CrowdNewsroom

Parkplatz-Not in Basel:
Leser decken tausende freie Parkplätze auf

Um mehr Parkplätze zu schaffen, kennt Basel nur eine Lösung: den Bau neuer Parkings. Dabei würde Parkraum für rund 2.000 Autos ohne Neubau bestehen, zeigt eine Crowd-Recherche: Indem brachliegendes Potential in Tiefgaragen genutzt wird. 

von Samuel Hufschmid, Marc Engelhardt, Sven Niederhäuser

27. Juni 2023

Mehrfachbelichtung einer stark befahrenen Straße in Basel Einfahrt einer Tiefgarage Verkehrsberuhigte Straße mit einigen wenigen Parkplätzen Tiefgarage mit vielen leeren Parkplätzen

Damit Autos vom Strassenrand verschwinden, kennt Basel bisher nur eine Lösung: den Bau neuer Quartierparkings. In den vergangenen 20 Jahren versuchte der Kanton es mit Millionen-Zuschüssen für Neubauten – ohne Erfolg.

Gerade einmal 40 neue Parkplätze wurden seit 2013 erstellt, im Vergleich zu 27.000 Strassenparkplätzen «praktisch vernachlässigbar», wie der Regierungsrat im März selbst einräumte. Nun will der Kanton selbst zum Bauherr werden, noch mehr Geld in die Hand nehmen.

Dabei könnten geschätzte 2.000 Autos ganz ohne Neubauten, fast kostenfrei und quasi sofort vom Strassenrand verschwinden, wie die Crowd-Recherche von Bajour und dem CORRECTIV CrowdNewsroom ergeben hat.

Über 1.000 Leser*innenmeldungen belegen: Es gibt hunderte ungenutzter Parkplätze in privaten Einstellhallen übers ganze Stadtgebiet verteilt. Die Verwaltung ignoriert diese Option. Sie weiss nicht einmal flächendeckend, in welchen Gebäuden es überhaupt Tiefgaragen hat.

Auch wenn in Basel viel gestritten wird über Parkplätze, in einem Punkt ist sich eine Mehrheit einig: Der öffentliche Raum kann sinnvoller genutzt werden als mit abgestellten Autos. Es können zum Beispiel Bäume gepflanzt und Flächen entsiegelt und damit das Stadtklima verbessert werden. So steht es auch im Umweltschutzgesetz, das explizit verlangt, dass sich der Kanton für eine Verlagerung von Parkplätzen aus dem Strassenraum auf Privatgelände einsetzt. Doch wenn Neubauten als Lösung angestrebt werden, scheitern die Vorhaben. Beispiel Landhof-Parking: Unterhalb des ehemaligen FCB-Stadions sollte ein Quartierparking mit 200 Plätzen entstehen, dafür machte der Kanton 1,7 Millionen Subventionsfranken locker – und scheiterte, unter anderem am Widerstand aus dem Quartier. 

Dabei scheint die Alternative offensichtlich. Gefühlt an jeder Ecke steht ein «Einstellplatz zu vermieten» Schild, auch auf den bekannten Immobilienplattformen gibt es hunderte Angebote. Läge da nicht ein gewisses Potenzial? Die Antwort lautet: vielleicht, denn die Basler Behörden haben keine flächendeckenden Informationen dazu, welche Gebäude überhaupt über eine Tiefgarage verfügen. «Es gibt in der Tat keine flächendeckenden Informationen zu unterirdischen Parkmöglichkeiten», schreibt Lukas Büchel vom Statistischen Amt auf Anfrage. 

An dieser Stelle setzen die Bajour-Leser*innen ein. Zwar kennt auch von ihnen niemand alle Parkings der Stadt, aber die meisten wissen von einer oder zwei Tiefgaragen in ihrer Strasse; viele haben sogar Zugang zur Tiefgarage im eigenen Haus. Dieses Wissen haben wir im grossen «Ist hier noch frei?»-Crowdsourcing, das wir gemeinsam mit dem Schweizer Recherchenetzwerk CORRECTIV CrowdNewsroom durchgeführt haben, zusammengetragen. Über 1.000 Meldungen sind eingegangen. Und das sind unsere fünf wichtigsten Erkenntnisse:

Tortendiagramm Anzahl Tiefgaragen in Quartieren mit hoher Nachfrage Einfahrt einer Tiefgarage Verkehrsberuhigte Straße mit einigen wenigen Parkplätzen Tiefgarage mit vielen leeren Parkplätzen Tiefgarage mit vielen leeren Parkplätzen

#1

In Basel gibt es mehr als 370 private Tiefgaragen. Zwei Drittel davon sind in Quartieren, die gemäss Kanton eine «hohe Parkplatzauslastung» ausweisen.

#2

Bajour-Leser*innen hatten Zugang zu 117 Tiefgaragen. Diese verfügen zusammen über 7.000 Parkplätze. 13,3 Prozent dieser Parkplätze waren zum Beobachtungszeitpunkt nicht vermietet oder wurden zweckentfremdet genutzt.

#3

Die typische Einstellhalle unserer Stichprobe hat 39 Plätze, wovon 7,6 Plätze dauerhaft leer oder zweckentfremdet sind (Median). Ein Viertel der Plätze in den besuchten Garagen stand zum Zeitpunkt des Besuchs leer.

#4

Expert*innen schätzen anhand der von der Crowd erstmals erhobenen Zahlen, dass mit dem brachliegenden Potential in privaten Tiefgaragen bis zu 2.000 oberirdische Parkplätze ersetzt werden könnten. Das entspricht fast jedem zehnten Parkplatz auf Allmend.

#5

Der Kanton verweist auf seine eigene Teilerhebung aus dem Jahr 2019, die auf einer höheren Stichprobe beruhe und in einzelnen Quartieren auf eine deutlich tiefere Anzahl freier Parkplätze komme. Die Erhebung zeige, dass das zur Verfügung stehende Potential in bestehenden Tiefgaragen nicht ausreichend sei und deshalb am Bau von Quartierparkings festgehalten werden müsse. Das durch die Crowd-Recherche ermittelte brachliegende Potenzial von 2.000 Parkplätzen hält der Kanton für plausibel.

Und so sieht es in deiner Nachbarschaft aus

Die grosse Parkplatzkarte zeigt, in welchen Basler Tiefgaragen noch Plätze frei sind. Einfach mit einem Klick zustimmen, dass dir die externe Karte angezeigt wird: Und schon kannst du durch die Quartiere scrollen, in die Karte rein- und rauszoomen und dir so unsere Ergebnisse anzeigen lassen.

Experte: Brachliegendes Potenzial für Sharing-Angebote nutzen

Wir haben die Recherche-Ergebnisse Stefan Carsten, Stadtgeograf und Experte für urbane Mobilität, vorgelegt. Er sagt: «Dezentral eine so grosse Anzahl ungenutzter Parkplätze zu haben, ist eine riesige Chance für Basel. In diesen Tiefgaragen sollten konsequent Sharing-Angebote eingerichtet werden: Lastenräder, Fahrräder, vereinzelt auch Autos.» Neue Tiefgaragen zu bauen in Städten mache hingegen gar keinen Sinn mehr – Tiefgaragen seien teuer und führten zu extremen Emissionen beim Bau, vor allem durch die Verwendung von Beton und Stahl. «Bereits bestehende Tiefgaragen bestmöglich zu nutzen, ist viel besser.»

Guillaume Habert, Professor für Nachhaltiges Bauen an der ETH Zürich, sieht dies ebenso. «Garagen werden zu 99 Prozent mit Zement gebaut, nachhaltige Alternativen kommen nicht in Frage, weil Holz nicht genügend Tragkraft hat für eine Tiefgarage.» Anke Domschky, Dozentin für Landschaftsarchitektur und Urban Studies an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, sieht mit neuen Tiefgaragen weitere Probleme: Bäume würden verkrüppeln, Wasser könne nicht versickern. Das ist eines der Hauptargumente der Gegner*innen des geplanten Parkings beim Kinderspital, das unter der Tschudi-Matte errichtet werden soll. Anfang Monat hat eine Mehrheit aus SP, Grünen und Grünliberalen im Kantonsparlament einen Vorstoss überwiesen, der ein generelles Verbot von Bauten unterhalb von Grünanlagen fordert.

Dass es sinnvoller wäre, freie Parkplätze in bestehenden Tiefgaragen zu nutzen, als neue Quartierparkings zu bauen, zu diesem Schluss kommt auch das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD). Sprecherin Nicole Ryf schreibt: «Der Bau eines Quartierparkings ist eine Möglichkeit, um eine Verlagerung von Parkplätzen aus dem Strassenraum auf Privatgelände zu erreichen. Besser ist jedoch die (Mehrfach-)Nutzung von bereits bestehendem unterirdischem Parkraum.» Eine Erhebung des BVD aus dem Jahr 2019, bei der 2.389 Hauseigentümer*innen und Immobilienverwaltungen angeschrieben wurden, zeige jedoch, dass das bestehende brachliegende Potenzial nicht ausreiche. 

Das BVD hält die von Bajour-Leser*innen gesammelten Daten für eine «gute erste Abschätzung für die Beurteilung einer lokalen Parkierungssituation». Die eigene Erhebung, basierend auf Angaben zu 5.271 Gebäuden, halte das Amt aber für zuverlässiger. Im Fazit derselben Erhebung hingegen wird selbstkritisch festgehalten, dass «die Befragung nicht bei den Gebäudebesitzern, sondern direkt bei den Parkplatzbesitzern bzw. Mietern ansetzen müsste, um die Aussagequalität der Nutzungsangaben zu verbessern». Eine eigene Studie, die Erkenntnis, dass Mehrfachnutzen besser ist als Neubauten und Interesse an den Bajour-Daten: Das weist zumindest auf ein Umdenken hin. Gehandelt wurde in den vier Jahren seit der eigenen Untersuchung noch nicht. 

Mit Spannung zu erwarten ist vor diesem Hintergrund, zu welchen Schlüssen das auf Ende Jahr angekündigte «Vorgehenskonzept Quartierparkings» kommen wird. Weil es sich um die Beantwortung eines Geschäfts (Anzug Luca Urgese und Konsorten betreffend «konkrete Planung von Quartierparkings») handelt, wird dazu nichts gesagt. In der Beschreibung des Konzepts ist jedoch bereits vermerkt, dass «neben dem Bau neuer Quartierparkings auch eine effizientere Nutzung bestehender privater Parkplätze angestrebt werden soll».

So haben wir recherchiert

In einer ersten Phase haben Bajour-Leser*innen Tiefgaragen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gemeldet. Adressen, zu denen drei identische Meldungen eingegangen sind, wurden als bestätigt gezählt. In einer zweiten Etappe wurden Detailinformationen zu Einstellhallen gesammelt, zu denen die Leser*innen Zugang hatten: Wie viele Plätze gibt es, wie viele sind frei oder werden zweckentfremdet benutzt. 

Diese Daten wurden ergänzt durch Anfragen an grosse Immobilienbesitzer. Zudem wurden Bewohner*innen von Liegenschaften mit Tiefgarage, zu denen Bajour-Leser*innen keinen Zugang hatten, mit Flyern in ihren Briefkästen aufgefordert, sich an der Crowdrecherche zu beteiligen. Die erhobenen Daten wurden ausgewertet, verifiziert und mit Informationen zu Besitzer*innenkategorien aus der «Wem gehört Basel»-Recherche ergänzt. Aus methodischen Gründen weggelassen haben wir die öffentlich zugänglichen Parkhäuser mit rund 6.500 Parkplätzen, da deren Belegung bekannt ist.

Dieses offenbar neu erweckte Interesse der Behörden an bestehenden Parkplätzen könnte auch damit zu tun haben, dass das Basler Stimmvolk demnächst über zwei Initiativen des Vereins Umverkehr abstimmt. Werden sie angenommen, muss pro Jahr ein Prozent der Strassenfläche entweder entsiegelt oder in Flächen für ÖV, Fuss- oder Veloverkehr umgenutzt werden. Parkplätze zählen dabei explizit zur Strassenfläche, zahlen also voll ein in die Rechnung, wie Umverkehr-Sprecherin und Basta-Grossrätin Tonja Zürcher auf Anfrage bestätigt. Würden Parkplätze im Gleichschritt mit dem anderen Strassenraum abgebaut, müssten jährlich rund 270 Parkplätze weichen – das sind weit mehr, als in den vergangenen 20 Jahren in Basler Quartierparkings geschaffen wurden.

Subventionen für bestehende Parkplätze statt für Neubauten?

Als Abhilfe Plätze in Tiefgaragen zu subventionieren, dagegen sträubt sich Zürcher hingegen grundsätzlich. Denn einer der Gründe, weshalb Basler*innen lieber auf Allmend statt in Einstellhallen parkieren, sind die Kosten. Eine Anwohnerparkkarte kostet jährlich 284 Franken, der Durchschnittspreis für neu ausgeschriebene Tiefgaragenplätze in Basel auf der Immobilienplattform Homegate betrug im vergangenen Jahr hingegen 159 Franken pro Monat, was jährlichen Kosten von 1.900 Franken entspricht. Statt Parking-Neubauten zu subventionieren, könnte der Kanton einen Teil dieser Mehrkosten übernehmen, um Autos vom Strassenrand in den bereits erschlossenen Untergrund zu bringen. «Besser wäre, die Parkgebühren auf Allmend weniger zu subventionieren», sagt Zürcher. «Wenn man fürs Parkieren auf Allmend gleich viel bezahlen würde wie für die sonstige Nutzung, zum Beispiel für ein Strassencafé, dann würde es um einiges teurer und der Preisunterschied würde sich automatisch anpassen.»

Ganz anderer Meinung ist «TCS beider Basel»-Präsident Christophe Haller. Er sagt: «Eine weitere Preiserhöhung für Anwohnerparkkarten ist unsozial, es gibt viele Menschen, die auf ein eigenes Auto angewiesen sind und jetzt schon Mühe haben, alle Kosten zu stemmen.» Tiefgaragenparkplätze zu subventionieren mit Geld, das für den Bau von Parkings vorgesehen wäre und nicht verwendet wird, findet Haller eine «prüfenswerte Idee». Doch er meint: «Der Teufel liegt im Detail.». Es müsse zum Beispiel gewährleistet sein, dass nur berechtigte Personen Zugang zur Tiefgarage haben. «Und dann müsste der Preis für einen garantierten, gedeckten Parkplatz auf jeden Fall höher bleiben als auf Allmend, wo man sich einfach das Recht kauft, sein Auto abzustellen, wenn man einen freien Parkplatz findet.» 

Auch in dieser Frage hat das BVD Pläne: Eine direkte Subventionierung von Parkplatzmieter*innen sei zwar nicht vorgesehen, wie es auf Anfrage heisst. Es werde jedoch geprüft, ob die Gebühr der Anwohnerparkkarte nach Fahrzeuggrösse angepasst werden könne. Sprich: Dass Besitzer*innen grosser Autos künftig mehr für ihre Anwohnerparkkarte bezahlen müssten. «Dies wäre ein Schritt in Richtung verursachergerechten Tarifen auch im Strassenraum», begründet das Amt.  

Das ist die Betrachtung aus der Vogelperspektive: Grosse Zahlen, grosse Möglichkeiten, die bisher ungenutzt blieben. Das müssen Anwohner*innen vor der eigenen Haustür ausbaden.

Heatmap gemeldetet privater Tiefgaragen Heatmap gemeldetet privater Tiefgaragen Heatmap gemeldetet privater Tiefgaragen

Dort beschäftigt das Thema am meisten. Und wird je nach Quartier ganz unterschiedlich schwer wahrgenommen, wie die Karte aller von Bajour-Leser*innen gemeldeter privater Tiefgaragen zeigt.

Das obere Kleinbasel ist beispielsweise dunkelrot eingefärbt – was vielen Tiefgaragen-Meldungen entspricht. Tatsächlich bewegt das Thema das Quartier, wie Hans-Peter Ebneter, Vorstandsmitglied im «Neutralen Quartierverein», erzählt. Als er vom «Ist hier noch frei?»-Rechercheprojekt erfahren hat, machte er sich gleich auf den Weg ins Bajour-Büro und wies auf die Umfrage im aktuellen «Quartierblitz» hin: Der geplante Abbau von 32 Parkplätzen entlang der Wettsteinstrasse sehen 79 Prozent der Teilnehmer*innen als «Einschränkung fürs tägliche Leben». Gleichzeitig spricht sich eine Mehrheit für den Bau von unterirdischen Quartierparkings und eine generelle Begrünung auf den Flächen aus, auf denen bislang Autos parkieren.

Eine andere Optik auf Parkplätze hat Dominic Eicher, der im Iselin-Quartier wohnt und beim Velofahren täglich beobachtet, wie Autos auf Trottoirs, vor Ausfahrten und auf Halteverbotsflächen parkiert werden.

Um auf die gefährlichen Situationen hinzuweisen, hat er Mitte Juni einige Situationen auf Twitter dokumentiert.

Tweets von Dominic Eicher
Tweets von Dominic Eicher

Eicher fragt: «Gibt es einen Plan zur Lösung?» Ein paar Strassen weiter, in einem Büro am Picassoplatz, hüpft Corsin Sulser von seinem Bürostuhl und ruft: «Doch, gibt es!»

Mann auf Leiter zeigt auf Logo seiner Firma
Parcandi-Gründer Corsin Sulser hat nach eigenen Angaben einen Weg gefunden, wie auch bereits eine kleine Anzahl freier oder schlecht ausgelasteter Parkplätze in privaten Tiefgaragen vermietet werden können.

Das von ihm als Baloise-Spin-off gegründete Unternehmen Parcandi hat nach eigenen Angaben einen Weg gefunden, wie auch bereits eine kleine Anzahl freier oder schlecht ausgelasteter Parkplätze in privaten Tiefgaragen vermietet werden können. Es ist ein Zusammenspiel aus WebApp, mit der sich Autofahrer*innen registrieren können, und einer vernetzten Kamera am Eingang der Tiefgarage. Die smarte Kamera scannt Autoschilder und öffnet das Tor nur für registrierte Nutzer*innen, die auch tatsächlich einen Parkplatz gebucht haben. «Wir installieren die Hardware und überprüfen den Zugang. Bei drei bis fünf Parkplätzen an einem guten Standort amortisiert sich die Investition innert weniger Monate», sagt Sulser. 

Die Bajour-Recherche mit rund 2.000 nutzbaren Parkplätzen schätzt er als plausibel ein, eher sei die Zahl der verfügbaren Plätze noch höher, wenn man die freien Firmenparkplätze hinzunehme. Was noch fehle, sei das Wissen um die Lösung und manchmal das Vertrauen in ein System, das fremden Menschen Zugang zur Tiefgarage gewährt. Aber das sei beim Geldautomaten auch so gewesen: Die Leute hätten eine Weile gebraucht, um sich von der Dame am Schalter zu verabschieden und dieser neuen Technik zu vertrauen. 

Zehn Tiefgaragen hat Parcandi bis jetzt in Basel erschlossen, schweizweit sind es 40, weitere sind in Planung. Primär sei man auf der Suche nach institutionellen Immobilienbesitzer*innen, weil die Planung einfacher sei als bei Gebäuden mit Stockwerkeigentum.

Und diesbezüglich gibt es gute Nachrichten von der Bajour-Crowdrecherche. Mehr als die Hälfte der Basler Tiefgaragen sind im Besitz von Immobiliengesellschaften, Anlagestiftungen und Pensionskassen. Gespräche mit Swiss Life, Helvetia & Co. würden sich lohnen, aber auch der Kanton hätte Spielraum – denn er führt die Rangliste der grössten Tiefgaragenbesitzer gleich selbst an: 

Säulendiagramm Anzahl Tiefgaragen in Basel nach Eigentümer

Wieviele Parkplätze in diesen Garagen frei sind, behandeln die meisten Vermieter allerdings als Geheimsache.

Zehn besser ausgenutzte bestehende Tiefgaragen ersetzen fast einen Neubau

Mit dem Kanton arbeitet Parcandi bereits zusammen und macht Parkplätze zugänglich. «Die Zusammenarbeit soll weiter ausgebaut werden», bestätigen sowohl Kanton als auch das Start-up. «Das Angebot von Parcandi kann einen Beitrag leisten, das Potenzial der bestehenden Tiefgaragen besser auszunutzen», schreibt das BVD. Dazu laufe derzeit ein Pilotbetrieb in der Baloise-Einstellhalle, der von einer Begleitgruppe unter der Leitung des Kantons evaluiert werde.

Eine Redewendung besagt: Auch Kleinvieh macht Mist. In Bezug auf freie Parkplätze bedeutet es, dass zehn besser ausgenutzte bestehende Tiefgaragen fast schon einen Neubau ersetzen. Und in Bezug auf die Crowdrecherche stimmt es sowieso: Viele Leser*innen gemeinsam, alle mit relativ bescheidenem Wissen über ihre Nachbarschaft, wissen zusammen ziemlich viel. Manchmal sogar mehr als die Behörden.

Leere Tiefgarage in Basel

Unterstützer*innen

Die gemeinsame Recherche von Bajour und dem CORRECTIV CrowdNewsroom wurde mit Unterstützung von JournaFonds, der Stiftung Mercator Schweiz und der Toni Piëch Foundation recherchiert und umgesetzt.

JournaFonds Logo

Bajour ist ein Online-Medium aus Basel. Nach «Wem gehört Basel» ist «Ist hier noch frei?» die zweite grosse Crowd-Recherche des 2019 gegründeten Portals. Bajour lebt von freiwilligen Beiträgen: Du kannst Member werden oder unverbindlich spenden. Wenn du mehr erfahren möchtest, wie Bajour versucht, eine neue Form von digitalem Lokaljournalismus zu etablieren, dann kannst du dich für unser kostenloses Inside-Bajour-Mail anmelden, das einmal monatlich erscheint.

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