Nein, dieser Kleintransporter beförderte keine gestohlenen Hunde für Kämpfe in Europa
Ein Facebook-Nutzer warnt, dass Hundediebe in einem weißen Mercedes-Sprinter mit spanischen Kennzeichen „unsere Hunde für Hundekämpfe rund um Europa“ transportieren würden. Diese Behauptung ist falsch, trotzdem kursiert sie seit langer Zeit und in mehreren Sprachen in den Sozialen Netzwerken.
In diesem Faktencheck geht es um Folgendes:
Am 14. August 2012 veröffentlichte ein Facebook-Nutzer einen Beitrag mit der Behauptung:
- Unbekannte Männer würden in Deutschland Hunde stehlen und in einem weißen Mercedes-Sprinter mit einem spanischen Kennzeichen für Hundekämpfe in Europa transportieren.
Bisher wurde der Beitrag mehr als 30.100 Mal auf Facebook geteilt.
Das Ergebnis unseres Faktenchecks:
Die Behauptung ist: Falsch.
Behauptung 1:
Unbekannte Männer würden in Deutschland Hunde stehlen und in einem weißen Mercedes-Sprinter mit einem spanischen Kennzeichen für Hundekämpfe in Europa transportieren.
Was stimmt?
Dass der abgebildete Mercedes-Sprinter vom Typ 212 D mit dem spanischen Kennzeichen als Transportmittel für gestohlene Hunde dient, erwies sich bei mehreren Überprüfungen in den vergangenen Jahren als eine Mär. Eine Rückwärtssuche von dem Transporter-Foto bei Google führt gleich in den ersten Suchergebnissen zu Faktenchecks von Mimikama aus den Jahren 2012, 2016 und 2018. Demnach existiert die gleiche Behauptung mit dem dazugehörigen Foto ebenso in französischer und dänischer Sprache. Auch in England sollen die Hundediebe angeblich ihr Unwesen getrieben haben.
Zur Widerlegung der Hundediebe-Geschichte verweisen die Faktenchecks auf Fotos desselben Autos in einem Artikel des norwegischen Lokalblatts Indre Akershus Blad vom 11. Juli 2012, also gut einen Monat bevor der Facebook-Nutzer die Behauptung zu den Hundedieben veröffentlichte. In dem Text warnt die ortsansässige Polizei in Aurskog-Høland vor einem weißen, in Spanien zugelassenen Mercedes-Sprinter, der auf mehreren Innenhöfen in den norwegischen Kleinstädten Hemnes und Løken gesichtet worden sei. Bei den männlichen Insassen könne es sich möglicherweise um Kupferdiebe handeln.
Ein Polizist namens Ola Fallang von der Polizeistation in Aurskog-Høland wird in dem Artikel damit zitiert, man könne nicht ausschließen, dass neben Metallen noch weitere Wertgegenstände entwendet würden. Am Ende des Artikels sieht man Fotos des weißen Transporters mit eben dem gesuchten Kennzeichen, das wir nachträglich geschwärzt haben.
Indizien, dass es sich bei dem weißen Sprinter um dasselbe Fahrzeug wie in dem Facebook-Beitrag handelt, sind der tiefe Riss in der Stoßstange vorne links und ein am Kühlergrill mit der Öffnung nach unten angebrachtes Hufeisen. Auch der beige Pullover des Fahrers scheint auf beiden Fotos derselbe zu sein.
Nur einen Tag später veröffentlichte das Indre Akershus Blad einen weiteren Artikel zu dem – diesmal nur mit verpixeltem Kennzeichen abgebildeten – Transporter. Wiederum stützt sich dieser dabei auf die Aussage des Polizisten Ola Fallang. Demnach seien die Männer am Abend zuvor an einer Tankstelle von einer Polizeistreife kontrolliert worden. Sie hätten einen spanischen Führerschein und seien „wahrscheinlich rumänischer Herkunft“. Bei der Kontrolle des Laderaums hätten die Polizeibeamten nur schrottreife Gegenstände vorgefunden.
Eine Pressemitteilung der norwegischen Polizei zu dem Fall gibt es nicht. Auf Anfrage teilte einer Sprecher der Polizei in Oslo lediglich mit, man habe den Informationen in den Medienberichten nichts hinzuzufügen.
Wie viele Diebstähle von Hunden oder anderen Haustieren es in Deutschland jährlich gibt, wird statistisch nicht gesondert ermittelt. Strafrechtlich wird der Diebstahl von Tieren mit dem von Sachgegenständen nach § 242 StGB gleichgestellt. Der Deutsche Tierschutzbund teilt nach Anfrage von CORRECTIV aber mit, dass der Diebstahl von Haustieren eher selten vorkomme. So werde oft auch zuerst ein Diebstahl vermutet, wo in Wirklichkeit ganz andere Gründe für das Verschwinden vorliegen, so Pressesprecherin Lea Schmitz.
Dass hinter dem Abhandenkommen des eigenen Hundes ein organisiertes Verbrechen stecke, sei für die Tierschützer zwar grundsätzlich denkbar, da gerade der Handel mit Rassehunden ein lukratives Geschäft darstelle, jedoch: „Bisher gab es unseres Wissens aber nie konkrete Beobachtungen oder gar gerichtsverwertbare Beweise für solche kriminellen Handlungen“, so Schmitz.
Mehr als der Export von gestohlenen Hunden sei in Deutschland der illegale Import von billig gezüchteten, nicht geimpften und ohne gültige Papiere ausgestatten Welpen ein Problem.
Fazit
Keine gestohlenen Hunde, sondern höchstens Kupferschrott aus norwegischen Hinterhöfen transportierte der in den Sozialen Netzwerken zu sehende weiße Sprinter. Die Behauptung ist falsch.
Von Marvin Kalwa, Mitglied der Checkjetzt-Redaktion