Nein, durch die Grundrente bekommen Rentner nicht 46 Euro mehr
Noch am selben Tag, an dem sich die Große Koalition auf eine Grundrente geeinigt hat, verbreiten sich irreführende Informationen dazu auf Facebook. Eine Seite behauptet, die Grundrente liege zehn Prozent über dem Hartz-4-Satz und entspreche 46 Euro. Das ist falsch.
Das Thema Grundrente beschäftigt Deutschland: Am 11. November hat sich die Bundesregierung auf ein Konzept geeinigt. Die Facebook-Seite „Befreiter Blick“ veröffentlicht noch am selben Tag einen Beitrag, der bisher mehr als 2.400 Mal geteilt wurde. Darin heißt es: „Toll! Wer 35 Jahre gearbeitet hat, soll die Grundrente bekommen. 10 % mehr als Hartz 4. Das sind 46 €.“
Damit wird suggeriert, durch die Grundrente bekämen Rentner immer nur 46 Euro mehr. Das ist falsch.
Eine Google-Suche ergibt eine mögliche Quelle für die Zahlen aus dem Facebook-Beitrag: ein Bericht des Deutschlandfunk vom 10. November, in dem es heißt, die Grundrente solle „zehn Prozent über der Grundsicherung“ liegen. So stand es im Koalitionsvertrag von Union und SPD: „Wir honorieren Lebensleistung und bekämpfen Altersarmut: Einführung einer Grundrente 10 Prozent über der Grundsicherung für alle, die ein Leben lang gearbeitet haben, unter Einbeziehung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten.“
Auf Nachfrage erklärt eine Pressesprecherin des Bundesministerium für Arbeit und Soziales uns jedoch per E-Mail, in Bezug auf den aktuellen Beschluss der Großen Koalition stimme die pauschale Aussage des Facebook-Beitrags nicht.
Wer bekommt die Grundrente?
Die Sprecherin schickte CORRECTIV ein Faktenpapier des Ministeriums per E-Mail zu. Es ist nicht öffentlich verfügbar. Das Ziel der Grundrente sei demnach, dass die Rente über der Grundsicherung im Alter liege. Der Satz ist genauso hoch wie der von Hartz 4. Er liegt für Alleinstehende und Alleinerziehende, die einen eigenen Haushalt führen, seit dem 1. Januar 2019 monatlich bei 424 Euro (PDF, Seite 7).
Die Grundrente ist ein Aufschlag auf die Rente. Er steht Menschen zu, die mindestens 35 Jahre „Grundrentenzeit“ vorweisen können. Dies seien „Pflichtbeitragszeiten vor allem aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflegetätigkeit“, schreibt das Ministerium in seinem Faktenpapier. Im Wesentlichen ist die Aussage aus dem Facebook-Beitrag, die Grundrente bekämen Menschen, die 35 Jahre gearbeitet haben, also richtig.
Es gibt aber noch eine weitere Voraussetzung: dass die Person wenig verdient hat. Ihre Beitragsleistungen müssen laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter 80 Prozent von denen eines Durchschnittsverdieners liegen. So erklärt es auch die Tagesschau.
Die Grundrente ist kein fester prozentualer Betrag von zehn Prozent, der einfach auf jede Rente aufgeschlagen wird. Die Berechnung ist komplizierter – dabei kommt es zum Beispiel darauf an, wieviel Prozent vom Durchschnittseinkommen jemand verdient hat.
Es ist also nicht einheitlich, wie viel mehr eine Person durch die Grundrente pro Monat bekommt. Das Bundesministerium rechnet zum Beispiel vor, dass eine Friseurin, die 40 Jahre lang für 40 Prozent des Durchschnittslohns gearbeitet hat, durch die Grundrente 404,86 Euro monatlich mehr bekomme.
404,86 Euro ist laut Spiegel Online der maximal mögliche Zuschlag durch die Grundrente in Westdeutschland. Im Osten seien es 390,65 Euro. Spiegel Online hat in seinem Beitrag noch weitere Beispiele durchgerechnet. In einem Fall bekomme eine Rentnerin, die Grundsicherung im Alter bezieht, durch die Grundrente brutto 334,01 Euro mehr pro Monat. Nach Abzug der Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung und Wohnkosten blieben ihr 140 Euro zusätzlich zu dem 424-Euro-Regelsatz, den sie sonst erhalten hätte.
„Eine Aussage zu den wahrscheinlichen Auszahlungshöhen ist nicht möglich, da die der Berechnung zugrundeliegenden Lebensläufe höchst unterschiedlich sind“, erklärt die Sprecherin des Bundesministeriums in ihrer E-Mail an CORRECTIV. „Der durchschnittliche Grundrentenzuschlag beträgt jedoch rund 75 Euro (brutto).“