Nein, Deutschland verbietet nicht als einziges Land fossile Heizungen
Eine Karte erweckt den Eindruck, nur Deutschland verbiete als einziges von vielen Ländern fossile Heizungen, um den weltweiten CO2-Ausstoß zu verringern. Doch die Karte ist falsch: Darauf nicht gekennzeichnet sind Länder wie Schweden, Österreich oder der US-Bundesstaat New York, die bereits auf nachhaltige Alternativen setzen oder konkrete Pläne dafür haben.
Deutschland soll das einzige von zahlreichen Ländern sein, das fossile Heizungen verbietet, das suggerieren Beiträge auf Facebook, Tiktok und Twitter. Zigtausende Nutzerinnen und Nutzer haben sie gesehen. Geteilt wird ein Bild, auf dem Deutschland auf einem Ausschnitt einer Weltkugel als einziges von allen sichtbaren Ländern grün markiert ist. In den Beiträgen wird also behauptet, dass kein anderes Land fossile Heizungen verbieten möchte.
Das stimmt nicht. Länder wie Dänemark haben solche Verbote bereits eingeführt, Österreich etwa plant einen Ausstieg aus fossiler Energie beim Heizen. Dazu kommen weitere Länder, die nicht auf der Karte abgebildet sind.
Die Weltkarte kursierte bereits 2019 im Netz und stammt vermutlich von Wikipedia – zumindest wird dort ein ähnliches Design verwendet. Mit einem Verbot fossiler Heizungen hat sie nichts zu tun. Vor vier Jahren kursierte sie mit der Behauptung, Deutschland sei das einzige Land der Welt, das Dieselfahrverbote eingeführt habe. Auch das stimmte nicht, wie wir in einem Faktencheck schrieben. Als Sharepic oder Meme dient die Karte dazu, Deutschland als Verbotsland herauszustellen.
Nicht nur Deutschland arbeitet daran, klimaneutral beim Heizen zu werden
Wir haben recherchiert, wie die Situation in Deutschland und anderen Ländern tatsächlich aussieht. Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu heizen. In den kommenden Jahren sollen daher schrittweise die Regelungen für neue, bestehende und zu reparierende Heizungsanlagen geändert werden, bis fossile Energieträger beim Heizen 2045 vollständig abgeschafft sein sollen.
Das soll im Gebäudeenergiegesetz geregelt werden, dessen Novelle das Bundeskabinett am 19. April 2023 beschlossen hat. Die Gesetzesänderung muss nun noch Bundesrat und Bundestag passieren. In einem ersten Schritt sollen ab 1. Januar 2024 alle neu verbauten Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das heißt, dass beim Heizen nicht komplett auf fossile Brennstoffe verzichtet werden muss. So schreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, auch Hybridlösungen mit einem Anteil fossilem Erdgas und einem größeren Anteil regenerativen Wasserstoffs seien möglich.
Wichtig zu erwähnen ist, dass am Stichtag weder bestehende Heizungen ersetzt werden müssen noch Reparaturen an fossilen Heizungsanlagen verboten werden. Die alten Anlagen dürfen erst einmal weiterlaufen. Gegenüber der WAZ sagte Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck: „Funktionierende Heizungen dürfen weiter genutzt werden und kaputte dürfen so lange repariert werden, wie man sie reparieren kann.“
Die EU hat sich als gemeinsames Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein. In der Umsetzung hat jedes Land seine eigenen Richtlinien.
In Schweden und Dänemark ist die Energiewende beim Heizen weit fortgeschritten
Heizungen, die mit fossiler Energie betrieben werden, sind in Europa in mindestens zwölf Staaten zumindest teilweise verboten oder es ist geplant, diese zu verbieten. Das stellte die European Heat Pump Association, eine europäische Interessenvertretung der Wärmepumpenbranche, im April 2023 auf einer Grafik dar.
Wir haben uns exemplarisch die Lage in fünf europäischen Ländern angeschaut:
Schweden: Seit 2005 arbeitet Schweden daran, nicht mehr mit Öl zu heizen, schreibt die schwedische Commission on Oil Independence. Als Konsequenz würden bereits 80 Prozent der Grundstücksbesitzer auf den Einsatz fossiler Energie verzichten, so die Regierungsinitiative Fossilfritt Sverige (fossil-freies Schweden). Und: Bis 2030 soll der Heizungssektor in Schweden komplett auf erneuerbare Energien umgestellt sein.
Dänemark: Seit 2013 gilt in Dänemark ein Verbot für den Einbau von Öl- und Erdgasheizungen in Neubauten. Wohnungsbesitzer mit Öl- und Gasheizungen werden bei der Umstellung auf Wärmepumpensysteme vom Staat durch ein Abomodell unterstützt, schreibt die dänische Energieagentur. Bis 2050 soll die komplette Infrastruktur auf Erneuerbare umgestellt werden.
Frankreich: Laut eines Beschlusses dürfen seit Juli 2022 keine öl- oder kohlebetriebenen Heizkessel mehr verbaut werden, für neue Geräte gibt es außerdem eine Obergrenze für Treibhausgasemissionen. Bis 2030 sollen laut der internationalen NGO Coolproducts so 30 bis 40 Prozent der Emissionen beim Heizen eingespart werden.
Österreich: Das Ölkesseleinbauverbotsgesetz verbietet den Einbau von Ölheizungen in Neubauten seit dem 1. Januar 2020. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz soll außerdem vorsehen, dass fossiles Gas in Neubauten ab 2023 verboten und bis 2040 die gesamte Wärmeversorgung dekarbonisiert wird. Eine entsprechende Regierungsvorlage wurde aber noch nicht vom Parlament beschlossen.
Niederlande: 2026 fällt in den Niederlanden der Startschuss für den flächendeckenden Einbau von Hybrid-Wärmepumpen. Ab dann, so schreiben die Ministerien auf ihrer Webseite, sollen Haushalte, die bislang an keine Wärmeversorgung angeschlossen sind oder Altgeräte austauschen müssen, auf Wärmepumpen oder nachhaltige Alternativen setzen.
Auch außerhalb der EU gibt es Pläne für den Ausstieg aus der fossilen Wärmeerzeugung
Nicht nur auf dem europäischen Kontinent arbeiten Regierungen daran, nachhaltige Alternativen fürs Heizen zu etablieren. Der Karte aus den sozialen Netzwerken fehlen also noch mehr grüne Flecken. So soll New York laut der Washington Post als erster Staat in den USA bis 2029 auf erneuerbare Energien umschwenken. Ab dann soll in Neubauten nicht mehr mit fossilen Treibstoffen geheizt werden.
In Kanada haben laut CBC die Städte Vancouver und Quebec Gesetze erlassen, um fossile Energie zum Heizen in Neubauten bis 2024 beziehungsweise 2025 zu verbieten.
Fazit: In Deutschland werden fossile Energien zum Heizen nicht auf einen Schlag verboten. Zuerst sind nur Neubauten betroffen und auch dort sind noch hybride Lösungen erlaubt. Länder wie zum Beispiel Schweden und Dänemark sind bei der Energiewende in der Erzeugung von Wärme bereits deutlich fortgeschrittener, werden in der Karte des Beitrags aber nicht abgebildet. Die Karte, die mit dem Text suggeriert, Deutschland sei das einzige Land, das ein Verbot von fossilen Heizungen plant, ist also falsch.
Redigatur: Gabriele Scherndl, Sophie Timmermann
Korrektur, 11. Mai 2023: Im Text stand, in Frankreich dürften nur noch Heizungen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, verbaut werden. Tatsächlich betrifft das Verbot aber lediglich Öl- und Kohleheizungen. Wir haben das korrigiert.
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Phase-out regulations for fossil fuel boilers at EU and national level, Oktober 2021: Link (Englisch)
- Hintergrundpapier zur Gebäudestrategie Klimaneutralität 2045, 2022: Link (archiviert)
- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur Änderung der Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung, 2022: Link (archiviert)