„Destabilisierende Aktivitäten“: Neue EU-Sanktionen gegen russische Hacker und Propagandisten
Das 20. Sanktionspaket richtet sich unter anderem gegen Personen, die laut EU an „böswilligen Aktivitäten Russlands“ beteiligt sind. Es trifft Propaganda-Sprachrohre und Geheimdienst-Hacker. Neu sanktioniert wird auch der Mann, den die Bundesregierung der Einmischung in die Bundestagswahl beschuldigt.
Update, 15. Dezember 2025 15:15 Uhr: Die EU hat das 20. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Die unten im Fließtext erwähnten Akteure finden sich im Anhang zum Beschluss über Maßnahmen angesichts von „destabilisierenden Aktivitäten Russlands“.
Wenn die europäischen Außenminister an diesem Montag in Brüssel zusammentreffen, geht es vor allem um eine weitere Verschärfung der Russland-Sanktionen. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas kündigte am Morgen an, man werde 40 weitere Schiffe der sogenannten Schattenflotte sanktionieren, sowie Akteure, die deren Betrieb ermöglichen. „Ziel ist es, Russland die Mittel zur Finanzierung seines Krieges zu entziehen“, sagte Kallas gegenüber der Presse.
Im inzwischen 20. Sanktionspaket der EU geht es aber auch um Personen und Organisationen, die die EU für „destabilisierende Aktivitäten“ verantwortlich macht. ln diesem Zusammenhang sollen nach Informationen von CORRECTIV zwölf Personen sowie zwei Organisationen sanktioniert werden. Man verurteile „die böswilligen Aktivitäten Russlands gegen die Union, ihre Mitgliedstaaten, internationale Organisationen und Drittländer“, heißt es in dem abgestimmten Beschlussentwurf zur Begründung.
Bundesregierung beschuldigt Russland der Einmischung
Erst am Freitag hatte die Bundesregierung Russland beschuldigt, über eine Desinformationskampagne namens „Storm-1516“ „sowohl die letzte Bundestagswahl als auch fortlaufend die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland zu beeinflussen und zu destabilisieren“. Die Zuweisung ging mit der Einbestellung des russischen Botschafters einher. CORRECTIV hatte die Kampagne während des Bundestagswahlkampfs im Januar aufgedeckt.
Mit dem US-Amerikaner John Mark Dougan sanktioniert die EU nun den Verantwortlichen hinter der Kampagne. In der Begründung verweist sie unter anderem auf Berichte westlicher staatlicher Stellen, dass Dougan „russische Unterstützung und Anweisungen zur Beeinflussung von Wahlen, zur Diskreditierung von politischen Persönlichkeiten und zur Manipulation des öffentlichen Diskurses in westlichen Ländern erhält.“
Die Bundesregierung hatte ausgeführt, dass es „belastbare Informationen“ dafür gebe, dass hinter Dougan und seiner Kampagne zwei Bewegungen stünden, die vom russischen Militärgeheimdienst GRU unterstützt werden. Die Regierung berief sich dabei auf eine Analyse des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und des Bundesnachrichtendienstes (BND).
Expertenpool des russischen Waldai-Clubs betroffen
Neben Dougan trifft es mehrere Vertreter des vom Kreml initiierten politischen Diskussionsklubs Waldai. Darunter wird etwa der außenpolitische Analyst Dmitry Suslov gelistet, der 2024 öffentlich vorgeschlagen hatte, dass Russland eine „demonstrative nukleare Explosion“ in Erwägung ziehen sollte, um „den Westen an die Gefahren eines Atomkriegs zu erinnern“. Der bekannte Politikanalyst Fjodor Lukjanow wird als „wichtiger Meinungsführer, der die Aggression Russlands ideologisch rechtfertigt“, genannt.
Mit dem Schweizer Jacques Baud, dem Franzosen Xavier Moreau und der Ukrainerin Diana Panchenko sanktioniert die EU auch drei europäische Personen, die an „Informationsmanipulation und Einflussnahme“ beteiligt gewesen seien.
Ein weiterer Block trifft Hacker der Einheit 29155 des russischen Militärgeheimdienstes GRU, sowie der Cybergruppierung Cadet Blizzard. Die EU beschuldigt vier Russen im Rang von Offizieren, zwischen Dezember 2020 und August 2024 an Cyberangriffen auf Regierungsorganisationen in der Ukraine beteiligt gewesen zu sein. Die Gruppe habe auch Mitgliedstaaten der Union und Mitgliedstaaten der NATO angegriffen, „um sensible Informationen zu erhalten und die politische Lage in den Ländern zu destabilisieren“.
Ein Zeichen während laufender Verhandlungen
Vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen will die EU das Signal senden, dass man es trotz Druck aus den USA ernst meint mit der Unterstützung der Ukraine. Einen Platz am Verhandlungstisch aber will man der EU in Moskau nicht einräumen.
„Die EU hat keine Waffen, kein Geld und ist sich intern nicht einig“, sagte der Vordenker Putinscher Außenpolitik Fjodor Lukjanow erst am Morgen der Tagesschau. Die Ukraine habe längst erkannt, dass Europa ein unzuverlässiger Verbündeter sei. Ab heute bestraft die EU Lukjanow und andere Russen für solche Aussagen.
Redigatur: Ulrich Kraetzer