Nein, die Symptome einer an Alzheimer erkrankten Frau sind nicht allein durch eine Ernährungsumstellung verschwunden
Die Webseite „Bewusst-Vegan-froh“ behauptete in einem Beitrag vom 24. Februar 2019, eine an Demenz erkrankte 82-Jährige habe nach einer Ernährungsumstellung ihr Gedächtnis zurück erlangt. Stimmt das?
In diesem Faktencheck geht es um folgende Behauptungen:
- Eine Ernährungsumstellung habe nachweislich einen so starken Einfluss auf Sylvias Zustand gehabt, dass ihre Rezepte nun von der Alzheimer’s Society geteilt würden.
- Demenzraten seien in Mittelmeerländern viel niedriger.
- Die Aufnahme von Aluminium im Gehirn hänge direkt mit Demenz und insbesondere der Alzheimer-Krankheit zusammen.
Das Ergebnis unseres Faktenchecks:
Die Behauptungen sind: Teilweise falsch.
Worum geht es?
Die Webseite „Bewusst-Vegan-froh“ behauptete in einem Beitrag vom 24. Februar 2019, eine an Demenz erkrankte 82-Jährige habe nach einer Ernährungsumstellung ihr Gedächtnis zurück erlangt.
Behauptung 1:
Eine Ernährungsumstellung habe nachweislich einen so starken Einfluss auf Sylvias Zustand gehabt, dass ihre Rezepte nun von der Alzheimer’s Society geteilt würden.
Was stimmt?
Der Artikel der Webseite „Bewusst-Vegan-froh“ basiert in Teilen auf einem Blogbeitrag der Rubrik „Real Stories“ der Alzheimer’s Society. Die Alzheimer’s Society ist eine Wohltätigkeitsorganisation für Demenzkranke und deren Betreuer im Vereinigten Königreich. In dem Beitrag schildert der Sohn Mark, wie nicht nur eine Ernährungsumstellung, sondern auch körperliche Bewegung, soziale Aktivität und kognitive Übungen zusätzlich zu der verschriebenen medikamentösen Behandlung seiner Mutter Sylvia beim Management ihrer Alzheimer Erkrankung helfen konnten.
Im Rahmen des Beitrags findet sich auch „Mark und Sylvias persönlicher Aktionsplan“. Dieser empfiehlt, bestimmte Lebensmittel vorzuziehen, bestimmte Lebensmittel zu vermeiden und eine Reihe anderer Aktivitäten, enthält aber keine Rezepte.
Am Ende des Beitrags lässt sich der Hinweis finden, dass eine gesunde Lebensweise Menschen mit Demenz bei der Bewältigung ihrer Symptome helfen könne, es aber keine eindeutigen Belege dafür gebe, dass dies die zugrunde liegenden Krankheiten, die Demenz verursachen, verlangsamen oder sogar aufhalten könne.
Zusammengefasst hat also weder die die Alzheimer’s Society Sylvias Rezepte geteilt, noch hat demnach die Ernährungsumstellung allein einen starken Einfluss auf Sylvias Zustand gehabt.
Behauptung 2:
Demenzraten seien in Mittelmeerländern viel niedriger.
Was stimmt?
Das stimmt nicht. Der ADI (Alzheimer Disease International) ist der Dachverband von über 80 verschiedenen Alzheimer-Vereinigungen der ganzen Welt. Im Rahmen des World Alzheimer Report 2015 (Seite 19) veröffentlichte er Informationen zur Alzheimer-Prävalenzrate mehrerer EU-Länder. Die Prävalenzrate in Italien (1) diente als Referenzwert, da dort die meisten Studien durchgeführt wurden. Italiens Prävalenzrate ist höher als zum Beispiel die Prävalenzrate in Finnland (0,55), im Vereinigten Königreich (0,68), in den Niederlanden (0,76) oder in Schweden (0,78).
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. – Selbsthilfe Demenz ist eine Selbsthilfeorganisation und hat als Bundesverband mehr als 130 angeschlossene Alzheimer-Gesellschaften. In ihrem Informationsblatt 1 auf Seite 4 berichtet sie, dass keine signifikanten Unterschiede in der Prävalenzrate von Alzheimer festgestellt werden konnten: „Zwischen den westlichen Industrieländern scheint es keine gravierenden Unterschiede im Vorkommen von Demenzen zu geben und auch innerhalb einzelner Länder, in denen mit identischer Methodik Untersuchungen in verschiedenen Landesteilen durchgeführt wurden, beobachtete man keine signifikanten regionalen Schwankungen.“
Behauptung 3:
Die Aufnahme von Aluminium im Gehirn hänge direkt mit Demenz und insbesondere der Alzheimer-Krankheit zusammen.
Was stimmt?
Dafür gibt es keine Belege. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) berät Bundesregierung und Bundesländer bezüglich Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit und betreibt eigene Forschung. In einer Stellungnahme aus dem Jahr 2007 berichtete das Bundesinstitut: „ Ein Zusammenhang zwischen einer erhöhten Aluminium-Aufnahme aus Lebensmitteln inklusive Trinkwasser, Medikamenten oder kosmetischen Mitteln und einer Alzheimer Erkrankung wurde bisher wissenschaftlich nicht belegt. Weder bei Dialyse-Patienten, noch bei Aluminium-Arbeitern – beides Personengruppen, die in großem Umfang mit Aluminium in Kontakt kommen – wurden die für Alzheimer typischen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn überdurchschnittlich oft beobachtet. Das BfR sieht deshalb keine Gesundheitsgefahr für Verbraucher durch eine Aluminiumaufnahme aus Lebensmittelbedarfsgegenständen und kosmetischen Mitteln.“
Im Juni 2017 veröffentlichte das BfR ein aktualisiertes Merkblatt mit dem Hinweis: „Verschiedene Studien versuchen einen Zusammenhang zwischen der Aluminiumaufnahme und einer Alzheimer-Krankheit nachzuweisen. Sie lassen aber aufgrund der uneinheitlichen Datenlage derzeit noch keine wissenschaftliche Beweisführung zu.“
Fazit:
Der Titel suggeriert, dass sich die Symptome einer Alzheimer-Erkrankung (unter anderem Gedächtnisverlust) bei einer 82 Jahre alten Frau durch eine Ernährungsumstellung nicht nur verbessern, sondern eliminieren lassen konnten.
Das stimmt laut dem als Quelle genutzten Artikel jedoch nicht. Demnach haben sich die Symptome ihrer Alzheimer-Krankheit nicht nur durch gesunde Ernährung, sondern eine generell gesunde Lebensweise (gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, soziale Interaktion, kognitive Übungen) verbessert. Dafür, dass eine gesunde Lebensweise die zugrunde liegenden Krankheiten, die Demenz verursachen, verlangsamen oder sogar aufhalten könnte, gibt es keine Belege.
Die Behauptung, Demenzraten seien in Mittelmeerländern viel niedriger, ist falsch. Die Behauptung, die Aufnahme von Aluminium im Gehirn hänge direkt mit Demenz und insbesondere der Alzheimer-Krankheit zusammen, ist unbelegt.
Von Eva Wirtz, Mitglied der Checkjetzt-Redaktion