespolizeidirektion Thüringen CORRECTIV per E-Mail mit, man kenne das Plakat bisher nur aus den Sozialen Netzwerken. Daher seien auch die Urheber unbekannt. „Da wahrscheinlich die Eigentümer der beklebten Flächen wohl kaum zur Plakatierung eine Erlaubnis gegeben haben, kommt hier jedoch eine Ordnungswidrigkeit in Betracht. Falls wir solche Plakate im Original befestigt vorfinden, wird dies geprüft.“

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