Faktencheck

Nein, Tierschützer malen die Stoßzähne von Elefanten nicht rosa an

Ein Bild im Internet zeigt einen Elefanten mit rosa Stoßzähnen. Dazu heißt es, die Farbe mache das Elfenbein für Wilderer „unbrauchbar“. Doch das Bild ist bearbeitet – und die Farbmethode würde laut Fachleuten bei Elefanten nicht funktionieren.

von Johannes Gille

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Ein Foto im Netz zeigt einen Elefanten mit rosa Stoßzähnen – doch die sind im Originalbild weiß (Quelle: Mademyday; Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Bild zeige einen Elefanten mit rosa gefärbten Stoßzähnen. Aktivisten würden die Stoßzähne von Elefanten und die Hörner von Nashörnern anmalen, um Wilderer vom Töten der Tiere abzuhalten.
Bewertung
Manipuliert. Das Bild des Elefanten wurde digital bearbeitet, im Originalfoto sind seine Stoßzähne weiß. Es gibt ein Verfahren, bei dem Gift und Farbe in die Hörner von Nashörnern gespritzt wird, um diese für den Handel unbrauchbar zu machen. Laut der Organisation, die das Verfahren entwickelt hat, ist es jedoch für die Stoßzähne von Elefanten nicht geeignet.

Laut der Webseite „Made My Day“ haben Aktivistinnen und Aktivisten eine potentielle Lösung für die Wilderei von bedrohten Tieren gefunden: Sie malen angeblich die Stoßzähne von Elefanten und die Hörner von Nashörnern mit rosa Farbe an. „Die Farbe ist dabei für die Tiere ungefährlich und das Elfenbein ist somit für Verkauf und Wilderer ungeeignet“, schreibt die Seite – und postet dazu ein Foto von einem Elefanten mit rosa Stoßzähnen.

Die Seite teilte das Bild auch auf Facebook und Instagram, wo es insgesamt über 73.000 Likes erhielt und hunderte Male geteilt wurde. Doch in der unteren linken Ecke steht in kleiner Schrift „Symbolfoto“. Wir fanden heraus: Die Aufnahme ist digital bearbeitet.

Screenshot eines Instagram-Beitrages von Mademyday
Das Bild des Elefanten ist als Symbolbild gekennzeichnet – doch auch die Behauptung stimmt so nicht (Quelle: Instagram; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Lädt man das Beitragsbild in der Suchmaschine Tineye hoch, wird das unbearbeitete Bild ausgegeben, das denselben Elefanten mit weißen Stoßzähnen zeigt. Die älteste Version des Bildes, die wir finden konnten, wurde 2013 hochgeladen – die rosa Farbe an den Stoßzähnen wurde erst später eingefügt. Die Bilder zeigen dasselbe Tier, was sich zum Beispiel anhand des rechten Ohrs des Elefanten erkennen lässt. Auch der Hintergrund ist identisch.

Vergleich zwischen Originalbild und manipuliertem Bild von Mademyday
Oben das bearbeitete Bild, unten das Originalbild: An der Form des Elefantenohrs (rot markiert) und der Vegetation im Hintergrund (blau markiert) lässt sich erkennen, dass es sich um dasselbe Bild handelt (Quellen: Mademyday, Albertoghizzipanizz / Fotocommunity.com; Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Die Behauptung selbst ist nicht neu – im Jahr 2018 berichtete Mimikama über ein ähnliches manipuliertes Foto von einem Elefanten. Doch wird diese Methode überhaupt angewandt?

Auf unsere Anfrage, ob es Belege für die Anwendung des Verfahrens bei Elefanten gibt, schreibt uns „Mademyday“ am 20. September 2024, man habe die Informationen sorgfältig überprüft. Als Beleg verweist sie auf ein Verfahren der Organisation „Rhino rescue project“, wo von Elefanten jedoch keine Rede ist. Bei dem Bild handele es sich um ein Symbolfoto, das nicht realitätsgetreu sei. Man wolle es wegen der entstandenen „Missverständnisse“ in einer überarbeiteten Version erneut hochladen. Bis Redaktionsschluss ist das jedoch nicht geschehen.

Gefärbte Hörner sollen Nashörner vor Wilderei schützen

Die aus Elfenbein bestehenden Stoßzähne von Elefanten sind für die Herstellung von Schmuck und anderen Luxusgütern begehrt und die Hörner von Nashörnern finden in der traditionellen chinesischen Medizin Anwendung. Da eine hohe Nachfrage besteht, sind beide Tierfamilien stark durch Wilderei bedroht.

Die Naturschutzorganisation „Rhino rescue project“ entwickelte ein Verfahren, um das Horn von Nashörnern für den Schwarzmarkt unattraktiv zu machen, bei dem tatsächlich rosa Farbe zum Einsatz kommt. Doch das Horn wird nicht einfach „angemalt“, da sich die Farbe an der Oberfläche zu schnell abnutzen würde. Die Tiere setzen es beispielsweise als Werkzeug und bei Revierkämpfen ein.

Fotos des Verfahrens zeigen: Die Farbe wird unter Druck in das Horn gespritzt, wo sie sich nach dem Eingriff im Verlauf mehrerer Tage ausbreiten soll. Zusätzlich zu der Farbe enthält das injizierte Gemisch außerdem ein für die Viehzucht entwickeltes Parasitengift, das laut dem „Rhino rescue project“ für Menschen giftig, für die Tiere jedoch ungefährlich sei. Dadurch soll sichergestellt werden, dass das Horn für den Handel und Konsum unbrauchbar wird.

Eine langfristige Lösung kann das Verfahren laut der Naturschutzorganisation „Save the rhino“ nicht sein. Auch die Injektion von Gift würde den Handel mit den Hörnern nicht effektiv eindämmen, da die Wilderer von einer möglichen Gefährdung ihrer Kunden nicht abgeschreckt werden.

Das Verfahren wird von Forschenden und Tierschützern kritisch betrachtet: „Abgesehen vom Risiko einer Betäubung solch riesiger Tiere wie Elefanten oder Nashörner wachsen Hörner und Stoßzähne nach“, schreibt zum Beispiel der Internationale Tierschutzfond. Die Injektion der Hörner halte nicht lange vor und müsse deshalb alle paar Jahre erneuert werden, wofür Zeit und Geld fehlen würden.

Bei Elefanten wäre die Methode „nicht erfolgversprechend“

Das Horn eines Nashorns besteht aus Keratin, weist in seiner Struktur also Ähnlichkeiten mit menschlichen Haaren und Fingernägeln auf. Die Stoßzähne von Elefanten sind jedoch deutlich härter, weshalb sich die Flüssigkeit darin nicht so gut verteilen könnte.

Eine Sprecherin des „Rhino rescue project“ schreibt uns, dass ihr keine Fälle bekannt seien, bei denen diese Methode bei Elefanten zum Einsatz kam. Aufgrund der härteren Struktur von Stoßzähnen seien diese nicht für die Methode der Injektion geeignet. Deshalb arbeite man an alternativen Verfahren, um die Tiere zu schützen.

Neil Greenwood, der Direktor der Wildtierrettung des Internationalen Tierschutzfonds schreibt uns: „Wenn man die Kosten kalkuliert, wäre es wahrscheinlich sinnvoller, diese in gut ausgebildete und ausgerüstete Ranger und in die Aufklärung der Verbraucher zu investieren, als zu versuchen, alle Stoßzähne der Elefanten Afrikas und Asiens zu färben.“

Redigatur: Steffen Kutzner, Sarah Thust