KI-Video berichtet über erfundene AfD-Enthüllung zu einer Impfpflicht
Laut einem Video in Sozialen Netzwerken soll die AfD enthüllt haben, dass die Bundesregierung eine Impfpflicht für bestimmte Krankheiten einführen will. Doch die Enthüllung ist frei erfunden. Eine allgemeine Impfpflicht gibt es in Deutschland aktuell nicht.

Die AfD soll geheime Pläne der Bundesregierung veröffentlicht haben, heißt es in mehreren Videos auf Instagram, Facebook und Tiktok. Eine KI-generierte Stimme berichtet darin, die Partei habe interne Belege dafür, dass die Bundesregierung „Zwangsimpfungen für alle Bürger“ gegen bestimmte Krankheiten plane. Wer sich weigere, dem drohten angeblich Bußgelder oder Gefängnis. Auch AfD-Vorsitzende Alice Weidel wird dazu zitiert. Es wird behauptet, die AfD habe eine bundesweite Kampagne gestartet. Die Videos erreichen Hunderttausende und sorgen in den Kommentaren für Empörung.

Keine Belege für AfD-Enthüllung oder aktuelle Kampagne
Die AfD und ihre Bundestagsfraktion antworteten auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck nicht. Doch auch anhand öffentlicher Quellen lässt sich die Behauptung im Video widerlegen: Auf Kanälen der AfD ist nichts über die angebliche Enthüllung zu lesen. Weder auf den Webseiten der Partei, noch auf Accounts auf X, Instagram, Tiktok oder Facebook ist davon die Rede. Auch Medienberichte über die angebliche Enthüllung gibt es Stand 28. März 2025 keine.
Dass Alice Weidel dazu gesagt habe, die Bundesregierung wolle damit die „körperliche Selbstbestimmung der Bürger abschaffen und Freiheitsrechte aushebeln“, wie sie in den Videos zitiert wird, ist ebenfalls nicht belegt. Weder auf Google, noch in der Pressedatenbank Genios taucht das Zitat auf. Das Büro von Alice Weidel antwortete nicht auf die Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck, ob sie sich so geäußert hat.
Im KI-generierten Video ist die Rede davon, dass die AfD eine Kampagne gegen die geplante Maßnahme gestartet habe: Unter dem Hashtag #keinezwangsimpfung mache sie gegen die angebliche Einschränkung mobil. Auf X und Bluesky wird der Hashtag jedoch praktisch nicht genutzt.
Jener Tiktok-Account, der die Falschbehauptung nach unseren Recherchen als erstes verbreitet hat, antwortete bis zur Veröffentlichung dieses Textes nicht auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck. Mindestens 30 weitere Tiktok-Videos nutzen den Originalton – also die KI-Stimme, die die Behauptung aufstellt – und verbreiten die Falschbehauptung so weiter.
Impfpflicht gibt es deutschlandweit aktuell nur für die Masern – und dabei nur für manche Gruppen
Ein Impfzwang, von dem im Video zunächst die Rede ist, ist auch nicht gleichzusetzen mit einer Impfpflicht. Dass Menschen gegen ihren Willen geimpft werden, gibt es nur in seltenen Einzelfällen und ist nur unter einer Reihe von Bedingungen möglich.
Im Video ist später nur noch von einer angeblichen Impfpflicht die Rede, also einer allgemeinen Verpflichtung, sich impfen zu lassen und gegebenenfalls Konsequenzen wie etwa Bußgelder in Kauf zu nehmen, wenn man sich dennoch nicht impfen lässt.
Aber auch eine allgemeine Impfpflicht für alle Menschen in Deutschland wäre überraschend. Aktuell gibt es eine solche nicht, wie das Bundesgesundheitsministerium informiert. Einzig die Masernimpfung ist bundesweit für Personen vorgeschrieben, die in Schulen, Horten oder Kindertagespflege-Einrichtungen arbeiten oder betreut werden. Wer keinen Nachweis vorlegen kann, dem kann das Gesundheitsamt in bestimmten Fällen ein Tätigkeitsverbot aussprechen, schreibt das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite. Auch ein Bußgeld in Höhe von 2.500 Euro könne von der zuständigen Behörde im Einzelfall verhängt werden.
An den Vorgaben geändert hat sich aktuell aber nichts: „Es gibt keine Überlegungen, eine weitere Impfpflicht einzuführen oder die bestehende Masernimpfpflicht auszuweiten“, schreibt das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck.
Selbst für die Corona-Impfung gab es in Deutschland nie eine allgemeine Impfpflicht, auch wenn dazu über verschiedene Vorlagen im Bundestag abgestimmt wurde und sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach zwischenzeitlich dafür aussprach. Zwischen März 2022 und Dezember 2022 galt aber eine einrichtungsbezogene Impfpflicht, etwa für Krankenhauspersonal. Das Verfassungsgericht Osnabrück entschied im September 2024, dass diese Regelung „im Lauf des Jahres 2022 in die Verfassungswidrigkeit hineingewachsen“ war. Im Januar 2025 kritisierte das Bundesverfassungsgericht das und erklärte die Richtervorlage für unzulässig. Das Gericht habe seine Überzeugungen zu den „verfassungsrechtlichen Anforderungen“ nicht genügend begründet.
Redigatur: Sophie Timmermann, Steffen Kutzner
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- „Ratgeber Impfen“, Bundesgesundheitsministerium: Link (archiviert)
- Fragen und Antworten zum Masernschutzgesetz, Bundesgesundheitsministerium: Link (archiviert)