Keine Waffen für „muslimische Einwanderer“: Container waren auf dem Weg nach Libyen
Seit Jahren wird im Netz verbreitet, in Griechenland seien Container mit Waffen für muslimische Einwanderer gefunden worden. Das ist falsch. Tatsächlich entdeckte die griechische Küstenwache 2015 ein Schiff mit Waffen, aber sie waren nicht auf dem Weg nach Europa.
In einem Artikel von Zaronews vom 11. Oktober 2016 wird behauptet, griechische Zöllner hätten „14 Container mit 52 Tonnen Waffen und Munition für muslimische Einwanderer“ gefunden, getarnt als Möbel. Obwohl der Text schon fast drei Jahre alt ist, wird er in letzter Zeit wieder stark in Sozialen Netzwerken geteilt, zum Beispiel vom AfD-Kreisverband Würzburg am 24. August 2019 auf Facebook.
Der Artikel von Zaronews erweckt den falschen Eindruck, die Waffen seien auf dem Weg nach Deutschland gewesen. Der Eindruck wird unter anderem erzeugt durch die Formulierung „muslimische Einwanderer“ und die Behauptung im Text, es handele sich bei der Einwanderung in Deutschland um eine „Invasion“, der nur noch die Waffen fehlten.
CORRECTIV-Recherchen zeigen: Das ist falsch. Die Meldung basiert zwar auf einer Waffenlieferung, die 2015 von der griechischen Küstenwache entdeckt wurde – ihr Ziel war damals aber Libyen.
Griechische Küstenwache veröffentlichte Bericht und Foto
Das Foto, mit dem der Beitrag von Zaronews bebildert ist, tauchte erstmals 2015 im Internet auf. Über die Bilder-Rückwärtssuche der Suchmaschine Yandex findet sich eine griechische Nachrichtenseite namens Flashnews. Diese berichtete erstmals am 1. September 2015 über die Entdeckung eines Schiffes mit Waffen an Bord vor der Küste Kretas. Es sei unterwegs nach Libyen gewesen.
Der Artikel verweist auf die griechische Küstenwache. Deren Pressemitteilung vom 1. September 2015 ist online zu finden. Darin heißt es, das Schiff sei von der türkischen Stadt Iskenderun auf dem Weg nach Libyen gewesen. Vor der Küste Kretas sei es gestoppt worden.
Am 2. September 2015 berichtete die Küstenwache erneut und stellte auch Fotos des Schiffes und der gefundenen Waffen zum Download zur Verfügung – darunter ist auch das Foto, das von Zaronews verwendet wurde. Es wurde also von der Küstenwache gemacht.
Im Text der Küstenwache steht, es seien in Heraklion (Iraklio) auf Kreta 14 Container entladen und palettenweise Kartons mit Waffen und Munition beschlagnahmt worden. In den Papieren des Schiffes seien die Waffen nicht erwähnt worden, und diese seien „sorgfältig hinter einfacher Ladung (Schubladen, Schränke und Kunststoffbehälter ) verborgen“ worden, um sie „illegal einzuschmuggeln“. Die Operation sei Teil einer „systematischen und intensiven Prüfung der griechischen Küstenwache zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität“.
Auch die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am 2. September 2015 über den Fall. Im Bericht wird das Waffenembargo der UN für Libyen erwähnt, das wegen der gewaltsamen Konflikte im Land verhängt wurde. Da das Schiff von einem türkischen Hafen abgefahren war, wird ein Sprecher des türkischen Außenministeriums namens Tanju Bilgic zitiert. Er sagte Reuters, die Waffen an Bord des Schiffes seien ordnungsgemäß dokumentiert und für die Sudanesische Polizei bestimmt gewesen. Das Schiff habe außerdem Baumaterial für Libyen an Bord gehabt. Laut Papieren habe das Schiff Misrata und Tobruk in Libyen ansteuern und danach zurück nach Beirut (Libanon) fahren wollen.
Was genau mit den Waffen geschehen sollte, ist unklar. Klar ist aber, dass das Schiff keinen europäischen Hafen anlaufen sollte. Es war auf dem Weg nach Libyen, als die Küstenwache es abfing.
Falschmeldung verbreitete sich auch in den USA
Seit Jahren werden die Fotos der Küstenwache und die Meldung also fälschlicherweise verwendet, um Angst vor Einwanderern zu schüren – und das nicht nur in Deutschland. Bereits 2015 widerlegten die US-amerikanischen Faktenchecker von Snopes die damals verbreitete Behauptung, die Waffen seien für „europäische Flüchtlingscamps“ bestimmt gewesen. Die Falschmeldung tauchte aber auch danach in den USA immer wieder auf, schreibt Snopes.
Zuletzt veröffentlichte das US-Magazin Washington Examiner einen Faktencheck anlässlich eines Beitrags auf Facebook vom 3. Dezember 2018. Darin zeigte ein Nutzer die Fotos aus Griechenland und behauptet, die Waffen seien für muslimische Einwanderer in den USA bestimmt gewesen.