Marktführer im deutschen Bahnhofsbuchhandel stoppen Verkauf von rechtsextremem Magazin Compact
Ab sofort soll das AfD-nahe Magazin Compact in zahlreichen Buchhandlungen nicht mehr verkauft werden. Als Grund nennen Unternehmen die Absicht des Magazins, die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands zu gefährden.
Das Compact-Magazin bezeichnet sich selbst als „die Stimme des Widerstands“ und hat sich über die Jahre als Sprachrohr der AfD und Neuen Rechten etabliert. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte Compact bereits 2021 als gesichert „rechtsextremistische Bestrebung“ ein. Es würden Positionen veröffentlicht, die eindeutig als völkisch-nationalistisch sowie minderheitenfeindlich zu bewerten seien, teilte der Verfassungsschutz damals mit.
Dennoch wird das rechtsextremistische Magazin weiterhin in zahlreichen Zeitschriftenläden an Bahnhöfen und Flughäfen in ganz Deutschland verkauft. Nun kündigt das Unternehmen Valora gegenüber CORRECTIV an, den Verkauf zu stoppen.
„Für Valora steht die Pressefreiheit an oberster Stelle. Wir wollen aber denjenigen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands – und damit auch die Presse- und Meinungsfreiheit – verächtlich machen und darauf abzielen, sie zu überwinden, keine Plattform bieten“, schreibt die Pressestelle des Unternehmens. Sie seien zum Entschluss gelangt, Publikationen von vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuften Verlagen nicht weiter im Sortiment zu führen. „Unverzüglich werden Press & Books sowie sämtliche anderen Valora Verkaufsstellen das Magazin Compact nicht mehr zum Kauf anbieten.“
Das Unternehmen Valora bezeichnet sich als Marktführer im deutschen Bahnhofsbuchhandel mit 157 Verkaufsstellen. Dazu zählen die Press & Books Standorte und Franchisepartner. Neben der Valora-Unternehmensgruppe wird das Compact-Magazin auch über andere Großhändler und kleinere Buchhandlungen verkauft. Aktuell steht bei der Kampagnenorganisation Campact eine Petition mit fast 100.000 Unterschriften online, die neben Valora auch einen Verkaufsstopp bei weiteren Bahnhofsbuchhändlern fordert. Bisher gab es nur kleinere Händler, die einen Verkaufsstopp umsetzten.
Weitere große Bahnhofsbuchhändler stoppen Verkauf von Compact und weiteren Magazinen
Die folgenden beiden Absätze wurden am 7.2.2024 aktualisiert:
Einen Tag nach Valora kündigen weitere Buchhandlungen den Compact-Verkaufsstopp an. In einer Pressemitteilung schreibt die Unternehmensgruppe Dr. Eckert. Sie entfernen an allen Standorten ab sofort ebenfalls Publikationen von Verlagen, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert extremistisch“ eingestuft sind. Darunter fallen die Magazine „Compact“ sowie „Compact Edition“ und „Compact Geschichte“.
Noch weitreichender geht das Unternehmen Lagardère Travel Retail: Sie hätten bereits am 2. Februar beschlossen, neben dem Compact-Magazin die Titel „Ritterkreuzträger Profile“, „Junge Freiheit“, „Eigentümlich frei“, „Zuerst!“ und „Deutsche Militärzeitschrift“ aus den Auslagen ihrer Filialen zu nehmen, schreibt eine Sprecherin des Unternehmens. Sie wollen sich mit der Entscheidung als Unternehmen gegen Ausgrenzung, Hass und Gewalt positionieren und sich für Demokratie, Menschenrechte und Pressefreiheit ohne Zensur aussprechen.
Martin Sellner zählt zu Autoren von Compact
Der Verkaufsstopp erfolgt nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung der Geheimplan-Recherche von CORRECTIV. Im Heft publizieren auch zwei zentrale Akteure, die am Geheimtreffen bei Potsdam im November 2023 teilnahmen. Dazu zählt Mario Müller, der sich während des Treffens damit brüstete, für einen gewalttätigen Übergriff mitverantwortlich zu sein und eine politische Fahndungsplattform zu betreiben. Auch Martin Sellner schrieb als Autor für Compact. Sellner präsentierte beim Geheimtreffen seine Pläne, um Millionen Menschen mit internationaler Biografie aus dem Land zu treiben.
Chefredakteur und Geschäftsführer von Compact ist Jürgen Elsässer, einer der zentralen Akteure der neurechten Szene. Neben dem Printmagazin gibt es einen Online-Auftritt, Aktivitäten auf YouTube und auch im analogen Raum. Überall bekommt die AfD-Spitze regelmäßig eine positive Bühne. Darunter der thüringische AfD-Chef Björn Höcke, der nach einem Gerichtsurteil als Faschist bezeichnet werden darf und im Magazin als „Hoffnungsträger“ umschrieben wurde.
Auf der anderen Seite wird Hetze betrieben mit populistischen Magazin-Covern gegen andere Parteien. Auf einem Titel stand zum Vizekanzler die Forderung „Habeck in den Knast“ und ein Titelbild mit Annalena Baerbock, Ursula von der Leyen und Marie-Agnes Strack-Zimmermann wurde überschrieben mit „Die Kriegshexen“. Zudem werden im Magazin regelmäßig antisemitische Verschwörungsmythen geteilt, geschichtsrevisionistisch und islamfeindlich berichtet.