Angriff der Ukraine auf russische Flugzeuge: KI-Video hat nichts mit „Operation Spiderweb“ zu tun
Anfang Juni griff die Ukraine mit Drohnen Militär-Flugplätze in Russland an. Neben authentischen Aufnahmen kursiert in Sozialen Netzwerken auch eine Aufnahme, die künstlich erstellt wurde. Einige erkannten das nicht.

Am 1. Juni 2025 meldete der ukrainische Geheimdienst SBU einen koordinierten Drohnen-Angriff auf Militärflughäfen in Russland, ein größerer Vergeltungsschlag seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine. Das russische Verteidigungsministerium bestätigte später Angriffe in den Regionen Murmansk und Irkutsk – in Iwanowo, Rjasan und Amur seien die Drohnen abgewehrt worden. Menschen kamen demnach nicht zu Schaden.
Von dem Angriff veröffentlichte der ukrainische Geheimdienst Drohnen-Aufnahmen. Doch in Sozialen Netzwerken kursieren in solchen Situationen auch falsche Aufnahmen.
In diesem Fall tauchte auf X ein Video auf, das Flugzeuge nach Beschuss aus der Vogelperspektive zeigt.
Eine deutsche Nutzerin schreibt dazu, die Ukraine habe russische Flugzeuge im Wert von sieben Milliarden US-Dollar zerstört und 34 Prozent der strategischen Marschflugkörperträger auf den wichtigsten Flugplätzen seien vernichtet worden. Die Angaben mit den Flugzeugen im Wert von sieben Milliarden US-Dollar und den 34 Prozent standen in einer ersten Erklärung des ukrainischen Geheimdienstes. Die russische Seite machte dazu keine Angaben.

Der deutsche Beitrag auf X wurde rund 2.500 Mal geteilt, unter anderem von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Christian Hirte aus Thüringen und Grünen-Politiker Michael Lühmann, der Mitglied im niedersächsischen Landtag ist. Beide haben das inzwischen zurückgezogen. Lühmann schrieb auf Nachfrage, es sei ihm beim Teilen um die Botschaft gegangen – auf das Video habe er nicht geachtet.
Video von „zerstörten russischen Flugzeugen“ ist ein KI-Fake
Der deutsche X-Beitrag mit dem Video ist inzwischen mit einer Notiz versehen, die darauf hinweist, dass es sich um eine Aufnahme handelt, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt wurde. Andere Beiträge verbreiten das Video ohne diesen Hinweis unter anderem auf Spanisch, Chinesisch oder Arabisch anderswo weiter.
Was KI-generierte Videos oft gemeinsam haben: Eine Bilder-Rückwärtssuche mit einzelnen Standbildern führt zu Treffern in Sozialen Netzwerken, aber nicht zu seriösen Quellen. Vertrauenswürdige Medien haben die Aufnahme also nicht verwendet.
Dass das Bild mit KI erstellt wurde, lässt sich in diesem Fall unter anderem an sogenannten Artefakten erkennen: Einzelne Stellen im Bild wirken verpixelt oder verschwommen. Auch Farben, Schatten oder Personen werden in Teilen unnatürlich dargestellt. Eigentlich statische Objekte bewegen oder verändern sich.
Artefakte sind zum Beispiel in einem Ausschnitt des Videos ab Sekunde 0:56 am oberen Bildrand zu erkennen. Außerdem ist ein verräterischer Bildfehler zu sehen: Am Ende des Videos laufen Personen durchs Bild, die miteinander zu verschmelzen scheinen, beziehungsweise sich scheinbar zerteilen.

Dasselbe gilt für die Flugzeuge: Auch hier scheinen Trümmerteile miteinander zu verschmelzen – die Maschinen stehen ungewöhnlich nah beieinander. Die Landebahn ist teilweise weiß gefärbt, ohne ersichtlichen Grund.

Was ebenfalls auffällt: Die Flugzeuge in dem X-Video sind eher grau und haben einen roten Stern, aber jeweils an unterschiedlichen Stellen – in den von der Ukraine veröffentlichten Drohnen-Aufnahmen sind andere Maschinen zu sehen. Auch in Aufnahmen der Satelliten-Firma Maxar, die CORRECTIV.Faktencheck von European Space Imaging zur Verfügung gestellt wurden, sehen die durch den Angriff beschädigten und zerstörten Flugzeuge anders aus.


Tipps zum Erkennen von manipulierten oder mit KI erstellten Aufnahmen
• Wenn Sie unsicher sind, ob ein Ereignis so stattgefunden hat, wie es auf einem Bild oder Video zu sehen ist: Suchen Sie mit Stichworten nach potenziellen Medienberichten zu dem Ereignis.
• Achten Sie, wie oben beschrieben, auf Ungereimtheiten und Details in der Aufnahme. Bei Videos können auch Auffälligkeiten in der Tonspur auf eine Manipulation hinweisen.
• Suchen Sie, wenn möglich, nach der ursprünglichen Quelle der Aufnahme. Helfen kann dabei eine Bilderrückwärtssuche. Wie die funktioniert, können Sie hier nachlesen.
Was über die Angriffe auf Luftwaffenstützpunkte in Russland bekannt ist
Zu den Details des Angriffs kursieren unterschiedliche Angaben, zum Beispiel dazu, wie viele Flugzeuge getroffen wurden. In den Drohnen-Aufnahmen, die der ukrainische Geheimdienst veröffentlichte, sind mindestens fünf zerstörte Flugzeuge zu sehen. Die New York Times hat diese Aufnahmen verifiziert – sie entstanden bei Drohnen-Angriffen auf die Luftwaffenstützpunkte Olenja bei Murmansk und Belaja im Oblast Irkutsk.
Der ukrainische Kyiv Independent berichtete zunächst von 40 getroffenen Flugzeugen und berief sich dabei auf eine anonyme Geheimdienst-Quelle. Laut Reuters gehen US-Beamte von 20 getroffenen russischen Kampfflugzeugen aus, etwa 10 davon seien zerstört. Die BBC zitierte Andriy Kovalenko, Leiter des Zentrums der ukrainischen Regierung zur Bekämpfung von Desinformation, der von mindestens 13 zerstörten Flugzeugen sprach. Zu demselben Ergebnis kam auch eine unabhängige Recherche des russischsprachigen Online-Mediums The Insider.
Nach ukrainischen Angaben wurden bei der „Operation Spiderweb“ vor allem Langstreckenbomber, die aus großer Distanz Raketen in Richtung Ukraine abfeuern können, sowie Frühwarnflugzeuge zerstört. Darunter die Typen Tupolew Tu-95 und Tu-22 sowie Berijew A-50. Diese Flugzeuge sehen anders aus als die, die im KI-Video zu sehen sind.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.
Redigatur: Max Bernhard, Sophie Timmermann