Klimawandel

Auto-Republik Deutschland

Diesel-Desaster, SUV-Boom, neue Autobahnen, Steuergeschenke für Diesel und über 100 Treffen von Autolobbyisten mit Spitzenpolitikern. Alles Gründe, warum die Emissionen im Verkehr unter Schwarz-Rot weiter gestiegen sind. Eine Chronologie von vier verlorenen Jahren.

von Susanne Götze , Susanne Schwarz , Friederike Meier

Gute Jahre für die Autolobby — schlechte Jahre für das Klima: Deutsche fahren soviel PKW wie nie zuvor© Autobahn von Michael Förtsch // Zufallsfaktor unter Lizenz CC BY-NC 2.0

Diese Pendlerstrecke steht in keinem Fahrplan. Von Stuttgart führt sie ohne Halt ins politische Berlin. Manchmal beginnt sie auch in München oder im hessischen Rüsselsheim. Joachim Koschnicke kennt die Strecke gut. Er hat die Verbindung mehrfach genutzt, hin und zurück. Wir schreiben den 22. April 2017: Wahlkampfauftakt in der CDU-Parteizentrale. Noch ein paar Tage zuvor war es Koschnickes Job, als Cheflobbyist von Opel den Berliner Politikern die Interessen des Autobauers einzuflüstern. Jetzt braucht er keinen Termin mehr für das Konrad-Adenauer-Haus – er arbeitet dort als Chefstratege für den Wahlkampf. Auch zwischen 1999 und 2005 hatte Koschnicke schon auf der Gehaltsliste der CDU-Zentrale gestanden. Den regen Austausch zwischen Autoindustrie und Bundespolitik haben Verkehrsexperten in Ministerien und NGOs nach dem Bundesland benannt, aus dem die meisten Auto-Lobbyisten kommen: „Baden-Württemberg-Connection“.

Die Bundesregierung hat sich 2013 das Ziel gesetzt, bis 2020 rund 40 Prozent der deutschen Emissionen im Vergleich zu 1990 einzusparen. Das Ziel kann die Regierung nicht mehr erreichen: sie müsste in den nächsten drei Jahren noch 160 Tonnen jährliche Emissionen einsparen. Das ist das Vierfache dessen, was in den letzten Jahren geschafft wurde.

CORRECTIV und das Umweltmagazin klimaretter.info beschreiben in dieser Serie die klaffende Lücke zwischen dem Klimaschutz der Bundesregierung und dem, was für das Erreichen der Ziele tatsächlich hätte passieren müssen. Die Bundesregierung schaffte es 2013 nicht, verbindlich festzulegen, welche Branche welchen Beitrag leisten sollte. Die Serie schlüsselt daher auf, was in den vier klimaschädlichsten Bereichen: Verkehr, Energie, Landwirtschaft und Gebäude hätte passieren müssen.

In keiner Branche ist die Bilanz so schlecht wie beim Verkehr. Das Wirken der „Baden-Württemberg-Connection“ spiegelt sich in einer Zahl wider: In den vergangenen vier Jahren kletterten die CO2-Emissionen im Verkehr von knapp 160 Millionen auf 166 Millionen Tonnen. In allen anderen Sektoren sind die Klimagas-Emissionen in dieser Zeit gesunken oder gleich geblieben. Eine verheerende Bilanz.

Doch wenn es um Entscheidungen über CO2-Grenzwerte, Förderprogramme oder Straßenplanung geht, müssen Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorher erst „München und Stuttgart“ fragen, heißt es bei Insidern. In den beiden Städten sitzen die großen Autobauer Deutschlands: BMW, Daimler, Porsche – und nicht zuletzt der Autofahrer-Club ADAC. Die „Pendlerstrecke“ von Berlin nach Süddeutschland war in den vergangenen vier Jahren stark befahren: In dieser Zeit zählte der Verein Lobbycontrol weit mehr als 100 Treffen von hohen Regierungsvertretern mit der Autolobby. Allein der Verband der Automobilindustrie sprach etwa 87 Mal mit hochrangigen Regierungsvertretern und reichte an die 60 „Positionspapiere“ und „Stellungnahmen“ ein.

Für die Autolobby waren es vier gute Jahre.Von 2013 bis 2015 verlängerte sich die Strecke, die alle Autos in Deutschland zurücklegten, von 715 auf 752 Milliarden Kilometer pro Jahr. Der Trend bei den Neuzulassungen zeigt, dass immer weniger Kleinwagen gekauft werden – stattdessen werden spritfressende Geländewagen immer beliebter: Ihr Anteil stieg in dieser Zeit von acht auf zwölf Prozent. Fast alle werden fossil angetrieben: Seit dem Antritt der Großen Koalition fahren rund 2,3 Millionen Pkw mit Verbrennungsmotoren zusätzlich auf deutschen Straßen. Elektroautos gab es erst 40.000 und 2016 sanken die Zulassungen sogar – trotz Kaufprämie. Wäre es nach Verkehrsminister Dobrindt gegangen, hätte es die Prämie allerdings gar nicht gegeben. Staatliche Förderungen für Klimaschutz lehnt er ab. Sich mit der Autolobby anzulegen ebenfalls.

Die Rettung des Verbrennungsmotors

Das zeigte sich im April 2016: Zum „Autogipfel“ zwischen Bundeskanzlerin Merkel, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Verkehrsminister Dobrindt kommen Vertreter der großen Autohersteller VW, BMW, Daimler und Matthias Wissmann, Chef des Branchenverbands VDA, ins Berliner Kanzleramt. Die Bundesregierung braucht die Zustimmung der Autoindustrie für das „Regierungsprogramm Elektromobilität“. Bis zuletzt kämpft Dobrindt an der Seite der Autokonzerne gegen die E-Auto-Förderung. Dann kommt sie doch – aber entpuppt sich schnell als Flop: In gut sechs Monaten nach Einführung gehen nur 9.000 Anträge ein. Von einer „technologischen Spitzenstellung“ – wie es im Regierungsprogramm heißt – kann nicht die Rede sein. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bezweifelt, dass sich die Marke „Made in Germany“ so auf dem Elektroauto-Weltmarkt etablieren wird. Zum Vergleich: Während es in Deutschland nur maximal 4.000 Euro Zuschuss pro Autokauf gibt, belohnt Frankreich seine Dieselfahrer mit 10.000 Euro, wenn diese auf Elektroantrieb umsteigen.

Sechs Monate später sind die Autobauer wieder in Alarmbereitschaft: China kündigt eine verbindliche Elektroauto-Quoten von acht Prozent ab dem Jahr 2018 an. Die Konzernchefs greifen zum roten Telefon. Besonders erfolgreich ist Hubertus Troska vom Daimler-Vorstand. Er darf Gabriel auf seiner nächsten Chinareise begleiten. Wenige Monate später bricht Gabriel – mittlerweile Außenminister – zu einer weiteren Reise nach Peking auf, um die Chinesen zu überzeugen, die Quote zu entschärfen. Und tatsächlich: Gabriel ringt der chinesischen Regierung das Versprechen ab, die deutschen Hersteller mit Samthandschuhen anzufassen – was China wenige Wochen später jedoch wieder relativiert. Nahezu zeitgleich verkündet Bundeskanzlerin Merkel auf einem Kongress des CDU-Arbeitnehmerflügels fast beiläufig, dass das Regierungsziel von einer Million E-Autos bis 2020 nicht mehr zu schaffen sei.

Umweltministerin Hendricks kann nur ohnmächtig zuschauen, wie Merkel, Dobrindt und Gabriel über ihren Kopf hinweg die Verkehrswende ausbremsen. „Wir dürfen diese Chancen nicht verspielen“, warnt Hendricks beim „Petersberger Klimadialog“ im Mai 2017, Seite an Seite mit dem chinesischen Klimabeauftragten, „sonst werden wir das noch bereuen.“ Sie fordert eine E-Auto-Quote à la China. Doch ihre Rufe bleiben ungehört.

Bus und Bahn, Fahrrad: Fehlanzeige

Dabei könnten mehr Elektroautos dem Klima richtig viel bringen: Zurzeit emittieren die Pkws in Deutschland laut Zahlen des Öko-Instituts rund 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Würde man alle Pkws durch Elektroautos ersetzen, könnte man diese 100 Millionen Tonnen vollständig einsparen und damit die deutschen Verkehrsemissionen gegenüber 1990 um 60 Prozent senken. Natürlich nur, wenn der Strom komplett aus Erneuerbaren kommt. Doch allen guten Argumenten zum Trotz: Die „Baden-Württemberg-Connection“ hält fest an ihrem Kernelement: dem Verbrennungsmotor. Und die Politik hilft ihr dabei.

Januar 2016: Werner Reh raucht der Kopf. Der 63-jährige Verkehrsexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) sitzt vor einem riesigen Papierberg, seine Mailbox ist voll und sein Kalender platzt aus allen Nähten: Nur noch bis zum März können Verbände ihre Stellungnahmen zum neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) einreichen – das ist ihre einzige Chance, die nächsten 13 Jahre deutsche Infrastrukturpolitik mitzugestalten. Für den Umweltverband geht es um viel: Alternativen zum Autobahn-Neubau finden, öffentlichen Verkehr stärken, Ortsumfahrungen prüfen.

Elf Monate später tritt in der Berliner Invalidenstraße ein strahlender Alexander Dobrindt vor die Presse und verkündet: „Die Autobahnen sind das Rückgrat unserer Mobilität.“ Tatsächlich fließt die Hälfte der 270 Milliarden Euro des „größten Investitionsprogramms, das es je gegeben hat“ in den Neu- und Ausbau von Straßen. „Mit dem Ausbau der Fernstraßen bekämpfen wir die Stau-Republik und sparen CO2“, behauptet Dobrindt. Fast im gleichen Wortlaut twittert der VDA noch am selben Tag: „BVWP setzt richtige Akzente. Erhalt, Engpassbeseitigung und Brückenbau machen Verkehr flüssiger und sicherer. Dadurch weniger Staus und Co2.“

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Autofabrik von Porsche: In Deutschland haben CO2-Schleudern Vorfahrt

Thomas Kienzle / AFP

Kein Alternativprojekt kommt durch

Werner Reh hingegen hat immer noch keine Post vom Verkehrsminister bekommen. Außer einer Eingangsbestätigung für seine Anmerkungen. Darin versprach das Ministerium, seine Vorschläge „gemäß dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung“ zu studieren. Doch keines der über 100 eingereichten Alternativprojekte zum Ausbau von Autobahnen oder Bundesstraßen fand im Verkehrswegeplan Erwähnung. Monatelange Diskussionen mit Bürgern, Gutachtern, Land- und Stadträten waren umsonst. Die 300 Seiten vom BUND verstauben nun in Dobrindts Ministerium.

Dafür ist im ADAC-Hauptquartier in München gute Stimmung. Der Beteiligungsprozess sei „zufriedenstellend“ verlaufen, heißt es aus der Pressestelle. Man sei „regelmäßig informiert und angehört“ worden. Der Verband der Autofahrer hatte fast 130 neue Autobahnstrecken und -erweiterungen als vordringlich empfohlen. So gut wie alle stehen nun im Bundesverkehrswegeplan.

Diese Politik hat ihren Preis: Der Bundesverkehrswegeplan verfehlt laut Umweltbundesamt elf der zwölf im eigenen Umweltbericht gesetzten Ziele. Die deutsche Autolobby hat sich wieder einmal durchgesetzt.

Abgasskandal: Der Totalschaden

Juni 2017: Herbert Behrens könnte erleichtert sein. Der Abgeordnete von der Linksfraktion hat monatelang den Untersuchungsausschuss des Bundestags zum Abgasskandal geleitet. Just als der seine Arbeit abschließt, gibt Verkehrsminister Dobrindt neue Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts bekannt: Nur zwei Automodelle stoßen mehr Kohlendioxid aus, als sie sollten. Und diese beiden werden ohnehin nicht mehr produziert. Will sagen: Anders als bei den Angaben zu Stickoxiden haben die Autohersteller bei der Messung der klimaschädlichen Treibhausgase nicht systematisch betrogen.

Herbert Behrens ist aber nicht erleichtert, sondern fassungslos. „Der Verkehrsminister ist der Schutzpatron der Autoindustrie und eine Gefahr für Klima und Verbraucher“, sagt er. Beim Testen verschiedener Autos hat das Kraftfahrt-Bundesamt Spielräume bis in den Graubereich ausgenutzt: Die Testfahrzeuge wurden schon Stunden vorher auf die perfekte Temperatur gebracht, der Fahrstil der Tester war extra schonend, Klimaanlagen und andere CO2-Quellen abgesehen vom Motor wurden ausgeschaltet. Alles erlaubt, sagt Dobrindt. Ob das überhaupt stimmt, ist nicht ganz klar.

Auf jeden Fall: Wie viel CO2 die getesteten Autos wirklich auf der Straße ausstoßen, weiß nach dem neuen Bericht immer noch niemand. War wieder die Baden-Württemberg-Connection aktiv? So weit hergeholt ist das nicht. Auf dem VDA-Jahreskongress 2016 hatte Dobrindt angekündigt, er werde bei der „Aufarbeitung der Manipulationen“ nicht die Konfrontation suchen, sondern mit den Herstellern „zusammenarbeiten“.

Zu diesem Zeitpunkt wissen weder der Verkehrsminister noch sein Kritiker Behrens, dass es zwei Monate später neue Vorwürfe geben wird, schwere Vorwürfe. Dobrindts Kraftfahrt-Bundesamt soll Untersuchungsberichte geschönt haben – zugunsten von Autokonzernen. Der Verkehrsminister als oberster Chef des KBA gerät erstmals persönlich ins Visier der Ermittlungen.

Luftverkehr: Dobrindt hebt ab

Mai 2017: Stefan Schulte hat das neue Luftverkehrskonzept aus dem Bundesverkehrsministerium auf den Tisch bekommen. Während Umweltverbände und Opposition das Papier in der Luft zerreißen, spricht der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft von einem „guten Signal für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftfahrt“.

Kein Wunder, schließlich wünscht sich der Verkehrsminister noch mehr Luftverkehr: „Fliegernationen sind Wohlstandsnationen.“ Dobrindt will Fluggesellschaften entlasten, etwa die Senkung oder gar Abschaffung der Luftverkehrssteuer prüfen. Für Flughäfen wünscht er sich „Kapazitätserweiterungen, gute Verkehrsanbindungen und bedarfsgerechte Betriebszeiten“.

28 Milliarden gegen die Verkehrswende

Das Steuergeschenk für die Luftfahrtunternehmen wäre keine Ausnahme: Insgesamt subventioniert der Staat die fossilen Verkehrsmittel mit 28 Milliarden Euro pro Jahr.  Das ist laut Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) mehr als die Hälfte der Steuerbegünstigungen und Subventionen für sämtliche fossilen Energieträger in Deutschland. Darunter sind bereits eine Steuerbefreiung für Kerosin und eine Steuerbegünstigung für Diesel. Dem gegenüber stehen die jungen Förderpflänzchen wie das Ladesäulenprogramm für Elektroautos, das mit 300 Millionen ausgestattet ist – nicht einmal vier Prozent der Summe, die dem Staat pro Jahr durch die Steuervergünstigung beim Diesel in Höhe von acht Milliarden jährlich entgeht.

Juli 2017: Es heißt, Verkehrsminister Alexander Dobrindt wolle nach den Bundestagswahlen in die Wirtschaft wechseln. Dann würde er auch auf dem Papier für die Interessen arbeiten, die er als Politiker schon vertreten hat.


Wichtige Autolobbyisten

Joachim Koschnicke:
Opel-Lobbyist wird Wahlkampfmanager

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Joachim Koschnicke

Opel

Im Abgasskandal hatte er noch versucht, den Schaden für den Autobauer Opel zu begrenzen, nun soll er für einen erfolgreichen Wahlkampf der CDU sorgen: Joachim Koschnicke, von 2013 bis 2017 Cheflobbyist bei Opel, ist seit April dieses Jahres Wahlkampfmanager der Partei.

Noch im Mai 2016 hatte Koschnicke als Lobbyist mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) über den Abgas-Skandal gesprochen. Laut Recherchen des Spiegel mit Erfolg: Koschnicke setzte sich dafür ein, dass das neue Modell des Opel Zafira trotz einer fragwürdigen Abschalteinrichtung vom Kraftfahrt-Bundesamt zugelassen wurde. Dabei habe er von seinen guten Kontakten in die Union profitiert.

Denn vor seinem Lobbyjob bei Opel war Koschnicke schon einmal in der CDU-Zentrale angestellt: Von 2005 bis 2011 arbeitete er in der Strategieabteilung des Konrad-Adenauer-Hauses.

Holger Krahmer:
Autonarr und Klimaskeptiker

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Holger Krahmer

Holger Krahmer

Zehn Jahre saß der FDP-Politiker Holger Krahmer im EU-Parlament, bis ihn lukrativere Angebote in die Wirtschaft lockten. Heute ist er laut der Karriere-Plattform LinkedIn „Director Government & Industry Relations Europe bei Opel Automobile“.

Als Mitglied des Umweltausschusses beschäftigte sich Krahmer mit Berichten über die Autoindustrie und war sogar Berichterstatter für die Reduzierung von CO2-Emissionen. Zudem war er Mitglied des nichtständigen Ausschusses zum Klimawandel.

Im Jahr 2010 outete sich Krahmer als Klimawandelleugner, als er eine Broschüre der FDP im Europäischen Parlament herausbrachte: „Unbequeme Wahrheiten über die Klimapolitik und ihre wissenschaftlichen Grundlagen“. Darin schrieb er über gescheiterte Klimakonferenz von Kopenhagen: „Das Ende der Klimahysterie ist eingeläutet.“

Was genau der ehemalige FDP-Politiker heute bei Opel tut, ist nicht bekannt. Öffentlich geworden ist aber, dass Opel im Namen von General Motors allein im Jahr 2014 bis zu einer Million Euro ausgab, um die EU-Kommission und das Europäische Parlament von seinen Ansichten zu überzeugen, fand die lobbykritische Organisation Corporate Europe Observatory heraus.

Eckart von Klaeden:
Gestern Kanzleramt, heute Daimler

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Eckart von Klaeden

CDU / CSU Bundestagsfraktion

Die Bewerbungsgespräche für seinen neuen Job hat der Jurist Eckart von Klaeden offenbar ganz bequem in den Arbeitsalltag des alten integriert: Zwischen 2010 und Mai 2013 traf sich der damalige Staatsminister im Kanzleramt nicht weniger als sieben Mal mit der Automobilindustrie, davon dreimal mit Vertretern von Daimler. Gleich darauf gab er seinen Wechsel zu dem Stuttgarter Autobauer bekannt.

Noch bis Ende September 2013 steuerte von Klaeden in Berlin das politische Geschäft von Bundeskanzlerin Angela Merkel – schon im November startete er als Daimler-Cheflobbyist. Ohne Interessenkonflikt? Das Kanzleramt hatte erst im Juni 2013 einen über fünf Jahre mit den anderen EU-Staaten ausgehandelten Kompromiss zu strengeren CO2-Grenzwerten für Autos überraschend platzen lassen.

Der Fall von Klaeden führte zu einer öffentlichen Debatte über Karenzzeiten beim Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft – und zu einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Vorteilsannahme, das allerdings mittlerweile eingestellt ist. Seit zwei Jahren hat der Mann mit dem guten Draht ins Kanzleramt wahrscheinlich ein neues Hauptaufgabenfeld bei Daimler: das Management des Diesel-Skandals.

Die Autorinnen arbeiten für das Umweltmagazin klimaretter.info und haben gemeinsam mit CORRECTIV den Klimaschmutzplan der Bundesregierung recherchiert.