Faktencheck

Kein Bezug zu AfD-Gutachten: Verfassungsschutzchef Haldenwang ging Ende 2024 in den Ruhestand

Nachdem der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft hat, kursiert in Sozialen Netzwerken ein Video, laut dem der Verfassungsschutzchef entlassen worden sei. Doch Thomas Haldenwang schied schon vor Monaten aus dem Amt.

von Kimberly Nicolaus

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Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist der deutsche Inlandsgeheimdienst mit Sitz in Chorweiler, Köln. (Foto: Christoph Hardt / Panama Pictures / Picture Alliance)
Behauptung
Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz sei entlassen worden.
Bewertung
Falsch. Ex-Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang ging Ende 2024 regulär in den Ruhestand. Die Führung des Verfassungsschutzes liegt seitdem kommissarisch bei seinen Stellvertretenden. Wer auf Haldenwang folgt, ist noch nicht bekannt.

Der Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD Anfang Mai als gesichert rechtsextrem eingestuft. Das entsprechende Gutachten veröffentlichte das Magazin Cicero, zuvor berichtete der Spiegel. Für die Einstufung sind vor allem zwei Aspekte entscheidend: das völkische Denken der Partei und ihre Muslimfeindlichkeit, wie CORRECTIV berichtete. 

Die AfD klagte gegen die Entscheidung des BfV und erreichte vor dem Verwaltungsgericht Köln eine sogenannte Stillhaltezusage. Demnach bezeichnet das BfV die AfD vorerst nicht mehr öffentlich als eine gesichert rechtsextremistische Partei und beobachtet sie als solche auch nicht. Bis der Fall durch ein Gerichtsurteil entschieden wird, könnten Fachleuten zufolge mehrere Jahre vergehen. 

Vor diesem Hintergrund kursiert seit Mitte Mai ein virales Video auf Tiktok und Facebook, das unter anderem Bundeskanzler Friedrich Merz und Ex-Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang zeigt. Dazu heißt es: Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz sei mit sofortiger Wirkung entlassen worden. Doch das stimmt nicht. Haldenwang verabschiedete sich bereits Ende 2024 in den Ruhestand.

Dieses Tiktok-Video vom 11. Mai 2025 erweckt den Eindruck, als sei der Verfassungsschutzpräsident kürzlich entlassen worden. Doch das stimmt nicht. Ex-Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang ist seit Monaten nicht mehr im Amt. (Quelle: Tiktok; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)
Dieses Tiktok-Video vom 11. Mai 2025 erweckt den Eindruck, als sei der Verfassungsschutzpräsident kürzlich entlassen worden. Doch das stimmt nicht. Ex-Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang ist seit Monaten nicht mehr im Amt. (Quelle: Tiktok; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Ex-Verfassungsschutzchef Haldenwang seit Ende 2024 nicht mehr im Amt 

Wie das BfV auf seiner Webseite schreibt, übernehmen aktuell Vizepräsidentin Silke Willems und Vizepräsident Sinan Selen die Leitung kommissarisch. Diese Angabe bestätigte uns Isabelle Kalbitzer, Pressesprecherin des BfV auf Anfrage. 

Wie die Pressestelle des Bundesinnenministeriums (BMI) auf Anfrage mitteilt, ging Ex-Verfassungschef Haldenwang zum Ende des Jahres 2024 regulär in den Ruhestand. Seine Ankündigung, bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 für die CDU zu kandidieren, führte dazu, dass er seine Amtsgeschäfte bereits im November 2024 niederlegte. Haldenwang wurde nicht in den Bundestag gewählt. 

Wer sein Nachfolger im BfV wird, ist bislang nicht bekannt. Aus der Pressestelle des BMI heißt es, Gespräche zur Nachfolge Haldenwangs würden derzeit geführt. Der Posten solle so bald wie möglich nachbesetzt werden.

Verfassungsschutzchef von Sachsen-Anhalt wurde nicht entlassen

In einem weiteren Video auf Tiktok wird behauptet, der Verfassungsschutzpräsident von Sachsen-Anhalt sei am 7. Mai 2025 „wegen kritischer AfD-Einschätzung“ entlassen worden – auch das ist falsch. 

Laut der Webseite des Landesverfassungsschutzes führt Jochen Hollmann die Behörde weiterhin. Das belegt auch ein Artikel von t-online aus Mai 2025: Demnach gab Hollmann in seiner Funktion als Landesverfassungsschutz Sachsen-Anhalts der Deutschen Presse-Agentur ein Interview. 

Brandenburg: Innenministerin Lange entließ Landesverfassungsschutzchef Müller 

Wer stattdessen Anfang Mai entlassen wurde, ist Jörg Müller, der Verfassungsschutzchef Brandenburgs. Wie es in einer Mitteilung des Landesinnenministeriums heißt, sei „das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit nicht mehr gegeben“. 

Nach Angaben der brandenburgischen Innenministerin Katrin Lange hat der Landesverfassungsschutz den AfD-Landesverband am 14. April als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Lange sagt, sie sei darüber aber erst Wochen später informiert worden. Die SPD-Politikerin hat Müller deshalb entlassen.

Wenig später trat sie selbst zurück. Diesen Schritt begründete sie damit, dass sie der „notwendigen Geschlossenheit“ in der Koalition nicht im Weg stehen wolle. Unterstellungen und Diffamierungen, auch aus den eigenen Reihen, seien ihr entgegengestellt worden. Das wolle sie nicht länger akzeptieren. Der Landesverfassungsschutz lehnt laut Lange zudem eine Veröffentlichung des Einstufungsvermerks, auch in teilgeschwärzter Form, ab. Eine solche „Geheimniskrämerei“ wolle sie nicht verantworten. 

Redigatur: Matthias Bau, Paulina Thom

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