Faktencheck

Entwarnung: Kein Grund zur Sorge beim Milchverzehr

Laut „Zentrum der Gesundheit” begünstigt der Verzehr von Milch eine Vielzahl von Krankheiten. Auch der YouTuber Unge warnt vor Milch. Doch ist Milch tatsächlich ein gefährliches Lebensmittel? Wir haben recherchiert – und können Entwarnung geben.

von Caroline Schmüser

„Verursacht Milch tatsächlich Krankenheiten?", fragt das Internetportal „Zentrum der Gesundheit. Laut Max-Rubner-Institut ist Milch nach jetzigem wissenschaftlichen Stand unbedenklich.

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„Zentrum der Gesundheit” stellt Studien vor, deren Hypothesen laut dem Max-Rubner-Institut nicht bestätigt werden können. Die Aussagen von „Zentrum der Gesundheit“ stützen sich daher auf Vermutungen einzelner Forscher, nicht auf endgültige Beweise.

Am 20.02.2018 veröffentlichte die Website „Zentrum der Gesundheit“ einen Artikel mit dem Titel: „Verursacht Milch tatsächlich Krankheiten?“

Laut „Zentrum der Gesundheit“ mehren sich die wissenschaftlichen Beweise für die Schädlichkeit der Kuhmilch. Der Verzehr von Milch erhöhe das Krebsrisiko und verursache bei Kindern Asthma, Atemwegsinfekte und Mittelohrentzündungen. Milchverzehr würde außerdem das Knochenbruchrisiko sowie das Sterberisiko erhöhen.

„Zentrum der Gesundheit“ bezeichnet sich selbst als „unabhängiges Internetportal“ für „unzensierte Informationen aus den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Naturheilkunde“. Die Verbraucherzentrale Hamburg warnte jedoch vor der Website: So würden „einseitig aufbereitete redaktionelle Inhalte“ als „Aufhänger für den Produktverkauf“ des angeschlossenen Shops dienen.

Wir haben beim Max-Rubner-Institut (MRI) angefragt, um mehr über den gesundheitlichen Wert von Milch zu erfahren. Das MRI ist das Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel mit Schwerpunkt im gesundheitlichen Verbraucherschutz.

Dieses sendete uns zwei relevante, aktuelle Metastudien aus den Jahren 2014 und 2018 zur gesundheitlichen Bewertung von Milch zu. Wir haben uns diese genauer angeschaut – und können Verbraucher beruhigen.

Milch kann das Krebsrisiko beeinflussen

Milch kann das Krebsrisiko tatsächlich beeinflussen – sowohl positiv als auch negativ.

Aus dem Ernährungsbericht der „Deutschen Gesellschaft für Ernährung“ (DGE) sowie der Bewertung des „World Cancer Research Funds“ (WCRF) geht hervor:

Vermehrter Milchkonsum kann das Risiko von Brustkrebs und Darmkrebs senken.

Gleichzeitig kann vermehrter Milchkonsum das Risiko für Prostatakrebs erhöhen.

Für Frauen heißt das, dass der reguläre Verzehr von Milch und Milchprodukten ein Beitrag zur Prävention von Krebs sein kann.

Für Männer sei die Höhe des Verzehrs von Milch zu beachten. Ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Prostatakrebs zeigte sich bei einem sehr hohen Verzehr (mehr als 1,2 Liter Milch oder 140 Gramm Hartkäse pro Tag).

Milch hat keinen Einfluss auf Atemwegserkrankungen

Laut MRI-Metastudie gibt es keine Hinweise dafür, dass Milchverzehr mit einer Beeinträchtigung der Atemwege einhergeht.

Nur in wenigen Einzelfällen zeigten Kuhmilch-Allergiker nach dem Verzehr von Milch Asthma-artige Symptome

Milch schadet nicht den Knochen

Das MRI bezeichnet die Behauptungen, Milchverzehr erhöhe das Knochenbruchrisiko und begünstige die Krankheit Osteoporose (Knochenschwund), als „Mythos“.

Wissenschaftliche Studien konnten nicht belegen, dass es einen Zusammenhang zwischen Milchkonsum und Knochenbrüchen oder Osteoporose gibt – zu viele einzelne Faktoren würde das Knochenbruchrisiko bei einer Person beeinflussen. Eine allgemeingültige Aussage zu treffen, sei deshalb schwierig.

Die Mineralstoffe der Milch, insbesondere Kalzium, fördern hingegen die Knochengesundheit. Milchproteine können Knochenmineraldichte und Knochenstärke positiv beeinflussen.

MRI-Metastudie äußert sich nicht zum Sterberisiko

Die Behauptung, mit zunehmendem Milchverzehr erhöhe sich das Sterberisiko, entnimmt „Zentrum der Gesundheit“ einer Studie von Karl Michaëlsson von der schwedischen Universität Uppsala.

Die MRI-Metastudie macht keine Aussagen zu einem höheren Sterberisiko wegen dem Verzehr von Milch. Bernhard Watzl vom MRI teilte uns mit, dass die Studie von Michaëlsson nichts an der MRI-Bewertung von Milch ändern würde.

Wir haben Michaëlsson gefragt, wie er die Ergebnisse seiner Studie einschätzt. In einer Email schrieb er: „Unsere Studie ist nur ein Stück in einem großen, wissenschaftlichem Puzzle zu den gesundheitlichen Effekten von Milchkonsum, und wir benötigen definitiv mehr Puzzlestücke, bevor wir sichere Aussagen treffen können. Eine einzelne Studie sollte nie genutzt werden, um Empfehlungen auszusprechen.“

MRI: Milch-Verzehr ist unbedenklich

Abschließend heißt es in der MRI-Metastudie: Der übliche Verzehr von Milch und Milchprodukten sei entweder neutral in Bezug auf das Risiko für verschiedene Krankheiten, oder könne sich sogar positiv auf die Gesundheit auswirken. Lediglich für Prostatakrebs ginge ein sehr hoher Verzehr (mehr als 1,2 Liter Milch pro Tag) mit einem erhöhten Risiko einher.

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