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CDU-Wahlsieg: Werden Maghreb-Staaten sicher?

Mit der Abwahl der rot-grünen Landesregierung in NRW und Schleswig-Holstein ändern sich die Sitze im Deutschen Bundesrat. Die CDU könnte die neue Sitzverteilung nutzen, doch noch vor der Bundestagswahl die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären.

von Marcus Bensmann

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Viel Zeit bleibt für die CDU nicht mehr: Die letzte Möglichkeit, dass der Bundesrat noch vor der Bundestagswahl das Gesetz zur Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer für Flüchtlinge ändern könnte, ist die Sitzung am 7. Juli. Trotz der neuen Mehrheiten, die sich durch die Regierungswechsel in den Landesparlamenten von Kiel und Düsseldorf ergeben werden, müsste noch eine Landesregierung dem Gesetz zustimmen, an der auch die Grünen beteiligt sind. Bisher hatte sich die Partei dagegen ausgesprochen.

Sollte das Gesetz zu den Maghreb-Staaten in Kraft treten, würden die Asylanträge aus diesen Ländern erst einmal als unbegründet gelten. Die Chancen auf eine Asyl-Anerkennung wären gering, denn der Flüchtling müsste beweisen, dass er individuell verfolgt wird. Das Asylverfahren würde verkürzt und die Menschen könnten schneller abgeschoben werden.

Schnellere Ablehnung, schnellere Abschiebung?

Die Befürworter des Gesetzes argumentieren damit, dass die Anerkennungsquote für Asylsuchende aus diesen Ländern schon jetzt gering und die Kriminalitätsrate hoch sei. Die Gegner verweisen darauf, dass es aus den Ländern glaubwürdige Berichte über Einzelfälle von Folter in der Polizeihaft und unmenschliche Behandlungen in den Haftanstalten gebe.

Der Bundestag hatte mit den Stimmen der SPD und CDU das Gesetz zur Änderung der Einstufung 2016 auf den Weg gebracht. Doch die notwendige Zustimmung der Länder im Bundesrat blieb bisher aus. Alle Landesregierungen, an denen die Grünen beteiligt sind –  ausgenommen Baden-Württemberg – lehnten das Gesetz ab. Zuletzt auf der Bundesratssitzung am 10. März. Die Situation könnte sich jetzt allerdings ändern.

Die Annahme des Gesetzes ist eine zentrale Forderung der CDU in NRW und in Schleswig-Holstein. Die Landtagsfraktion der CDU in Düsseldorf verurteilte noch im Januar diesen Jahres, dass „Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen“ die Maghreb-Staaten nicht zu sicheren Herkunftsländern erklären wollte und verknüpfte dieses mit den Ereignissen in der Silvesternacht 2016 in Köln.  

Die Zusammensetzung des Bundestages

C/0 Webseite des Bundesrates

In der Erklärung heißt es weiter, der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg Winfried Kretschmann habe seine Zustimmung zu dem Gesetz im Bundesrat signalisiert. Die CDU-Landtagsfraktion wundert sich, warum die NRW-Landesmutter Hannelore Kraft im Bundesrat weiter das Gesetz blockiere.

FDP findet die Maghreb-Staaten sicher

Auf Nachfrage teilte eine Sprecherin mit, dass sich die CDU NRW zu Beginn der Koalitionsverhandlungen noch nicht öffentlich zu ihrer Strategie in der Frage der Maghreb-Staaten positionieren wolle. Die FDP in NRW und Schleswig-Holstein dürfte mit der Zustimmung zu dem Gesetz im Bundesrat jedoch kein Problem haben. „Die Freien Demokraten haben sich wiederholt dafür ausgesprochen und die Blockadehaltung der Grünen kritisiert“, sagt ein Sprecher der FDP in Berlin. Die Ablehnung des Gesetzes durch die Grünen im „Bundestag stärkt die Populisten“, erklärte die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer.

Im Schleswig-Holsteiner Wahlkampf positionierte sich die CDU eindeutig für die Anerkennung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer. Die CDU sei für die Annahme des Gesetzes, sagt Dirk Hundertmark, Sprecher der CDU in Kiel, aber „wir führen keine Koalitionsverhandlungen über die Presse“.

Knackpunkt für Jamaika in Kiel

Nur wenn es in in Schleswig-Holstein zu einer großen Koalition käme, wäre eine Zustimmung im Bundesrat sicher. Aber zur Zeit befindet sich die dortige CDU in Sondierungsgesprächen mit der FDP und den Grünen. Die Sprecherin der Grünen in Schleswig-Holstein sagt: „In dieser Frage haben wir eine andere Position als die CDU.“ Der Spitzenkandidat der Grünen und jetzige Umweltminister Robert Habeck lehnte bisher die Annahme des Gesetzes ab. Im Februar 2017 sagte Habeck gegenüber der dpa, „die Maghreb-Staaten sind nicht sicher“. Mit dieser Einstufung würden keine Probleme gelöst, sondern nur kaschiert.

Sollten die neuen von der CDU geführten Landesregierungen in Kiel und Düsseldorf eine Zustimmung für das Gesetz im Bundesrat erreichen, so kämen sie auf 32 Stimmen. Für die Annahme des Gesetzes im Bundesrat würden dann immer noch drei weitere fehlen.

Eine Landesregierung, an der die Grünen beteiligt sind, müsste noch einknicken und ihren Standpunkt zu den Maghreb-Staaten ändern.

Es ist die Frage, inwieweit die Grünen vor allem nach der krachenden Niederlage in Düsseldorf bei der Ablehnung bleiben. Der Druck dürfte bundesweit steigen.