Nein, dieses Foto zeigt keine brennende „Rothschild-Bank“ in Paris
Ein Foto kursiert seit mehr als einem Jahr in den Sozialen Netzwerken: Es zeige angeblich eine brennende „Rothschild-Bank“ in Paris. Doch das stimmt nicht, das Bild zeigt die Banque Tarneaud, die im März 2019 in Brand gesetzt wurde.
„Die Rothschild Bank in Paris stand in Flammen“, heißt es derzeit wieder in mehreren Beiträgen in den Sozialen Netzwerken. Verbreitet wird diese Behauptung seit Jahren immer wieder mit unterschiedlichen Fotos und Videos. Das Ende Januar erneut aufgetauchte Foto zeigt zwei zersprungene Fenster, links davon eine fehlende Tür, in und vor dem Gebäude brennt es.
Das Foto zeigt aber keine „Rothschild-Bank“, sondern eine Filiale der Banque Tarneaud in Paris am 16. März 2019, wie unsere Recherchen ergaben.
Die Recherche führt zu einem Brand im März 2019
Eine Bilderrückwärtssuche auf Google führt zu mehreren Beiträgen in Sozialen Netzwerken, in denen Foto des brennenden Gebäudes auftauchen – teils bereits aus dem Jahr 2019. Bei einer Google-Suche nach den Begriffen „banque feu paris 2019“ finden wir auch einen Medienbericht über Gelbwesten-Proteste, in dem dieses Twitter-Video vom 16. März 2019 zu sehen ist: Es zeigt dasselbe brennende Gebäude.
In der Aufnahme sind mehrere Details zu sehen, die auch in dem aktuell verbreiteten Foto zu erkennen sind: die zwei zerbrochenen Fenster, wobei das rechte abgedeckt ist, die fehlende Tür, die markante Maserung der Außenwand, ein Schild links neben den zwei Fenstern mit einem Stern und die Ampel davor.
In einem andern Bericht vom französischen Nachrichtenmagazin L’Express vom 16. März 2019 ist zudem exakt das aktuell verbreitete Foto zu sehen. Laut Bildunterschrift fand der Brand im Rahmen der Gelbwesten-Proteste in einer Bank an der Ecke Rue du Colisée und Avenue Franklin Roosevelt in Paris statt. Der Name der Bank wird nicht genannt.
Das Foto zeigt eine ehemalige Filiale der Banque Tarneaud in Paris
Fotos von dem Brand finden wir auch in der Bilddatenbank Shutterstock. In den Bildbeschreibungen heißt es, es handle sich um eine Filiale der Banque Tarneaud, die während der Gelbwesten-Proteste in Brand geraten sei. Die Bilder vom 16. März 2019 zeigen die Löscharbeiten der Feuerwehr. Auf den Fotos ist auch zu erkennen, dass auf dem Schild links neben den beiden Fenstern der Name der Bank steht, auch der blaue Stern ist zu erkennen – das Logo der Bank.
Aufnahmen von Google Streetview zeigen die Straßenecke vor und nach dem Brand (Anmerkung: Das Datum lässt sich oben links einstellen): Dort ist in einer Aufnahme von April 2018 eine Filiale der Banque Tarneaud zu sehen, im April 2019 dagegen verrußte und verbarrikadierte Fenster.
Eine Aufnahme vom Juli 2020 zeigt, dass das Geschäft offenbar bis heute leer steht. Vom Namensschild an der Tür ist nur noch der Umriss zu erkennen. Die Banque Tarneaud sitzt in Paris aktuell in der 30 Rue la Boétie. Dorthin zog die Bank laut einer Pressemitteilung vom 28. Mai 2020 nach dem Brand im September 2019.
Keine Belege, dass der Name Rothschild in Verbindung mit der Banque Tarneaud stünde
Der Name „Rothschild“ steht nirgendwo auf der Internetseite der Bank, die 1809 von Jean-Baptiste Tarneaud gegründet wurde. Auch eine Internetrecherche zeigt keine Ergebnisse für einen Zusammenhang zwischen der Bank Tarneaud und dem Namen Rothschild. Zudem ist auf den Bildern von 2019, die wir gefunden haben, das blaue Logo der Banque Tarneaud neben den Fenstern zu erkennen – ein blauer Stern.
Es gibt zwei Unternehmen im Bankwesen mit diesem Namen, die in Frankreich tätig sind: die Finanzholding Rothschild & Co und die im Anlagenmanagement tätige Edmond de Rothschild Asset Management. Auf den Webseiten der beiden Unternehmen ist nirgends der Name „Tarneaud“ erwähnt.
Warum wird der Name Rothschild in den Beiträgen betont?
Obwohl es keine Belege für Verbindungen zum Namen Rothschild gibt, taucht er immer wieder in den Beiträgen in Sozialen Netzwerken in Verbindung mit dem Brand auf.
Laut Medienberichten wird die jüdische Bankiersfamilie Rothschild oft Gegenstand von Verschwörungsmythen, in denen über eine geheime Machtelite spekuliert wird. Solche Texte und Behauptungen nähren die antisemitische Vorstellung, dass eine jüdische Elite das weltweite Finanzwesen kontrolliere.
Antisemitische Verschwörungsmythen waren laut der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit „wesentlicher Bestandteil der Rassenpolitik der Nationalsozialisten, die in der Vernichtung der europäischen Juden endete“.
Redigatur: Uschi Jonas, Till Eckert