Bombendrohung gegen Oktoberfest: Kein Bezug zu Antifa
Mit einem angeblichen Bekennerschreiben soll „die Antifa München“ einen Brand mit zwei Toten und eine Bombendrohung gegen das Oktoberfest für sich beanspruchen. Doch das Schreiben wurde anonym veröffentlicht, Polizei und eine Antifa-Gruppe sprechen von einem Trittbrettfahrer.

Hinweis: In diesem Text geht es um das Thema Suizid.
„Antifa heißt Angriff!“ ist der Titel eines angeblichen Bekennerschreibens, das am 1. Oktober um 8.49 Uhr auf der Seite „Indymedia“ veröffentlicht wurde. Man habe im Münchner Norden „Luxuskarren abgefackelt und Hausbesuche abgestattet“, wird in dem inzwischen gelöschten Beitrag behauptet. Wenige Stunden zuvor hatte es im Stadtteil Lerchenau gebrannt.
Screenshots des Beitrags auf der Plattform Indymedia, wo jeder Texte veröffentlichen darf, verbreiteten sich in kürzester Zeit in den Sozialen Netzwerken. Teils wird das Schreiben auf den Hausbrand bezogen, teils darauf, dass am selben Tag das Oktoberfest in München wegen einer Bombendrohung zwischenzeitlich geschlossen wurde.
Dabei ist das angebliche Bekennerschreiben nicht echt. Am Mittag, um 13.37 Uhr veröffentlichte die Polizei ein „Lageupdate“ zum Stand der Ermittlungen auf X: Das Schreiben sei wohl von einem „Trittbrettfahrer“ verfasst, der Brand vom Morgen habe keinen Bezug zur Antifa. Screenshots und Beiträge, die „die Antifa“ beschuldigen, wurden trotzdem weiter verbreitet. Auch AfD-Politiker Maximilian Krah auf X teilte das Schreiben etwa 20 Minuten nach dem Beitrag der Polizei, ohne es allerdings auf einen konkreten Vorfall zu beziehen.

Tatverdächtiger hat laut Polizei keine Verbindung zur Antifa
Tatsächlich hängen der Brand und die Drohung gegen das Oktoberfest laut aktuellem Ermittlungsstand der Polizei zusammen: Die Münchner Polizei identifizierte laut Bericht noch am 1. Oktober einen Tatverdächtigen für den Brand in Lerchenau. Ein 57-Jähriger soll das Wohnhaus nach einer „Familienstreitigkeit“ angezündet haben. Nach Informationen der Polizei beging er anschließend Suizid. Eine weitere Person, offenbar der Vater des Verdächtigen, starb laut Medienberichten. Zwei Frauen, Mutter und Tochter des Tatverdächtigen, wurden verletzt.
Falls Sie darüber nachdenken, sich das Leben zu nehmen oder mit jemandem reden möchten, finden Sie hier Hilfe: Die Seelsorge per Telefon ist anonym und kostenlos unter 0800 1110111 erreichbar. Auf der Webseite der Seelsorge finden Sie weitere Hilfsangebote, etwa per E-Mail oder im Chat.
Sowohl im Haus, als auch bei der Leiche des Mannes fand die Polizei Sprengsätze, sowie ein Schreiben mit „unspezifischen Sprengstoffdrohungen mit Bezug zum Oktoberfest“. Die Veranstaltung wurde unterbrochen und das Gelände durchsucht. Die Ermittelnden gingen nicht von einem politischen Hintergrund aus.
Auf Nachfrage bestätigte die Münchner Polizei am 2. Oktober 2025: „Nach aktuellem Ermittlungsstand besteht seitens des Tatverdächtigen kein Bezug zur Antifa.“ Die Gruppe „Autonome Antifa München“ bezeichnet auf Anfrage den Indymedia-Beitrag als „plumpen Fake“ und verweist darauf, dass auf der Plattform sehr einfach anonym Texte veröffentlicht werden können.
Entgegen dem verbreiteten Verständnis existiert die „Antifa“ im Sinne einer einzelnen, strukturierten Organisation nicht. „Antifa“ ist der Oberbegriff für verschiedene, im Regelfall eher locker strukturierte, autonome Strömungen der linken bis linksextremen Szene, denen kein politisch-ideologisch geschlossenes Konzept oder einheitliches Handeln zugrunde liegt.
Indymedia als Plattform für Linksextremismus bekannt
Wie auf Indymedia zu lesen ist, werden dort zunächst alle Beiträge ohne Prüfung veröffentlicht. Erst im Anschluss können freiwillig arbeitende Moderationskollektive Postings entfernen oder einordnen. Als unbeteiligte Person einen Text im Namen einer Gruppe zu veröffentlichen, ist also möglich und einfach. Indymedia reagierte bis zur Veröffentlichung nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.
Der Verfassungsschutz bezeichnete die Subdomain „de.indymedia“, auf dem der „Antifa heißt Angriff!“-Text veröffentlicht wurde, in einem Bericht von 2024 als das „wichtigste Informations- und Propagandamedium für die linksextreme Szene im deutschsprachigen Raum“.
Krahs Beitrag war auch Tage nach den Informationen der Polizei weiter online. Auf eine Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck reagierte er bis zur Veröffentlichung nicht.
Redigatur: Steffen Kutzner, Gabriele Scherndl
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Pressemitteilung der Polizei München zu Großeinsatz in Lerchenau, 1. Oktober 2025: Link (archiviert)
- „Ein Tag im Herbst 2025 in München“, Autonome Antifa München, 4. Oktober 2025: Link (archiviert)
- Verfassungsschutzbericht 2024, Juni 2025: Link (archiviert)
- Bekanntmachung eines Vereinsverbots gegen „linksunten.indymedia“, Bundesministerium des Innern, 14. August 2017: Link (archiviert)