Politik

Berlin: Wahlwerbung auf gewerblichen Flächen ist ohne Frist erlaubt

Die Berliner SPD wirbt schon jetzt für ihren Spitzenkandidaten für die Berlin-Wahl 2026. Wahlwerbung im öffentlichen Raum sei erst sieben Wochen vor dem Wahltag erlaubt, behauptet ein Podcaster und AfD-Kandidat. Stimmt das?

von Paulina Thom

wahlwerbung-berlin-spd-faktencheck
Dürfen Parteien in Berlin erst sieben Wochen vor der Wahl werben? Unser Faktencheck zeigt: Das kommt auf die Fläche an. (Foto: Stefan Boness / IPON / Picture Alliance)
Behauptung
Wahlwerbung im öffentlichen Raum sei in Berlin erst sieben Wochen vor dem Wahltag erlaubt.
Bewertung
Größtenteils falsch
Über diese Bewertung
Größtenteils falsch. Für Wahlwerbung auf gewerblichen Werbeanlagen, also etwa fest installierte Werbetafeln, die von Betreibern an Werbende vermietet werden, gibt es keine Frist. Nur zusätzliche temporäre und kostenfreie Werbeanlagen, beispielsweise Plakate an Laternen, dürfen die Parteien frühestens sieben Wochen vor dem Wahltag aufstellen.

Die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus finden erst im September 2026 statt, bereits jetzt wirbt die SPD im Stadtzentrum für ihren Spitzenkandidaten Steffen Krach. Auf X kritisiert das Julian Adrat, AfD-Kandidat für die Berliner Wahlen 2026: Wahlwerbung im öffentlichen Raum sei erst sieben Wochen vor dem Wahltag erlaubt, behauptet der Podcaster.

Screenshot des X-Beitrags von Julian Adrat
Diese Wahlplakate der Berliner SPD hängen angeblich zu früh, behauptet AfD-Kandidat Julian Adrat. Doch die Wahlwerbung ist legal. (Quelle: Julian Adrat / X ; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Für Wahlwerbung auf kommerziellen Werbeanlagen gibt es keine Frist

Auf den Fotos auf X ist eine gewerbliche Werbeanlage einer privaten Betreiberin, der Wall AG, zu sehen. Der stellvertretende Pressesprecher der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Heiner Spannuth, schreibt uns auf Anfrage: Auf solchen genehmigten, dauerhaften Anlagen könne „jede beliebige Werbung durch den Betreiber oder Eigentümer der Anlage gezeigt werden“, sofern sie keinen strafrechtlich relevanten oder sittenwidrigen Inhalt habe. Es gebe auf solchen Anlagen keine inhaltlichen Vorgaben zu Wahl- oder Parteienwerbung, schreibt uns auch die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt.

Anders sei das bei temporären Werbeanlagen für Wahlwerbung – also zum Beispiel Plakaten an Laternen –, bestätigen beide Verwaltungen. Hier gelte die von Julian Adrat genannte Frist von sieben Wochen. Festgelegt ist das in Paragraph 11 des Berliner Straßengesetzes: „Werbeanlagen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Wahlen, Volksentscheiden und Bürgerentscheiden stehen, sind ausschließlich für einen Zeitraum von sieben Wochen vor bis spätestens eine Woche nach dem Wahl- oder Abstimmungstag zu erlauben.“ Diese Wahlwerbung sei kostenfrei, erklärt Spannuth von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Die Wahlwerbung werde so für den Zeitraum rund um Wahlen gegenüber kommerzieller Werbung privilegiert.

Diese Angaben bestätigt uns auch Dominik Lück, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, im Gespräch. Es handele sich nicht um klassische Wahlwerbung rund um eine Wahl, sondern um die kostenpflichtige Nutzung einer kommerziellen Werbefläche. Das sei nicht gleichzusetzen – und in den Verträgen des Landes Berlin mit den Werbeunternehmen gebe es keine explizite Regelung, die bezahlte politische Werbung verbiete.

Konfrontiert mit unseren Rechercheergebnissen schreibt Adrat, er habe mit seinem Beitrag lediglich eine „politische Bewertung eines öffentlich sichtbaren Vorgangs” abgegeben.

Redigatur: Gabriele Scherndl, Sara Pichireddu

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Berliner Straßengesetz, 13. Juli 1999: Link (archiviert)
CORRECTIV im Postfach
Lesen Sie von Macht und Missbrauch. Aber auch von Menschen und Momenten, die zeigen, dass wir es als Gesellschaft besser können. Täglich im CORRECTIV Spotlight.