Nach Anschlag in Solingen: Erfundenes Faeser-Zitat über „fehlende arabische Waffenverbots-Hinweise“ im Umlauf
Weil es keine arabischen Hinweise auf eine Waffenverbotszone gab, treffe den mutmaßlichen Täter des Anschlags in Solingen keine Schuld, soll Faeser gesagt haben. Das ist frei erfunden.
Bei einem Anschlag in Solingen, Nordrhein-Westfalen, wurden am 23. August 2024 drei Menschen getötet. Verdächtigt wird ein 26-jähriger Syrer. Dem Messerangriff folgte eine Debatte über Waffenverbotszonen – und im Zuge dessen auch Falschbehauptungen in Sozialen Netzwerken.
So heißt es etwa in einem Tiktok-Beitrag vom 24. August 2024, Bundesinnenministerin Nancy Faeser habe den mutmaßlichen Täter verteidigt: Weil Hinweisschilder auf Waffenverbotszonen nicht auf Arabsich ausgehängt gewesen seien, treffen diesen keine Schuld, soll Faeser gesagt haben.
Der Beitrag erreichte über 180.000 Aufrufe, darunter sammeln sich in den Kommentaren Beleidigungen und Hetze. Die Behauptung und landete auch auf Facebook.
Bundesinnenministerium: Aussage von Faeser über arabische Hinweise auf Waffenverbot gibt es nicht
Der Tiktok-Nutzer, der den Beitrag vermutlich als erstes geteilt hat, antwortet auf eine Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck: Er habe das Bild mit dem Zitat gefunden und als Witz empfunden, „aber mit der Wirkung auf Betrachter hatte ich nicht gerechnet“. In den Kommentaren weist er darauf hin, dass man nicht alles glauben solle, was auf Tiktok steht.
Tatsächlich findet sich für das angebliche Faeser-Zitat keine seriöse Quelle – weder via einer Stichwortsuche auf Google, noch in der Zitate-Datenbank Genios. Auch in einer Pressekonferenz kurz nach dem Anschlag äußerte sich Faeser so nicht. Aus dem Bundesinnenministerium heißt es auf Anfrage von einer Sprecherin: „Das Zitat ist falsch, eine solche Äußerung von Bundesinnenministerin Faeser gibt es nicht“.
Es gibt auch gar keine Waffenverbotszone in Solingen, die ausgeschildert sein könnte. Im Rechtsinformationssystem des Landes Nordrhein-Westfalen würde eine derartige Verordnung veröffentlicht werden. Darin finden sich aber nur Verordnungen zu Waffenverbotszonen in Düsseldorf und Köln, nicht aber in Solingen.
Waffenverbotszonen sind umstritten, Faeser will Gesetz für Messer verschärfen
Laut Waffengesetz dürfen in Deutschland nur Menschen mit einem Waffenschein eine Waffe führen, also in der Öffentlichkeit bei sich haben. Für Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen braucht man den sogenannten Kleinen Waffenschein. Messer sind dann verboten, wenn ihre Klinge über 12 Zentimeter lang ist oder sie sogenannte Einhandmesser sind. Unter bestimmten Umständen können Landesregierungen aber auch kürzere Messer an einzelnen Orten verbieten oder temporäre Verbotszonen einrichten.
Waffenverbotszonen gibt es in unterschiedlicher Ausgestaltung in verschiedenen deutschen Regionen. Faeser rief nach dem Angriff in Solingen die Länder dazu auf, Messerverbotszonen auszuweiten. Wie wirksam solche Verbotszonen sind, ist umstritten. Die Bundesinnenministerin hatte schon vor dem Anschlag in Solingen angekündigt, die Gesetzeslage bei Messern ändern zu wollen. Der Bild sagte sie Mitte August, sie wolle die erlaubte Klingenlänge von mitgeführten Messern von zwölf auf sechs Zentimeter reduzieren.
Redigatur: Sophie Timmermann, Paulina Thom
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Waffengesetz, Fassung vom 27. August 2024: Link (PDF, archiviert)
- Suche im Rechtsinformationssystem Nordrhein-Westfalen: Link (archiviert)