Ja, Niedersachsen erlaubte das Schächten von Schafen zum Opferfest 2019
In einem Blogbeitrag wird behauptet, das Land Niedersachsen erlaube erneut das Schächten von Tieren zum islamischen Opferfest. Das ist richtig – die Schlachtung lief aber nicht unkontrolliert ab.
In diesem Faktencheck geht es um folgendes:
Am 11. August veröffentlichte die Seite Peter’s Blog einen Artikel mit dem Titel: „Niedersachsen erlaubt erneut Schächten“. Er enthält drei Behauptungen:
- Die niedersächsischen Behörden hätten „wie bereits im letzten Jahr“ im Rahmen einer Ausnahmeregelung das Schächten von bis zu 200 Tieren zum diesjährigen islamischen Opferfest erlaubt. Diese Ausnahmen seien im Tierschutzgesetz unter Paragraph 4a geregelt.
- Die Genehmigung sei zwar einem Schlachthof erteilt worden, doch niemand könne garantieren, dass die Tiere deshalb beim Schächten weniger leiden.
- Die Tierschutzorganisation Peta stelle das Schächten auf eine Stufe mit den in Deutschland üblichen Methoden zur Schlachtung von Tieren und empfehle eine rein pflanzliche Ernährung.
Bisher wurde der Artikel dem Analysetool Crowdtangle zufolge mehr als 3.900 Mal auf Facebook geteilt.
Das Ergebnis unseres Faktenchecks:
Die Behauptungen sind: Teilweise falsch.
Behauptung 1:
Die niedersächsischen Behörden hätten „wie bereits im letzten Jahr“ im Rahmen einer Ausnahmeregelung das Schächten von bis zu 200 Tieren zum diesjährigen islamischen Opferfest erlaubt. Diese Ausnahmen seien im Tierschutzgesetz unter Paragraph 4a geregelt.
Was stimmt?
Als Schächten wird das Schlachten durch Ausbluten ohne Betäubung bezeichnet, das nach religiösen Vorschriften durchgeführt wird. Es ist in Deutschland eigentlich verboten. Im Tierschutzgesetz (Paragraf 4a) steht: „Ein warmblütiges Tier darf nur geschlachtet werden, wenn es vor Beginn des Blutentzugs zum Zweck des Schlachtens betäubt worden ist.“ Allerdings kann laut Gesetz das Schächten in Ausnahmefällen genehmigt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass religiöse Gründe es vorschreiben. Dazu müsse bei der zuständigen Veterinärbehörde rechtzeitig vorab ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt werden, heißt es auf der Webseite des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.
Tatsächlich wurden in Niedersachsen 2018 und auch 2019 Sondergenehmigungen zum Schächten von Tieren anlässlich des islamischen Opferfestes erteilt. Es sei „in den letzten Jahren und in diesem Jahr von einer kommunalen Veterinärbehörde in Niedersachsen jeweils eine Ausnahmegenehmigung für das betäubungslose Schlachten erteilt“ worden, schreibt das Ministerium in einer Mitteilung auf seiner Webseite. Dies bestätigte uns eine Sprecherin des Ministeriums für Landwirtschaft und Ernährung, Sabine Hildebrandt, auch per Email: 2018 seien in Niedersachsen insgesamt 202 Schafe auf diese Art geschlachtet worden. 2019 sei die Zahl auf 200 Schafe oder Ziegen begrenzt worden.
Das diesjährige Opferfest fand vom 10. bis 14. August statt. Anschließend schrieb Hildebrandt uns in einer weiteren Mail, es seien tatsächlich dieses Mal nur 113 Schafe geschlachtet worden. Es habe keinerlei Betäubung stattgefunden. Die Ausnahmegenehmigung habe sich nur auf Schafe oder Ziegen, nicht auf Rinder bezogen. Sie sei für den 11. und 12. August 2019 erteilt worden und habe sich auf „die Schlachtung von maximal 200 Schafe/Ziegen oder 4 Tonnen Lebendgewicht pro Tag“ bezogen.
Behauptung 2:
Die Genehmigung sei zwar einem Schlachthof erteilt worden, doch niemand könne garantieren, dass die Tiere deshalb beim Schächten weniger leiden.
Was stimmt?
Der Artikel auf Peter’s Blog suggeriert, das Schächten der Tiere laufe unkontrolliert ab. Zur Veranschaulichung wird im Artikel auch ein Video verlinkt, das das Schächten einer Kuh auf offener Straße zeigt. Das Tier wird dabei getreten und geschlagen. Die Aufnahme stammt wohl nicht aus Deutschland, da alle Plakate und Schilder im Hintergrund nicht in lateinischer Schrift beschriftet sind. Den Ursprung des Videos konnten wir nicht finden. Zwar behauptet der Artikel nicht, es stamme aus Deutschland, es erweckt im Zusammenhang mit dem Bericht über Niedersachsen aber einen falschen Eindruck.
Dass die Genehmigung einem Schlachthof erteilt wurde, stimmt: Auf Nachfrage teilt uns die Sprecherin des Ministeriums, Sabine Hildebrandt, mit, in den vergangenen Jahren und auch 2019 sei nur jeweils eine Ausnahmegenehmigung von einer kommunalen Veterinärbehörde in Niedersachsen erteilt worden.
Aus dem Text auf der Webseite des Ministeriums geht hervor, dass die Schlachtungen nur in zugelassenen Schlachtbetrieben durchgeführt werden dürfen. Es müsse „die notwendige Sachkunde für das Schlachten ohne Betäubung vorliegen“. Das Ganze laufe nicht unkontrolliert ab: Alle genehmigten Schlachtungen ohne Betäubung seien vom zuständigen Veterinäramt zu überwachen.
Behauptung 3:
Die Tierschutzorganisation Peta stelle das Schächten auf eine Stufe mit den in Deutschland üblichen Methoden zur Schlachtung von Tieren und empfehle eine rein pflanzliche Ernährung.
Was stimmt?
Die Tierschutzorganisation hat auf ihrer Webseite einen Artikel veröffentlicht, in dem über den Islam und das Schächten informiert wird. Anschließend heißt es: „Doch ergeht es Tieren in konventionellen Schlachthäusern wirklich besser? (…) Auch wenn Tiere im Schlachthof betäubt werden, leiden sie unsagbar. Sei es, weil die Betäubung nicht richtig funktioniert oder weil das Betäubungsgerät mehrfach angesetzt werden muss.“ Deshalb bleibe als tierfreundliche Ernährung nur die rein pflanzliche Ernährung.
Peta bezeichnet also auch die Schlachtung mit Betäubung als grausam – schreibt aber nicht explizit, dass sie gleichermaßen schlimm sei wie das Schächten.
Fazit:
Die zentrale Behauptung, Niedersachsen erlaube 2019 erneut das Schächten von 200 Tieren zum Opferfest, stimmt. Dass die Schlachtung ohne Betäubung jedoch unkontrolliert abläuft und niemand dabei auf den Tierschutz achtet, wie der Artikel suggeriert, ist falsch.
Von der Checkjetzt-Redaktion