Faktencheck

Auch mit eingewanderten Eltern darf Kamala Harris US-Präsidentin werden

Über Kamala Harris werden rassistische Falschbehauptungen gestreut: Sie dürfe wegen der Herkunft ihrer Eltern gar nicht US-Präsidentin werden, heißt es. Das ist falsch.

von Gabriele Scherndl

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Kamala Harris, Tochter von eingewanderten Eltern, steht im Fokus sogenannter Birther: Sie werfen ihr fälschlicherweise vor, sie dürfe nicht als US-Präsidentin kandidieren. (Quelle: AP Photo / Kayla Wolf / Picture Alliance)
Behauptung
Kamala Harris sei nicht berechtigt, US-Präsidentin zu werden, weil ihre Eltern zum Zeitpunkt von Harris‘ Geburt keine US-Bürger gewesen seien.
Bewertung
Falsch. Laut US-Verfassung dürfen gebürtige US-Bürgerinnen und -Bürger Präsidentin oder Präsident werden. Die Staatsbürgerschaft der Eltern spielt keine Rolle. Harris’ Geburtsurkunde belegt, dass sie in Oakland, USA, geboren ist.

Seit der amtierende US-Präsident Joe Biden seine Vize-Präsidentin als Nachfolgerin vorgeschlagen hat, ist Kamala Harris Ziel von Falschbehauptungen. So auch von folgender: Weil ihre Eltern zum Zeitpunkt ihrer Geburt keine US-Bürger gewesen sind, könne Harris gar nicht Präsidentin werden, heißt es auf Telegram, Facebook und X

Derartige Beiträge kursieren international, auch in Deutschland, und erreichen zum Teil ein Millionenpublikum. Unter den Beiträgen sind auch rassistische Kommentare – das gesamte Narrativ rund um die staatsbürgerschaftlichen Voraussetzungen für das Präsidentenamt hat ein fremdenfeindliches Motiv.

Auf X wird behauptet, Kamala Harris sei nicht berechtigt, US-Präsidentin zu werden, weil ihre Eltern zum Zeitpunkt von Harris‘ Geburt keine US-Bürger gewesen seien.
Auf mehreren Plattformen kursiert die Behauptung, Harris könne gar nicht Präsidentin werden. Das ist falsch. (Quelle: X; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

US-Verfassung regelt: Wer in den USA geboren wurde, darf Präsidentin werden

Auf der Webseite der US-Regierung steht, wer für das Amt der Präsidentin kandidieren darf: Die Person muss über 35 Jahre alt sein, seit mindestens 14 Jahren in den USA leben und ein sogenannter „natural born citizen“, also auf US-Boden geboren worden sein. Das ist in der US-amerikanischen Verfassung, Artikel Zwei, geregelt. Diese Voraussetzungen gelten laut Zusatzartikel 12 auch für das Amt des Vizepräsidenten, welches Harris seit Januar 2021 innehat.

Im Zusatzartikel 14 steht dazu: „Alle Personen, die in den Vereinigten Staaten geboren oder eingebürgert wurden und deren Rechtsprechung unterliegen, sind Bürger der Vereinigten Staaten“. Der Begriff „natural born citizen“ wird in der Verfassung zwar nicht näher definiert, Fachleute gehen aber davon aus, dass „dass die Verfasser den Begriff so verstanden haben, dass er jemanden meint, der von Geburt an US-Bürger ist, ohne später ein Einbürgerungsverfahren durchlaufen zu müssen“, heißt es in einem von der Regierung veröffentlichten Kommentar zur Verfassung.

Geburtsurkunde von Kamala Harris belegt, dass sie in den USA geboren wurde

Harris erfüllt dieses Kriterium: Sie ist in Oakland, USA, geboren, wie ihre Geburtsurkunde zeigt. Das US-amerikanische Medium Mercury News beziehungsweise die ihr übergeordnete Bay Area News Group hatte diese 2020 angefordert und veröffentlicht. Damals stellte Donald Trump – nun Harris‘ direkter politischer Gegner – in Frage, ob sie überhaupt Vizepräsidentin sein dürfe. Laut der Urkunde kommt Harris‘ Mutter aus Indien und Harris‘ Vater aus Jamaica. 

Fachleute bestätigen, dass Kamala Harris die Anforderungen für das (Vize-)Präsidentenamt erfüllt. AP bat dazu Jessica Levinson, Professorin an der Loyola Law School, um rechtliche Einschätzung. Sie sagte: „Da sie auf amerikanischem Boden geboren wurde, gilt sie nach dem 14. Verfassungszusatz als natürlich geborene US-Bürgerin und kann sowohl als Vizepräsidentin als auch als Präsidentin gewählt werden.“

Polit Fact befragt dazu Sarah Duggin, Rechtsprofessorin an der Catholic University‘s Columbus School of Law. Diese sagte: „Ihre Geburt in den USA macht sie zur US-Staatsbürgerin. Es gibt keinen Grund, darauf zu schauen, woher ihre Eltern stammen, wie lange ihre Eltern vor ihrer Geburt in den USA ansässig waren oder wo sie aufgewachsen ist.“ 

„Birther“ sprechen Einwanderer-Nachkommen die Präsidenten-Eignung ab – auch schon bei Obama

Die Behauptung, dass einer Person wegen ihrer Herkunft die Wählbarkeit abgesprochen wird – kommt häufig von sogenannten „Birthern“. Politico beschreibt diese so: „Die Befürworter dieser Theorie sind eine Mischung aus Geschäftemachern und ernsthaften Verschwörungstheoretikern.“ Die Falschbehauptungen rund um Harris aus der Birther-Bewegung folgen einem rassistischen Narrativ und reihen sich in andere Anfeindungen wegen ihrer Hautfarbe ein, wie MSNBC analysiert. 

Schon ab 2004 setzte die Bewegung Falschbehauptungen über die Herkunft des späteren US-Präsidenten Barack Obama in die Welt. 2011 sah er sich dazu gedrängt, mit seiner Geburtsurkunde zu beweisen, dass er in den USA geboren wurde. 

Redigatur: Viktor Marinov, Steffen Kutzner

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Verfassungsrechtliche Anforderungen an Präsidentschaftskandidaten, US-Regierung: Link (Englisch, archiviert)
  • Artikel 2 der US-amerikanischen Verfassung: Link (Englisch, archiviert)
  • Zusatzartikel 14 der US-amerikanischen Verfassung: Link (Englisch, archiviert)
  • Zusatzartikel 12 der US-amerikanischen Verfassung: Link (Englisch, archiviert)
  • Geburtsurkunde von Kamala Harris: Link (archiviert)