Faktencheck

Drogen-Ermittlungen gegen mutmaßlichen Täter von Hanau? Irreführender Bericht des „Deutschland-Kuriers“

Die AfD-nahe Zeitung Deutschland-Kurier bringt einen angeblichen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz durch Tobias R. mit einem angeblichen politischen Engagement seines Vaters in Verbindung. Das ist irreführend.

von Alice Echtermann

Nach Schüssen in Hanau - Gedenken
Menschen legen ein Plakat in der Nähe des Ortes in Hanau ab, an dem der Anschlag geschah. (Foto: Andreas Arnold / picture alliance / dpa)
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Teilweise falsch
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Teilweise falsch. Die Überschrift ist irreführend. Bei den aktuellen Ermittlungen spielen Drogen keine Rolle. 

Der Deutschland-Kurier behauptet in einem Artikel vom 21. Februar über den mutmaßlichen Rechtsterroristen Tobias R.: „Ermittlungen gegen Tobias R. wegen Drogen: Vater des Irren von Hanau kandidierte für die Grünen“.

Diese Überschrift ist stark irreführend. Sie suggeriert, die Ermittlungen seien aktuell und hätten etwas mit der politischen Einstellung des Vaters von R. zu tun. Der Beitrag auf Facebook mit dem Link zum Artikel wurde mehr als 1.000 Mal geteilt.

Kein Hinweis auf aktuelle Drogen-Ermittlungen

Erst weiter unten im Text heißt es, das Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz sei eingestellt worden. So steht es auch im Liveblog des Spiegel, aus dem die Information offenbar stammt. Es handelt sich um eine Randnotiz, nach der der Täter bisher erst einmal strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, und zwar mit diesem Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Wir haben den Generalbundesanwalt per E-Mail gefragt, ob aktuelle Drogenermittlungen gegen Tobias R. geführt werden. Er verwies uns auf die Pressemitteilung vom 20. Februar und die Pressekonferenz vom 21. Februar – darüber hinaus seien keine neuen Erkenntnisse zu vermelden. In beiden Statements ist nicht die Rede von Drogen.  

Ein Auszug aus dem Liveblog des Spiegel zu dem Anschlag in Hanau
Die Meldung im Liveblog des Spiegel. (Screenshot: CORRECTIV)

Die direkte Verbindung in der Überschrift des Deutschland-Kuriers deutet außerdem an, dies habe irgendetwas mit dem Vater von Tobias R. zu tun. Dafür gibt es keine Belege. 

Der Vater R. kandidierte laut einer Pressemitteilung des Vorstands der Hanauer Grünen 2011 einmal als Parteiloser für die Grünen bei einer Ortsbeiratswahl. Die Behauptung in anderen Medienberichten, er sei ein Mitglied der Grünen, bezeichnen sie als Falschmeldung: Er sei nicht gewählt worden und nie Parteimitglied gewesen. Nach der Wahl habe kein Kontakt mehr bestanden.

Ermittler vermuten rassistisches Motiv von Tobias R.

 Am 19. Februar gegen 22 Uhr erschoss der 43-jährige Tobias R. laut Generalbundesanwalt in Hanau neun Menschen und verletzte weitere Personen zum Teil schwer. Laut Medienberichten suchte er für seinen Anschlag zwei Shishabars in der Innenstadt auf. Die Behörden sprechen von Hinweisen auf einen rassistischen Anschlag. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung in der Nacht wurden R. und seine 72-jährige Mutter tot aufgefunden. Neben ihm habe eine Schusswaffe gelegen. Sein Vater sei unverletzt gefunden worden.