Mafia

Schlag gegen ‚Ndrangheta Zellen in Rom: Geheimes Ritualbuch gefunden

Die heimlichen Rituale der kalabrischen 'Ndrangheta, ihre bisher nie bestätigten Traditionen und Legenden wurden nun in einem Buch gefunden, dass die Antimafia-Behörde in Rom sichergestellt hat. Der "Kodex von San Luca" bietet ein neuen, noch nie gehabten Blick in das Innenleben der kriminellen Organisation.

von Lena Niethammer

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Im sogenannten „Kodex von San Luca“ sind die einzelne Schritte der Rituale beschrieben, um neue Personen in die Mafia aufzunehmen oder ihnen höhere Grade anzuerkennen. Bisher gab es lediglich Vermutungen über die Abläufe solcher Rituale, vereinzelt konnten italienische Polizisten auch Teile von Ritualen filmen, eine Anleitung dazu gab es noch nie.

Der Name des Buches nimmt Bezug auf den kleinen Ort San Luca, der sich in Kalabrien befindet, knapp 4000 Einwohner hat und als ‚Ndrangheta-Hochburg bekannt ist. In Deutschland ist er ein Begriff, weil San Luca die Heimat von Tätern und Opfern der Duisburger Mafia-Morde ist. Das Duisburger Blutbad war der vorläufige Höhepunkt einer Fehde zwischen den Mafiafamilien Nirta-Strangio und Pelle-Vottari. Der Mord an Maria Strangio hatte damals zu der Eskalation geführt. Ihr Ehemann Giovanni Strangio hatte daraufhin gemeinsam mit anderen Mafiosi am 15. August 2007 sechs Menschen vor einem italienischen Restaurant in Duisburg erschossen. Er wurde im Juli 2011 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Das nun gefundene Buch aus San Luca ist in einer Geheimschrift geschrieben, die die italienischen Behörden entziffern konnten. Es wurde gemeinsam mit einem Waffenarsenal, dass dem Pizzata-Clan zugeschrieben wird gefunden. Dieser betreibt den Drogenhandel in Rom.

Außerdem konnte die Ermittlergruppe der italienischen Guardia di Finanza eine besonders wichtige Zelle der Kalabresischen Clans Pelle-Nirta-Giorgi alias Cicero in Rom aufdecken, die ebenfalls alle auf den internationalen Handel mit Drogen spezialisiert waren.

So kam es neben dem Buchfund zu 31 Verhaftungen wegen Mitgliedschaft in der Mafia, Erpressung, Drogenhandel und Waffenbesitz. Unter den Festgenommenen sind international gesuchte Mafiosi wie Luigi Martelli des Pelle-Clans, der seit 2012 gesucht wird, Edmundo Salazar Cermeno, „der Chemiker“ genannt, sowie Francesco Nirta, der am Bahnhof von Rom festgenommen wurde, als er gerade nach Reggio Calabria flüchten wollte.

Außerdem konnten insgesamt 600 Kilo Drogen sichergestellt werden, darunter hauptsächlich Kokain und Haschisch. Die Clans sollen laut Ermittler auch Mitglieder in Kolumbien und Marokko haben, die gemeinsam mit den südamerikanischen und afrikanischen Drogenkartellen Geschäfte machen. Sobald die Drogen in Italien angekommen sind, werden sie durch andere ‚Ndrangheta- aber auch Camorra-Clans vertrieben. Der Gewinn wird in legale Wirtschaftszweige der ‚Ndrangheta investiert.

Doch unter den ‚Ndrangheta-Clans in Rom herrschte keine Einigkeit. So gab es einen Krieg zwischen den Pizzata und den Mitgliedern des Nirta-Clans. Erstere hatten um die gesamte Kontrolle über den Drogenhandel zu bekommen den römischen Boss des Nirta-Clans am 24. Januar 2013 umgebracht. Außerdem kam es immer wieder zu Einschüchterungsversuchungen und Gewaltakten gegenüber der römischen Bevölkerung. Insgesamt waren über 450 Beamte der italienischen Polizei und Guardia di Finanza bei der Razzia im Einsatz.