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Liebe Leserinnen und Leser,
das mächtigste Friedensgremium der Welt, der UN-Sicherheitsrat, hat eine Resolution verabschiedet: Moskaus Angriffskrieg auf die Ukraine wird darin einfach so hingenommen. Was das bedeutet und wie es dazu kommen konnte, ist heute das Thema des Tages.
Außerdem im SPOTLIGHT: Im „Bundestagswahl Spezial“ steht, was Sie uns seit gestern geantwortet haben – auf die Fragen, wie sie das Ergebnis einordnen und was Ihnen nach der Wahl Sorgen macht. Und in der „Werkbank“ erklären wir, was bei unserem Leser-Faktenforum am Sonntag herauskam: unserem neuen CORRECTIV-Angebot, bei dem „normale Leute“ gemeinsam Falschbehauptungen im Netz aufspüren und enttarnen können.
Haben Sie konkrete Hinweise für Recherchen? Oder einen Vorschlag für die „Leserfrage der Woche“, die wir in Ihrem Auftrag einer Behörde oder Firma stellen sollen? Dann schreiben Sie unserem SPOTLIGHT-Reporter: robin.albers@correctiv.org.
Thema des Tages: Ist Angriffskrieg jetzt ok?
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Bundestagswahl-Spezial: Ihre Stimme zur Bundestagswahl
CORRECTIV-Werkbank: Bundestagswahl: Gemeinsames Faktenchecken mit der Community
Grafik des Tages: Frauenanteil im neuen Bundestag niedriger als bislang
Diese Resolution der Vereinten Nationen (UN) ist ein Paukenschlag für die Weltpolitik. Sie überragt in ihrer Bedeutung alles, was sich – trotz Bundestagswahl – gerade bei uns in Deutschland innenpolitisch tut. Deshalb hier das Wichtigste dazu:
Was ist der UN-Sicherheitsrat?
Das wichtigste Gremium der Vereinten Nationen. Darin sitzen 15 Mitglieder: zum einen ständige Mitglieder (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien – Deutschland ist nicht dabei, weil der Rat relativ kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde), zum anderen zehn gewählte Mitglieder, die alle zwei Jahre wechseln.

Der Sicherheitsrat trägt laut UN-Charta (also dem Grundgesetz der Vereinten Nationen) die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens. Genauer erklärt das die Bundeszentrale für politische Bildung; und hier geht es zur Internetseite des Sicherheitsrates selbst, wo dessen Aufgaben und aktuellen Betätigungsfelder näher erklärt werden.
Was hat er jetzt konkret gemacht?
Er hat bei einer Sitzung in New York, im UN-Hauptquartier, einen gemeinsamen Beschluss gefasst („Resolution“). Darin geht es um Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine. In der Resolution (hier im Original nachzulesen; und hier geht es zur offiziellen Mitteilung und Zusammenfassung der UN) heißt es:
Der Krieg müsse rasch zum Ende kommen.
Was in der Resolution dagegen nicht steht: dass Russland der Aggressor ist, der diesen Krieg führt. Es wird weder ein Rückzug Moskaus aus der Ukraine gefordert, noch steht in der Resolution ein Bekenntnis dazu, dass das Territorium der Ukraine unangetastet bleiben müsse.
Zehn Mitglieder stimmten dafür, fünf enthielten sich. Es war der erste gemeinsame Beschluss des Rats zum Krieg, seit Russland vor drei Jahren in die Ukraine einmarschierte.
Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Die USA hatten diese Resolution in den UN-Sicherheitsrat eingebracht. Und das, nachdem der neue US-Präsident Donald Trump sich vergangene Woche schon deutlich von der Ukraine ab- und Russlands Machthaber Putin zugewandt hatte.
Was bedeutet sie?
Trump und seine Regierung haben sich damit gewissermaßen das „Go“ vom wichtigsten weltpolitischen Gremium geholt, seine Ukraine-Politik weiter betreiben zu können. Das heißt mit anderen Worten: Er wird mit Moskau weiter über die Zukunft der Ukraine verhandeln – über deren Kopf hinweg.
Was heißt das für uns?
Die europäischen Vertreter im Sicherheitsrat (Frankreich und Großbritannien sowie die nicht-ständigen Mitglieder Slowenien, Dänemark und Griechenland) enthielten sich komplett. Man kann also sagen: Keiner von ihnen traute sich, Trump Kontra zu geben.
Das lässt die EU – die doch eigentlich gerade ihre militärische Unabhängigkeit von den USA unter Beweis stellen will – leider gar nicht eigenständig erscheinen.
Ukraine: Russland ist gegen europäische Friedenstruppen
Laut einer Studie würde der Wiederaufbau der Ukraine nach der russischen Invasion rund 524 Milliarden Dollar kosten. Dazu muss Putins Angriffskrieg erst einmal beendet werden. So leicht, wie US-Präsident Trump sich das vorstellt, wird das jedoch nicht. Denn der Kreml ist von seiner Idee, europäische Truppen für den Frieden zu nutzen, offenbar nicht angetan.
spiegel.de / rnd.de (Liveticker)
Rechtsradikale in AfD-Fraktion aufgenommen
Der Dortmunder Matthias Helferich ist schon seit 2021 für die AfD im Bundestag. Allerdings verzichtete er zuvor bislang auf die Fraktionsmitgliedschaft, nachdem er NS-Aussagen gemacht hatte. Maximilian Krah wurde aus ähnlichen Gründen und weiteren Skandalen aus der AfD-Fraktion im Europaparlament ausgeschlossen.
zeit.de
München: Attentäter in psychiatrische Abteilung verlegt
Der Süddeutschen Zeitung zufolge soll sich der Mann mittlerweile in einer spezialisierten Station befinden. Er fuhr Mitte Februar mit seinem Auto in eine Verdi-Demo in der bayerischen Landeshauptstadt, wodurch zwei Menschen getötet und 60 weitere verletzt wurden. Zuvor hatten die Ermittler psychische Probleme des Täters verneint.
merkur.de / sueddeutsche.de (€)
Weiterer Verdacht auf Sabotage bei der Marine
Erst im vergangenen Monat wurde bekannt, dass die Korvette „Emden“ zum Ziel einer mutmaßlichen Sabotageaktion geworden sein soll. Laut Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung ermitteln Bundeswehr und Polizei einen weiteren Fall bei der Fregatte „Hessen“ in Wilhelmshaven.
tagesschau.de
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Bundestagswahl-Spezial
Nach der Wahl sind die Zeitungen voll mit Einschätzungen von Fachleuten. Aber was denken Sie als unsere Leserinnen und Leser eigentlich über das Ergebnis? Das wollten wir von Ihnen wissen.
Wir haben zunächst gefragt, ob Sie beunruhigt, erleichtert sind – oder doch eine ganz andere Emotion empfinden. Eine deutliche Mehrheit (72 Prozent) gab an, beunruhigt bis sehr beunruhigt zu sein. Ein kleiner Teil der Umfrageteilnehmer hat eine neutrale Haltung (6 Prozent). Eher erleichtert bis erleichtert ist der Rest (12 Prozent).
Was sind die Gründe für diese Einordnung? Wir haben die fünf meistgenannten Sorgen zusammengefasst. Die häufigste Furcht ist eine Normalisierung von rechtsextremen Ansichten in der Gesellschaft. Darauf aufbauend haben viele die Sorge, dass die CDU in eine eher rechtspopulistische Richtung abdriften könnte.
Mit der aktuellen weltpolitischen Lage steht die neue Regierung vor vielen Herausforderungen, darum befürchten viele, dass Themen wie Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit oder auch Bildung zu kurz kommen werden. Einige von Ihnen haben betont, dass Sie Sorge haben bezüglich einer Spaltung der Gesellschaft und dass dies die Demokratie gefährden könne.
Sorgen, die ihre Berechtigung haben, doch wo Sorgen sind, gibt es ebenso Hoffnungen. Welche Hoffnungen unsere Leserinnen und Leser mit der Wahl verbinden, gibt es morgen an dieser Stelle.

Wer im Ausland lebt und sich für die Bundestagswahl registrieren ließ, erhielt die Briefwahlunterlagen teils spät oder gar nicht, sodass diese es nicht mehr rechtzeitig nach Deutschland schaffen konnten. Könnte deshalb die Wahl annulliert werden? Fachleute halten das für unwahrscheinlich.
CORRECTIV.Faktencheck
Endlich verständlich
Im neuen Bundestag dürfte es schwierig werden mit Zweidrittelmehrheiten die Verfassung zu ändern. Deshalb gibt es nun eine Debatte, ob Union, SPD und Grüne die Schuldenbremse noch in alter Besetzung reformieren könnten. Tatsächlich gab es vor zweieinhalb Jahrzehnten bereits einen Fall, bei dem das Parlament zu einer Sondersitzung zusammentraf: den Einsatz der Bundeswehr im Kosovo im Oktober 1998. Allerdings müsste einer Verfassungsreform nicht nur der Bundestag, sondern auch der Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit zustimmen. Die SZ gibt den Überblick.
sueddeutsche.de
So geht’s auch
Pizzakartons, Backpapier oder Waschmittel: PFAS-Chemikalien kommen aufgrund ihrer wasser- und schmutzabweisenden Eigenschaften in zahlreichen Produkten vor. Viele aber sind giftig und überdauern extrem lange in der Umwelt. Frankreich hat nun ein weitreichendes Verbot dieser „Ewigkeitschemikalien“ beschlossen.
t3n.de
Fundstück
Ende Februar beginnt die Brut- und Nistzeit der Vögel. Kann man den Piepmätzen durch Nistkästen wirklich helfen? Und worauf ist dabei zu achten? Das klärt Deutschlandfunk Nova.
deutschlandfunknova.de
Hat sich die Commerzbank in Frankfurt mit einem großen Banner gegen die AfD positioniert? Nein. Sprach Friedrich Merz beim Wahlkampfabschluss von „grünen und linken Spinnern?“ Ja, tatsächlich. Welche Statistiken sind am Wahltag wirklich aussagekräftig? Darüber diskutieren wir gerade noch auf der Plattform vom CORRECTIV.Faktenforum – und setzen damit unser Live-Faktencheck-Spezial vom Wahlsonntag fort.
In drei Zoom-Sessions brachten Community-Mitglieder dabei potentielle Falschbehauptungen mit, die die politische Debatte am Wahltag zu verzerren schienen. Gemeinsam sammelten wir Fakten, ordneten ein und veröffentlichten direkt die ersten Faktensammlungen.
Für mich hat das Event gezeigt, dass Faktenchecken nicht nur informiert, sondern auch verbindet. Da die Teilnehmenden Behauptungen aus ihrem direkten Umfeld einbrachten, konnten wir gezielt an für sie relevanten Themen arbeiten. „Cool, wenn ich eine Faktensammlung angestoßen habe”, meinte einer und eine andere ergänzte: „Ich schau jetzt öfter im Faktenforum vorbei und hoffe, es gibt immer mehr, die sich für Fakten interessieren.“
Das hoffe ich auch. Die Risiken von Desinformation zeigen sich im Wahlkampf besonders deutlich. Aber Falschbehauptungen verbreiten sich auch jetzt noch. Unser nächster Live-Faktencheck ist bereits geplant.
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Der Frauenanteil im neuen Bundestag wird künftig wieder unter der Marke von einem Drittel der Abgeordneten liegen. Ursächlich ist besonders der starke Zuwachs der AfD, bei der fast neun von zehn Parlamentariern männlich sind. Auch das stärkere Ergebnis der Union drückt den Anteil an weiblichen Abgeordneten.
bundestag.de
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Robin Albers, Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharen.
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