Wie Kohero eine Community von Freiwilligen organisiert
Kohero macht Journalismus von und für Menschen mit Flucht und Migrationsgeschichte. Rund 90 ehrenamtliche Redaktionsmitglieder schreiben über ihre eigenen Erfahrungen. Was die Idee dahinter ist und wie Kohero das organisiert, hat uns Gründer und Chefredakteur Hussam Al Zaher erklärt.
- Kohero wurde 2017 als Flüchtling-Magazin gegründet und 2020 umbenannt. Kohero bedeutet auf Esperanto so viel wie Zusammenhalt.
- Das Magazin macht Journalismus von und für Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte in Deutschland.
- Kohero ist eine gemeinnützige GmbH.
- Artikel werden vor allem online veröffentlicht (vier bis fünf pro Woche). Außerdem gibt es verschiedene Newsletter und Podcasts, z.B. Multivitamin für allgemeine Themen rund um Migration oder Curry On, der sich speziell an die südasiatische Diaspora in Deutschland richtet.
- Zwei mal im Jahr erscheint ein Print-Magazin, das kostenlos in Einrichtungen der Flüchtlingshilfe in ganz Deutschland ausgelegt wird. Außerdem bekommen Spender das Magazin als Dankeschön nach Hause geliefert.
- Das feste Team von Kohero besteht aus sechs Personen. Insgesamt besteht die Redaktion aber aus rund 90 ehrenamtlichen Autorinnen und Autoren in ganz Deutschland, die meisten von ihnen sind keine ausgebildeten Journalistinnen.
Freiwillige erzählen ihre Geschichte
Rund 90 Freiwillige schreiben bei Kohero mehr oder weniger regelmäßig Artikel. Der Fokus liegt auf persönlichen Geschichten und Erlebnissen, manche führen aber auch Interviews oder schreiben journalistische Berichte. Die freiwilligen Autorinnen und Autoren haben in den seltensten Fällen eine journalistische Ausbildung. Sie werden eng begleitet, ihre geschriebenen Artikel werden abgenommen und redigiert, sie bekommen Feedback und können dadurch lernen. Mit dem Projekt Schreibtandem hilft Kohero seit 2017 jungen Geflüchteten beim Schreiben auf Deutsch. Dazu werden Sie mit deutschen Muttersprachlern zusammengebracht, die ihnen bei den Texten helfen. Um die Gruppe zusammenzuhalten, bleibt Kohero regelmäßig mit allen 90 Freiwilligen in Kontakt. Es gibt einen Newsletter, Veranstaltungen und eine Slack-Community. Der Austausch via Slack funktioniert laut Hussam aber nicht besonders gut, weil viele das Tool nicht in ihrem Alltag nutzen.
Was wir von Kohero lernen können:
- Neue Perspektiven: Im Community-Journalismus geht es auch darum, Menschen zu Wort kommen zu lassen, die selten gehört werden und neue Perspektiven eröffnen. Fast jeder ist gut darin, seine eigene Geschichte zu erzählen, wenn man die Möglichkeit bietet. Das kann ein neuer spannender Ansatz für Community-zentrierte Medien sein. Nicht als Ersatz für journalistische Berichterstattung, aber als Ergänzung dazu.
- Am Ball bleiben: Bei Kohero sind längst nicht alle 90 Freiwilligen sind immer voll dabei. Viele schreiben vielleicht einen Artikel und dann monatelang nichts mehr. Hussam versucht trotzdem, mit allen Kontakt zu halten und sie immer wieder zu motivieren. Dabei ist es laut Hussam besonders wichtig, den richtigen Kommunikationskanal zu finden. Wenn er ihn gefunden hat, sagt er Bescheid.
- Freiwillige binden viele Ressourcen: Die Zusammenarbeit mit Freiwilligen ist kompliziert. Manche bringen mehr, andere weniger Engagement mit. Manche haben Vorerfahrungen im Journalismus, andere nicht. Manche sind unzuverlässig, andere sind übermotiviert. Texte müssen redigiert werden, es braucht viel Feedback und Unterstützung. All das bindet enorm viele Ressourcen und sollte nicht unterschätzt werden.
Dieses Fallbeispiel ist Teil des Angebots vom CORRECTIV.StartHub, der Anlaufstelle für Journalistinnen und Journalisten, die ihr eigenes Community-zentriertes Medienprojekt gründen wollen.
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