Wie Salon5 mit Jugendlichen über die Europawahl berichtet
„Wie können wir junge Menschen erreichen?” Diese Frage stellen sich Journalisten ständig. Wir haben mit Hatice Kahraman von der CORRECTIV-Jugendredaktion Salon5 darüber gesprochen - am Beispiel der Europawahl.
Community-Journalismus hat häufig auch das Ziel, Menschen zu erreichen, die von klassischen Medienangeboten wenig oder gar nicht erreicht werden. Zum Beispiel, weil ihre Themen nicht vorkommen, nicht ihre Sprache gesprochen wird oder ihre Perspektive zu kurz kommt. Zu diesen Menschen gehören in der Regel auch Jugendliche und junge Erwachsene. Am Beispiel der Europawahl wollen wir hier deshalb zeigen, wie Salon5, die Jugendredaktion von CORRECTIV, Journalismus von jungen Menschen für junge Menschen macht. Hatice Kahraman, Leiterin von Salon5, hat uns Einblicke gewährt.
So berichtet Salon5 über die Europawahl
Bei Salon5 erstellen Jugendliche die Inhalte selbst. Ihre Zielgruppe sind andere Jugendliche. Für den Schwerpunkt zur Europawahl hat sich die Jugendredaktion vor allem darauf fokussiert, Hintergründe zur Wahl zu erklären, mit den Kandidierenden zu sprechen und die Inhalte europäischer Politik zu erklären. Im einzelnen sah das dann so aus:
- Begegnungen und Interviews mit Spitzenkandidaten und Experten: Die Jugendlichen haben allen Spitzenkandidatinnen drei Fragen geschickt, die sie in einem Video beantworten sollten. In Diskussionsrunden in der Redaktion konnten Jugendliche mit Experten in Kontakt kommen.
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- Die Wahl erklären: Die meisten 16- bis 18-Jährigen dürfen bei der Europawahl 2024 zum ersten Mal überhaupt wählen. Deshalb hat Salon5 viel darüber berichtet, wie die Europawahl abläuft: Was wird genau gewählt? Wie liest man die Wahlbenachrichtung richtig? Wie sieht der Stimmzettel aus?
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- Hintergründe zu europäischer Politik: Wie steht es um die Digitalisierung in der EU? Was will die EU gegen die Klimakrise tun? Auch damit haben sich die Jugendreporter von Salon5 beschäftigt.
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- Bildungsreise nach Brüssel: Mit einer kleinen Gruppe ist die Salon5-Redaktion nach Brüssel gereist, um europäische Institutionen zu besichtigen und unter anderem die Arbeit von Lobbyorganisationen kennenzulernen. „Uns war wichtig ,den Jugendlichen nahe zu bringen, dass Europa nichts ist, was weit weg ist”, sagt Hatice Kahraman.
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- Vierteilige Podcast-Serie: Im Salon5-Podcast „Europa nimmt auf…” haben sich die Jugendlichen mit vier wichtigen europäischen Themen auseinandergesetzt, die auch in ihrem eigenen Alltag eine Rolle spielen: Rechtsruck, Klimakrise, Reisefreiheit und Digitalisierung.
Können nur junge Menschen Wahlberichterstattung für junge Menschen machen?
Ein klassischer Fall von „Nein, aber…”. Nein, auch ältere Journalistinnen und Journalisten können Inhalte produzieren, die junge Menschen ansprechen, aber sie müssen sich auf die Lebenswelt von jungen Menschen einlassen, sagt Hatice Kahraman. Das beginnt bei den Ausspielwegen: Inhalte für Jugendliche in Print zu veröffentlichen macht keinen Sinn, selbst Inhalte auf Webseiten dürften die anvisierte Zielgruppe kaum erreichen, deren Medienkonsum vor allem auf TikTok und Instagram stattfindet. Wer die Plattformen, auf denen Jugendliche unterwegs sind, nicht bespielen kann oder will, kann es auch gleich ganz sein lassen.
Inhaltlich ist es entscheidend, sich auf die Themen einzulassen, die Jugendliche interessieren. Das gilt nicht nur für die Wahlberichterstattung. Bei Salon5 können die Jugendlichen ihre Themen selbst einbringen. Wer keine Jugendredaktion hat, muss auf anderen Wegen herausfinden, für welche Themen Jugendliche sich begeistern, zum Beispiel über Projekte mit Schulen oder Jugendeinrichtungen. Das kann aber nur funktionieren, wenn man auch wirklich bereit ist, sich auf Jugendliche einzulassen und sie als Experten ihrer eigenen Lebenswirklichkeit zu akzeptieren. „Man muss nicht jung sein, um jungen Journalismus zu machen. Aber man muss offen sein für die Generation. Wenn man nicht bereit ist, auf ihren Plattformen unterwegs zu sein, ihre Musik zu hören, ihre Filme zu gucken – dann ist das schwierig”, sagt Hatice Kahraman.
Was ist wichtig, wenn man mit Jugendlichen zusammen Journalismus machen will?
Hatice Kahraman hat ein paar Tipps, wie journalistische Projekte mit Jugendlichen klappen können:
- Sich an den Tagesablauf von Jugendlichen anpassen: Jugendliche kommen meistens erst gegen16 Uhr aus der Schule. Redaktionsabläufe und Termine müssen also so strukturiert sein, dass das passt.
- Mit Schulen und Jugendeinrichtungen zusammenarbeiten: Das ist ein guter Weg, um Jugendliche für die Zusammenarbeit zu „rekrutieren”. Sowohl Schulen als auch Jugendeinrichtungen sind häufig dankbar für den Input von außen.
- Vor allem Videoinhalte produzieren: „Die Jugendlichen müssen schon in der Schule den ganzen Tag schreiben. Wenn sie zu uns kommen, haben sie da keinen Bock mehr drauf. Sie lesen auch nicht mehr, das heißt, Geschriebenes wird auch nicht konsumiert.”
- Für Jugendliche den Rahmen bilden: Je nach Alter sind Jugendliche unterschiedlich selbstständig. Jüngere brauchen in der Regel sehr viel Anleitung und Hilfe, zum Beispiel beim Verschicken von Presseanfragen oder der Terminkoordination.
- Realistische Erwartungen haben: „Das sage ich allen Redakteuren, die neu bei uns anfangen: Seid nicht enttäuscht, wenn mal etwas nicht klappt, Jugendliche unmotiviert sind oder Termine verschlampen. Das sind Teenager, die haben keinen Bock auf Termine und Zuverlässigkeit. Man kann das von ihnen auch nicht erwarten.”
Das ist Salon5
Salon5 ist die Jugendredaktion von CORRECTIV. Dort lernen mehr als 70 Jugendliche an drei Standorten (Bottrop, Hamburg, Greifswald) journalistisches Handwerk und produzieren selbstständig Podcasts für das eigene Web-Radio und Content für Instagram und TikTok. Dabei lernen sie auch demokratische Prozesse kennen, entwickeln Interessen und lernen, zwischen Fakten, Meinungen und Desinformationen zu unterscheiden.
Dieses Fallbeispiel ist Teil des Angebots vom CORRECTIV.StartHub, der Anlaufstelle für alle, die ihr eigenes Community-zentriertes Medienprojekt starten wollen.
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