Nein, diese Panzer wurden nicht über Recklinghausen in die Ukraine verlegt
Ein Video soll den Transport von Panzern in Recklinghausen in Nordrhein-Westfalen zeigen. Nutzerinnen und Nutzer in Sozialen Netzwerken spekulieren, dass die Fahrzeuge in die Ukraine geschickt würden. Doch dem US-Militär zufolge handelt es sich um eine Truppenverlegung im Zusammenhang mit der Operation „Atlantic Resolve“, die schon vor dem Krieg angekündigt worden war.
Auf Telegram und Facebook kursiert ein Video von militärischen Fahrzeugen, die auf Schienen über eine Brücke transportiert werden. Eine Person im Video sagt, es zeige Panzer in Recklinghausen. Dazu heißt es auf Telegram: „Der Westen ist sehr stark um den Frieden in der Ukraine bemüht und schickt zu diesem Zweck etwas ‘humanitäre Hilfe’“. In den Kommentaren auf Facebook schreiben Nutzerinnen und Nutzer: „Ob die Panzer in die Ukraine gehen?“ und „Die werden bestimmt nach Ukraine geschickt“. Es wird folglich spekuliert, die militärischen Fahrzeuge seien für die Ukraine bestimmt.
Wir haben recherchiert, woher die Fahrzeuge stammen und in welchem Zusammenhang sie transportiert wurden.
Da sich Recklinghausen in Nordrhein-Westfalen befindet, haben wir zunächst bei der Bundeswehr-Pressestelle des Landeskommandos Nordrhein-Westfalen nachgefragt, ob es sich in dem Video um Panzer der Bundeswehr handelt. Eine Sprecherin schrieb uns in einer E-Mail, dass Deutschland durch seine Lage in der Mitte Europas in der „Funktion als logistische Drehscheibe beim Transfer alliierter Kräfte eine besondere Rolle“ einnehme. „Aktuell verlegen verschiedene Nationen im Rahmen von Übungen und zur Verstärkung der Nato-Ostflanke Material und Personal aus und durch Deutschland“.
US-Militär: Die Panzer wurden im Rahmen von „Atlantic Resolve“ nach Polen transportiert
In den Beiträgen spekulieren Nutzer, es könnte sich um US-amerikanische Panzer handeln. Über eine Google-Suche fanden wir in Medienberichten weitere Hinweise, es handle sich um Fahrzeuge des US-Militärs. Ein Sprecher der Bundeswehr sagte gegenüber Der Westen: „Auf dem Foto sind Gefechtsfahrzeuge der US-Armee zu sehen.“ Das bestätigte eine Pressesprecherin des US-Militärs auf unsere Nachfrage: „Ja, die Panzer scheinen zum 3. Armored Brigade Combat Team, der 4. Infantry Division aus Fort Carson, Colorado, zu gehören, die Teil unserer im Voraus geplanten Atlantic Resolve Rotationen sind.“ Die Panzer seien nach Polen transportiert worden, wo die Einheit eine Grundausbildung absolviere. Sie stünden in keinem direkten Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine.
Nachzulesen ist das auch in einer im März 2022 veröffentlichten Pressemitteilung. Dort steht auch, dass die Rotation bereits Dezember 2021 angekündigt wurde. Einer weiteren Pressemitteilung vom 22. Dezember zufolge ist es die neunte bewaffnete Truppen-Rotation in Europa im Rahmen der „Atlantic Resolve“.
„Atlantic Resolve“ ist eine Operation in Zuge derer die USA seit 2017 ihre Truppenpräsenz in Europa aufstocken, wie Thomas Wiegold, Journalist für Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, auf seinem Blog „Augen geradeaus!“ schildert. Im Zuge der Operation werde durch die rotierende Präsenz zweier zusätzlicher Kampfbrigaden in Nato-Mitgliedsstaaten in Osteuropa Abschreckung gegenüber Russland demonstriert. Am 7. Januar 2017 berichtete auch das Bundeswehr-Journal, dass die US-Operation „Atlantic Resolve“ auf europäischem Boden begonnen habe. Ursprung der Operation ist die sogenannte European Reassurance Initiative der USA. 2014 beschloss das Weiße Haus demnach, die eigene Luft-, Land- und Seepräsenz in Osteuropa zu vergrößern, um gemeinsam mit den Nato-Alliierten in Europa der Annexion der Krim durch Russland etwas entgegenzusetzen.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.
Redigatur: Viktor Marinov, Sophie Timmermann