Faktencheck

Nach Angriff in Solingen: Video von Polizeipräsident irreführend verkürzt

Wuppertals Polizeipräsident Röhrl rief nach dem Anschlag in Solingen nicht dazu auf, sich zu Hause einzuschließen. Doch ein Video wurde so geschnitten, dass genau der gegenteilige Eindruck entsteht.

von Gabriele Scherndl

polizeipraesident-roehrl-solingen
Ein Statement von Wuppertals Polizeipräsident Markus Röhrl nach dem Anschlag in Solingen wird in Sozialen Netzwerken verkürzt wiedergegeben: Er rief in Wahrheit dazu auf, nicht zu Hause zu bleiben. (Quelle: Christoph Reichwein / DPA / Picture Alliance)
Behauptung
Ein Video zeige, wie Polizeipräsident Markus Röhr nach dem Anschlag in Solingen dazu rät, zu Hause zu bleiben: Er sagt darin: „Und insofern muss jeder auch mit sich auch das klarmachen und ausmachen, ob er beispielsweise zu Festivitäten geht, ob er zu Fußballspielen geht, ob er im öffentlichen Nahverkehr unterwegs ist“.
Bewertung
Fehlender Kontext
Über diese Bewertung
Fehlender Kontext. Die Aussage von Wuppertals Polizeipräsident Röhrl in einer Pressekonferenz wird nicht vollständig wiedergegeben. Direkt im Anschluss sagte er, dass er keinem empfehlen könne, Zuhause zu bleiben.

Terroranschläge wie jener in Solingen können Angst auslösen. Das ist das Ziel von Terror. Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Terroranschlags zu werden, aus statistischer Sicht sehr gering. Fachleute warnen also davor, sich durch Angst vor Terror im Alltag einzuschränken.

Umso verwunderlicher ist die vermeintliche Aussage des Wuppertaler Polizeipräsidenten Markus Röhrl auf einer Pressekonferenz, von der aktuell ein Video in Sozialen Netzwerken geteilt wird. Er sagt darin: „Und insofern muss jeder auch mit sich auch das klarmachen und ausmachen, ob er beispielsweise zu Festivitäten geht, ob er zu Fußballspielen geht, ob er im öffentlichen Nahverkehr unterwegs ist“. Auf Facebook, Instagram, X, Telegram und Tiktok fassen einige das Video so auf, als würde Röhrl dazu aufrufen, zu Hause zu bleiben. 

Doch das Video ist irreführend geschnitten, eigentlich sagt Röhrl das genaue Gegenteil.

Screenshot eines Telegram-Beitrags.
Auf zahlreichen Plattformen kursiert ein 17 Sekunden langer Ausschnitt einer Pressekonferenz. Darin wird die Aussage von Wuppertals Polizeipräsident Röhrl verkürzt wiedergegeben. (Quelle: Telegram; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Polizeipräsident Röhrl ruft in Pressekonferenz dazu auf, raus zu gehen und sich nicht einzusperren

Auf Youtube findet sich die Pressekonferenz, in der Röhrl spricht, in voller Länge, veröffentlicht vom Sender Phoenix. Sie fand am 24. August 2024 statt, also am Tag nach dem Anschlag in Solingen, bei dem drei Menschen getötet wurden.

Ab Minute 35.35 beginnt die relevante Passage. Röhrl sagt darin, dass der Angriff eine „einzelne schreckliche Tat“ sei, aus der man nicht hochrechnen solle, dass so etwas „immer und überall passieren wird“. Dann sagt er die Passage, die in den Videos geteilt wird: Jeder müsse für sich ausmachen, ob er zu Festivitäten oder Fußballspielen geht. 

Was in den Videos in Sozialen Netzwerken dann fehlt, ist Folgendes: „Aber die Konsequenz, wenn man zu all dem nein sagen würde, wäre ja die, dass man sich zu Hause einschließen müsste. Das können wir natürlich überhaupt keinem empfehlen“. Ganz im Gegenteil, ergänzt Röhrl, umso belebter die Straßen seien, umso sicher seien sie. 

Nach Angriffen und Anschlägen kursieren stets auch Falschbehauptungen. So auch nach dem Anschlag in Solingen. Hier, hier und hier können Sie nachlesen, welche Behauptungen wir dazu bereits geprüft haben.

Redigatur: Max Bernhard, Sophie Timmermann 

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Pressekonferenz mit Wuppertals Polizeipräsident Markus Röhrl, 24. August 2024: Link